Haftung bei einem teils schicksalhaft, teils behandlungsfehlerhaft verursachten Gesundheitsschaden

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Der Kläger hatte infolge seiner Geburt einen schweren Gesundheitsschaden erlitten. Aus diesem Grund hat er den behandelnden Gynäkologen, die Hebamme, eine Kinderkrankenschwester und den Träger des Beleg-Krankenhauses auf Schadensersatz in Anspruch genommen.

Im ersten Teil des Verfahrens wurde bereits ein rechtskräftiges Grund- und Teilendurteil des Oberlandesgerichts erlassen. In diesem Urteil wurde festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner haftbar sind und dem Kläger sämtliche Schäden, die ihm "anlässlich und aufgrund der Behandlung durch die Beklagten nach seiner Geburt" entstanden sind und noch entstehen werden, ersetzen müssen. Im aktuellen Verfahrensabschnitt ging es nun um die Höhe des Schadensersatzes, den der Kläger beanspruchen kann. Das Oberlandesgericht entschied in diesem Zusammenhang, dass die Beklagten nur für die Schäden haften, die dem Kläger nach seiner Geburt entstanden sind, und begrenzte den von den Beklagten verursachten Schadensanteil auf höchstens 20 %.

Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs, der unter anderem für das Arzthaftungsrecht zuständig ist, hat die Revision des Klägers abgewiesen. Er stellte fest, dass im Grundurteil lediglich die Haftung der Beklagten als Gesamtschuldner für Gesundheitsschäden festgehalten wurde, die auf nachgeburtlichen Pflichtverletzungen der Beklagten beruhen, die mitursächlich für die Gesundheitsverletzung des Klägers sind. Das Berufungsgericht hat die Haftung der Beklagten auf dieser Grundlage korrekt auf einen Haftungsanteil von 20 % begrenzt.

Die Ausnahme, bei der Mitursächlichkeit nicht der Alleinursächlichkeit gleichgestellt ist, gilt nur dann, wenn feststeht, dass die Mitursächlichkeit lediglich zu einem abgrenzbaren Teil des Schadens geführt hat. Das Berufungsgericht hat in diesem Fall einen abgrenzbaren Teil des Schadens festgestellt. Es wurde nachgewiesen, dass der größte Teil des Gesundheitsschadens nicht während des Zeitraums entstanden ist, für den die Beklagten nach dem rechtskräftigen Grundurteil schadensersatzpflichtig sind, sondern bereits zu diesem Zeitpunkt vorhanden war. Während der Geburt trat bereits ohne Behandlungsfehler ein nicht wieder gutzumachender Gesundheitsschaden auf, der durch Fehler in der nachgeburtlichen Betreuung und Behandlung verstärkt wurde. Das Berufungsgericht stellte fest, dass mindestens 80 % des während der Geburt schicksalhaft eingetretenen Gesundheitsschadens abgrenzbar waren und begrenzte daher den Haftungsanteil der Beklagten auf maximal 20 %, was rechtsfehlerfrei war. Das Berufungsgericht konnte sich dabei auf die Schätzung eines Sachverständigen sowie auf konkrete Anhaltspunkte zur "medizinischen Unterscheidung der Schadensanteile" stützen. Laut dem Sachverständigen wäre der Kläger selbst bei sofortiger Verlegung nach der Geburt in die Kinderklinik auf jeden Fall ein Pflegefall gewesen und hätte nicht in der Lage sein können, ein selbstständiges Leben zu führen, da die mentale Beeinträchtigung in jedem Fall bestanden hätte. Aus diesen Gründen war die Annahme eines abgrenzbaren Teils des Gesundheitsschadens revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

Urteil vom 20. Mai 2014 - VI ZR 187/13

LG Kempten - 3 O 2613/92 - Urteil vom 20. Januar 2011

OLG München - 24 U 671/11 - Urteil vom 28. März 2013

Foto(s): www.kanzlei-steinwachs.de


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