Heimvertrag - Rechte und Pflichten

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Welche vertraglichen Rechte und Pflichten habe ich als Bewohner, Angehöriger oder Betreuer bei bestehenden Heimverträgen?

Heimverträge, die häufig in einer Notsituation (Angehöriger braucht schnellstmöglich einen Heimplatz) abgeschlossen werden, enthalten häufig Dutzende von Seiten in einer komplizierten Rechtssprache, mit Anlagen oder Bezugnahmen auf unbekannte oder unverständliche Gesetze. Außerdem werden extrem hohe Eigenanteile und umstrittene Zusatzleistungen verlangt.

Immens wichtig ist dabei die Tatsache, dass die Inhalte des Heimvertrages den Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) entsprechen müssen. Danach sind z.B. übervorteilende und überraschende Klauseln unwirksam. Außerdem gibt es viele Sondervorschriften, die angewendet werden können, wie das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz, das Sozialgesetzbuch und teilweise Vorschriften der einzelnen Bundesländer sowie das Mietrecht.

Wichtige Entscheidungen der zuständigen Gerichte sind z.B. die folgenden Urteile:

1. Ist die Erhöhung von vereinbartem Entgelt ohne Zustimmung des Bewohners (§ ) WBVG) zustimmungsbedürftig oder kann das Heim dies eigenmächtig vornehmen, weil es so vereinbart wurde?

Laut OLG (Oberlandesgericht) Hamm, Urteil v. 22.08.2014, I-12U 127/2013, ist die Erhöhung immer zustimmungsbedürftig. Laut KG (Kammergericht) Berlin, Beschluss v. 17.05.2013, 23 U 276/12, ist sie nur bei Selbstzahlern zustimmungsbedürftig

2. Wie erfolgt die Behandlung von Bewohnereigentum nach Vertragsende?

Ist eine Klausel, wie nachfolgend zulässig – „falls die Sachen des Bewohners nicht bis zum Vertragswende oder innerhalb von kurzer Frist abgeholt worden sind, können sie auf Kosten des Bewohners, der Angehörigen, des Erbes anderweitig untergebracht, vernichtet werden“?

Laut OLG Hamm Urteil v. 22.08.2014, I-12 U 127/2013 und Berliner Kammergericht Beschluss v. 17.05.2013, 23 U 276/12 ist die Klausel unzulässig

3. Dürfen Zusatzleistungen, z.B. Begleitung zum Arzt, Fahrdienst, Wäschekennzeichung, Benutzungsgebühren, Elektrogeräteüberprüfung, Verwaltung der Barbeträge in Rechnung gestellt werden, so dass teilweise der komplette Barbetrag aufgebracht wird?

Hierzu haben die nachfolgenden Gerichte detailliert entschieden und Zusatzentgelte weitestgehend abgelehnt: BGH (Bundesgerichtshof Urteil v. 02.12.2010, III ZR 19/10; LG (Landgericht) Magdeburg v. 21.12.2011, 2 S 172/11; VGH (Verwaltungsgerichthof) Kassel Urteil v. 08.08.2913, 10 A 902/13; VGH Baden-Württemberg v. 09.07.2012, 6 S 773/11.

4. Können Bewohner während der Wohnzeit oder bei Auszug zu Schönheitsreparaturen gezwungen werden?

Das ist In Wohn- und Betreuungseinrichtungen wohl unzulässig, § 7 Abs. 1, Satz 1 in Verbindung mit § 16 WBVG. Es kann aber bei Betreutem Wohnen zulässig sein. Allerdings verstoßen die Klauseln dann häufig gegen das allgemeine Mietrecht, bei starren Fristen oder vorgegebener Farbauswahl oder übertriebenen Selbstvornahmerechten durch den Vermieter.

5. Müssen Angehörigen oder Betreuern durch Zusatzvereinbarung oder Bürgschaften mithaften?

Eine solche Mithaftung ist unzulässig bei Verträgen nach dem WBVG laut LG Mainz, 4 O 113/12. Laut OLG Hamm Urteil v. 03.11.2011 I-17 U 69/11 soll das nur bei Bürgschaften der Fall sein.

6. Dürfen Patientenverfügungen missachtet werden, z.B. durch eine Vereinbarung wonach der Bewohner oder Verantwortliche sich verpflichtet, keine Verweigerung von Nahrung über Sonde etc. zu verlangen, obwohl die Patientenverfügung in den letzten Wochen vor dem Tod genau dies vorsieht oder sich dann verpflichtet, den Heimvertrag zu kündigen.

Nach dem BGH-Beschluss v. 08.06.2008 XII ZR 177/03 ist eine solche Klausel absolut unzulässig.

7. Auch hinsichtlich weiterer Problemfelder, wie der Investitionskostenpauschale, Einzelzimmerzuschlägen, Kostenanrechnung nach dem Tod, Kündigung oder Höherstufung nach meldepflichtigen Krankheiten z.B. HIV, Ausschluss von Intensivbeatmungs-Wohngemeinschaften gibt es wichtige weitere Entscheidungen.

Sie sollten einen Heimvertrag unbedingt vor Abschluss überprüfen zu lassen, um Unklarheiten zu beseitigen und Fragen zu beantworten.

Sollte schon ein Heimvertrag bestehen, der Probleme bereitet, helfen wir Ihnen kompetent, klären Fragen oder überprüfen Forderungen des Heimes.

Wenden Sie sich an unsere Kanzlei als Spezialisten für Seniorenrecht.


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