Impfung: getrennte Eltern müssen gemeinsam über Impfung entscheiden

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Ob man sein Kind impfen lässt oder nicht, ist bei Eltern höchst umstritten – nicht ganz zu Unrecht – und gerade bei Eltern, die getrennt leben, aber sich das Sorgerecht teilen, nicht selten Anlass für Streit. Denn einerseits bieten Impfungen Schutz vor schweren Erkrankungen und vor der Verbreitung hochansteckender Kinderkrankheiten. Andererseits bergen sie das Risiko von Impfschäden, die schwerste Behinderungen auslösen oder bis zum Tod des Kindes führen können.

Was aber, wenn man sich als getrenntlebende Eltern in diesem Punkt nicht einig ist? Darf der Elternteil, der die tagtägliche Betreuung des Kindes übernimmt, über die Impfung allein entscheiden – auch gegen den Willen des anderen sorgeberechtigten Elternteils? Hilft notfalls der Gang zu Gericht?

Impfen: Entscheidung ist keine Angelegenheit des täglichen Lebens

Die Frage, ob ein Elternteil alleine entscheiden darf, sein Kind impfen zu lassen oder nicht, hängt davon ab, ob diese Entscheidung im juristischen Sinn eine „Angelegenheit des täglichen Lebens ist“ oder nicht. Ist die Entscheidung über eine Impfung eine alltägliche Entscheidung, könnte bei getrenntlebenden Eltern mit gemeinsamem Sorgerecht der Elternteil alleine die Entscheidung darüber treffen, der das Kind tagtäglich betreut.

Diese Frage hatte im Jahr 2015 z. B. das OLF Frankfurt am Main zu entscheiden. Es kam zu dem Ergebnis: Die Frage der Impfung oder Nichtimpfung ist keine „Angelegenheit des täglichen Lebens“. Teilen sich getrenntlebende Eltern das Sorgerecht für ein Kind, müssen beide Elternteile die Entscheidung über „Impfen: ja oder nein?“ mittragen. Ein Elternteil kann darüber nicht allein entscheiden, auch wenn das Kind seinen Alltag überwiegend bei einem Elternteil verbringt (OLG Frankfurt am Main, Az. 6 UF 150 /15).

Übertragung der Entscheidungsbefugnis auf einen Elternteil

Werden sich Eltern über eine so wichtige Angelegenheit nicht einig, muss es aber natürlich einen Weg zu einer Entscheidung geben. Denn Meinungsverschiedenheiten zwischen sorgeberechtigten Eltern dürfen nicht zulasten des Kindes gehen. Deswegen sieht § 1628 BGB vor, dass in „Angelegenheiten der elterlichen Sorge, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist“ das Familiengericht auf Antrag eines Elternteils die Entscheidung einem Elternteil übertragen kann.

Im Falle einer Impfung ist das der Fall, da die Frage der Impfung oder Nichtimpfung keine Angelegenheit des täglichen Lebens ist. Dem folgend entschied das OLG Jena unter dem Az. 4 UF 686/15 Anfang 2016 beispielsweise, die Entscheidung über die Impfung eines Kindes dem Vater des Kindes zu übertragen, da er sich wegen seiner aufgeschlossenen Haltung zum Thema Impfvorsorge besser eignen würde, eine solche Entscheidung zum Wohle des Kindes zu treffen. Und das, obwohl das Kind ganz überwiegend bei der Mutter lebte.

Fazit

Um den rechtlichen Anforderungen gerecht zu werden, lassen sich Ärzte nicht selten eine Einverständniserklärung zur Impfung eines Kindes schriftlich erteilen, und zwar von beiden sorgeberechtigten Elternteilen. Das steht absolut im Einklang mit der aktuellen Rechtsprechung zum Thema Einwilligung in die Impfung eines Kindes. Und sind sich Eltern in der Frage „Impfen: Ja oder Nein“ nicht einig, ist eben die gerichtliche Entscheidung darüber notwendig, welcher Elternteil diese Frage für das Kind zum Wohle des Kindes verbindlich entscheiden darf.

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