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Gutgläubiger Fahrzeugerwerb:

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Vorweg:


Ein gutgläubiger Fahrzeugerwerb liegt vor, wenn der Käufer ein Fahrzeug erwirbt und nicht weiß, dass das Fahrzeug gestohlen, verpfändet oder anderweitig mit Rechtsmängeln behaftet ist. Der Begriff „gutgläubig“ bezieht sich in diesem Fall auf die Annahme des Käufers, er habe das Fahrzeug rechtmäßig erworben. In einigen Fällen kann der Käufer das Fahrzeug behalten, selbst wenn spätere Rechtsmängel entdeckt werden.

Gebrauchtwagen:


Nach gefestigter Rechtsprechung kann ein Käufer ein Fahrzeug nicht gutgläubig erwerben, wenn er sich vor Abschluss des Kaufvertrags durch den Verkäufer nicht die Zulassungsbescheinigung Teil II (sog. Fahrzeugbrief) vorlegen lässt. In einem solchen Fall handelt der Käufer mindestens grob fahrlässig. 

Aber selbst bei Vorlage der Zulassungsbescheinigungen kann ein gutgläubiger Erwerb zu verneinen sind, wenn z.B. der Kauf eines Luxusfahrzeuges (Lamborghini) mitten in der Nacht auf einem Imbissparkplatz stattgefunden hat, so das Oberlandesgericht Oldenburg in seinem aktuellen Urteil v. 27.03.2023, Az. 9 U 52/22.


Das Erfordernis der Vorlage der Zulassungsbescheinigung Teil II gilt in der Rechtsprechung nahezu uneingeschränkt im Bereich des Gebrauchtwagenkaufs. Mit aktuellen Entscheidungen des Landgerichts Nürnberg- Fürth (u.a. Urteile vom 20.03.2023 – Az.: 10 O 5268/22; vom 29.06.2023 – Az.: 6 O 5265/22; vom 26.05.2023 – Az.: 6 O 5079/22) wird dieser Grundsatz nunmehr auch auf bestimmte Bereiche des Neuwagenkaufs erstreckt.


Neuwagen:


Beim Neuwagenkauf dürfen im Allgemeinen keine so großen Anforderungen an die Gutgläubigkeit gestellt werden. So gilt bei Kauf eines Neu- bzw. Vorführwagens im Rahmen der gefestigten Rechtsprechung, dass es einer Vorlage der Zulassungsbescheinigung Teil II („Fahrzeugbrief“) nicht zwingend bedarf – denn eine solche ist vielfach noch gar nicht vorhanden bei Abschluss des Kaufvertrags (Vgl. BGH NJW 2005, 1365). Der private Käufer darf also auch ohne Vorlage grundsätzlich davon ausgehen, dass der Händler Eigentümer ist oder zumindest zur Eigentumsübertragung ermächtigt.


Allerdings ist ein gutgläubiger Erwerb auch beim Neuwagenkauf abzulehnen, wenn „erkennbare Umstände für ein fehlendes Eigentum bzw. eine fehlende Verfügungsbefugnis“ sprechen, mit anderen Worten, der Käufer ist „bösgläubig“, wenn die Gesamtwürdigung der für ihn erkennbaren Umstände sein Misstrauen hätten erregen müssen.


Dieses Erregen von Misstrauen wurde durch das Landgericht Nürnberg- Fürth nun dahingehend ausgelegt, dass insbesondere bei Veräußerung eines Fahrzeuges mit einem „außergewöhnlich hohen Rabatt“ ein „untypisches“ Geschäft naheliegend ist. Bei der Einordnung eines „außergewöhnlich hohen“ Rabattes legt das Landgericht die zwischen Händlern übliche Bandbreite von bis zu 20 % zugrunde.


Ein auffallend niedriger Kaufpreis stellt nach Ansicht des Landgerichts für den Kunden also einen nachforschungspflichtigen Umstand dar. Kommen zu diesem Umstand noch weitere „Indizien“ hinzu, wie z.B. eine kurzzeitige Zulassung auf den Verkäufer, hat der Käufer nach Ansicht des Gerichts „erhebliche Zweifel an der Seriosität des Geschäfts“ zu bekommen.

Da jeder Sachverhalt ein Einzelfall ist und der genauen Prüfung bedarf, ist es ratsam, sich unverzüglich mit einem Anwalt in Verbindung zu setzen, um Ihre rechtlichen Möglichkeiten zu besprechen. Gerne können Sie hierzu telefonisch Kontakt mit unserer Kanzlei Neukam & Weber aufnehmen.

Foto(s): J. Weber

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