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Haftung nach einem Auffahrunfall – Die Vollbremsung aus dem „Nichts“

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Bei einem Auffahrunfall kann es schnell vorkommen, dass der Haftpflichtversicherer die Ansprüche des Geschädigten mit dem Argument zurückweist, dass bereits die Haftung dem Grunde nach nicht gegeben sei. Aber was heißt das letztlich?

Nichts anderes, als dass das Verschulden an dem Auffahrunfall nicht beim Versicherungsnehmer der Haftpflichtversicherung liegen soll, sondern beim Geschädigten selbst. 

1.   Auffahrunfall – Grundsätzliches zur Rechtslage

Grundsätzlich stellt sich die Rechtslage bei einem Auffahrunfall wie folgt dar: 

Der erste Anschein spricht bei einem Auffahrunfall grundsätzlich gegen den Auffahrenden. Man spricht insoweit von einem Anscheinsbeweis oder Beweis des ersten Anscheins. Es liegt nämlich der Verdacht nahe, dass der Auffahrende entweder zu schnell, zu unaufmerksam oder ohne den erforderlichen Abstand einzuhalten, gefahren ist. 

Den Vorausfahrenden kann jedoch auch ein Mitverschulden treffen. 

2.   Entscheidung des OLG Oldenburg vom 26.10.2017, Az. 1 U 60/17

Einen solchen Fall hatte das Oberlandesgericht Oldenburg am 26.10.2017, unter dem Aktenzeichen 1 U 60/17, zu entscheiden. 

Der Sachverhalt, welcher der Entscheidung zu Grunde lag, stellte sich wie folgt dar: 

Ein Mann hatte sein Fahrzeug stark abgebremst, um dann in seine Hauseinfahrt einzubiegen. Die beiden nachfolgenden Fahrer konnten noch gerade rechtzeitig abbremsen. Dies gelang dem dritten nachfolgenden Fahrer jedoch nicht. Er fuhr auf das vorausfahrende Auto auf. 

Das OLG Oldenburg gewichtete in diesem Fall die Verschuldensanteile mit 2/3 zu Lasten des Auffahrenden und 1/3 zu Lasten den Abbremsenden, der in seine Hauseinfahrt abgebogen ist. 

Das OLG Oldenburg stellte fest, dass zwar der erste Anschein gegen den Auffahrenden spreche, da man immer damit rechnen müsse, dass ein vorausfahrendes Fahrzeug abrupt anhalten würde, zum Beispiel deshalb, weil ein Kind auf die Fahrbahn laufe. Den beiden vorausfahrenden Fahrzeugen sei es schließlich auch gelungen, noch rechtzeitig zu bremsen und eine Kollision zu verhindern. 

Vorliegend treffe den Abbremsenden jedoch ebenfalls ein erhebliches Mitverschulden. Die angehörten Zeugen haben davon berichtet, dass der Abbremsende eine „Vollbremsung aus dem Nichts“ gemacht habe und dazu noch nicht einmal geblinkt hätte. Der Senat stellte dazu fest, dass der Hintergrund dieses Fahrmanövers offenbar der war, dass der Fahrer sich durch einen Überholversuch seines Hintermannes provoziert gefühlt habe und ihn durch dieses plötzliche Abbremsen maßregeln wollte. Bei einem solchen Verhalten müsse er sich auch ein Mitverschulden in Höhe einer Quote von 1/3 anrechnen lassen.



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