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Haftung von Kindern im Verkehr - 30 % Mithaftung von Busfahrer trotz Rotlichtverstoß von 11-jährigem Kind

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Die Haftung von Kindern im Straßenverkehr wurde vom Gesetzgeber altersabhängig geregelt und führt immer wieder zu Diskussionen. Der Bevölkerung ist die Rechtslage oft unbekannt. 

Kinder unter 7 Jahren haften deliktisch überhaupt nicht. Bei einem Unfall im Straßenverkehr gilt eine weitere Verschärfung: Kinder bis zum vollendeten 10. Lebensjahr sind für einen Schaden, den sie einem anderen bei einem Unfall mit einem Kraftfahrzeug zufügen nicht verantwortlich (§ 828 Abs. 2 BGB). Dies hat seinen wesentlichen Grund darin, dass - vereinfacht ausgedrückt – die Teilnahme am Straßenverkehr gefährlich ist. Kindern bis zum Alter von 10 Jahren ist in der Regel eine hinreichende Einschätzung dieser Gefahren aufgrund typischer kindlicher Eigenheiten (z. B. mangelnder Wahrnehmung und Konzentration, unvollständige Entwicklung der Sinnesorgane, Impulsivität, gruppendynamisches unreflektiertes Verhalten, usw.) nicht möglich. Soweit also ein Unfall zwischen einem fahrenden Kfz und einem Kind bis 10 Jahren passiert, haftet meist der Kraftfahrer allein. Dies gilt auch dann, wenn er alles richtig gemacht hat, also keinerlei Fahrfehler vorliegt und vermeintlich die "Schuld" beim Kind liegt, das nicht aufgepasst hat! Diese verschuldensunabhängige Haftung folgt aus der „Betriebsgefahr“ des Kraftfahrzeugs.

Wie aber verhält es sich, wenn ein Kraftfahrzeugführer in einen Unfall mit einem Kind oberhalb dieser Altersgrenze verwickelt ist und sogar fest steht, dass das Kind einen Fehler gemacht hat? Vor dem Amtsgericht Weiden war ein entsprechend Aufsehen erregendes Verfahren zu entscheiden. Ein 11-jähriges Kind war bei Rotlicht an einer Fußgängerampel über die Straße gelaufen. Dort wurde es von einem Bus erfasst, welcher gerade dabei war, an eine Bushaltestelle einzufahren. Das Kind zog sich eine Fraktur und Prellungen zu. Das Kind machte Schadensersatz (Schmerzensgeld) gegen den Busfahrer und die Haftpflichtversicherung geltend. Obwohl das Gericht davon überzeugt war, dass das Kind bei roter Ampel in die Straße gelaufen war, verurteilte es den Busfahrer und die Versicherung zu 30 % Mithaftung auf Schadensersatz. Selbst der eigentlich (jedenfalls für einen Erwachsenen) besonders schwerwiegende Rotlichtverstoß sei bei einem erst 11-jährigen Kind nicht als derart grob zu werten, dass demgegenüber die Betriebsgefahr des Kraftfahrzeugs zurücktreten würde. Die Berufung des Busfahrers gegen das Urteil des Amtsgerichts war erfolglos, auch das Landgericht Weiden schloss sich im Ergebnis der Ausgangsentscheidung an, welche seit März 2014 rechtskräftig ist.

Fazit: Jeder Unfall weist freilich Besonderheiten auf, die sich nicht auf andere Sachverhalte übertragen lassen. Pauschale Aussagen sind meist problematisch. Folgende Schlüsse können aber grundsätzlich gezogen werden.

1. Wenn ein Kind durch einen Unfall mit einem Kraftfahrzeug verletzt wird bzw. Schaden erleidet, lohnt es sich stets, die Haftung genau zu prüfen. Auch wenn es auf den ersten Blick so aussieht, als sei das Kind am Unfall selbst schuld, kann es eine Haftung oder zumindest Mithaftung des Kraftfahrzeugführers geben.

2. Wer als Fahrer eines Kraftfahrzeugs einen Unfall mit einem Kind hat, und hierbei selbst Schaden am eigenen Fahrzeug erleidet, bleibt häufig auf seinem Schaden ganz oder teilweise sitzen. Diesem Risiko kann nur durch Abschluss einer Fahrzeugvollversicherung (Vollkasko) begegnet werden.

Martin Doss, Fachanwalt für Verkehrsrecht, Fachanwalt für Strafrecht, Weiden


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