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Käufer müssen sperrige Waren nicht zurückschicken – EuGH stärkt Verbraucherrechte

  • 2 Minuten Lesezeit
Johannes Schaack anwalt.de-Redaktion
  • Laut dem Europäischen Gerichtshof ist es eine „erhebliche Unannehmlichkeit“, wenn ein Verbraucher per Telefon eine große, schwere Ware kauft und sie aufwendig zurücktransportieren muss.
  • Verkäufer müssen daher sperrige Güter, die Mängel aufweisen, vor Ort reparieren oder den Abtransport übernehmen.
  • Weigern sie sich, verstoßen sie gegen ihre vertraglichen Pflichten.

Große und schwere Waren online oder per Telefon zu bestellen, ist in vielen Fällen nicht so komfortabel wie erhofft. Die Lieferung ist oft umständlich und wenn die Ware wegen Mängeln repariert oder umgetauscht werden muss, kommt in vielen Fällen ein aufwendiger Rücktransport auf den Käufer zu. 

Der Europäische Gerichtshof hat jetzt entschieden, dass der Verkäufer nicht vom Käufer verlangen darf, dass dieser die mangelhafte Ware zurücktransportiert, wenn dabei erhebliche Unannehmlichkeiten für den Käufer entstehen.

Verkäufer weigert sich, vor Ort nachzubessern

Im vorliegenden Fall hatte ein Mann 2015 per Telefonbestellung ein Partyzelt in der Größe von fünf mal sechs Metern gekauft. Nach der Lieferung fielen dem Käufer Mängel an dem Zelt auf. 

Er beschwerte sich beim Verkäufer des Zelts und bat ihn, es vor Ort zu reparieren, doch der Verkäufer weigerte sich und behauptete, es lägen keine Mängel vor. Der Käufer ließ sich das nicht bieten und erklärte seinen Rücktritt von Kaufvertrag. Er verlangte, dass der Verkäufer den Kaufpreis zurückzahlt und das Zelt zurücknimmt. Damit war der Verkäufer nicht einverstanden und der Käufer des Zelts ging vor Gericht.

Was hat Vorrang? Deutsches Recht gegen Europäisches Recht

Das Amtsgericht (AG) Norderstedt stand anschließend vor einem Zwiespalt: Einerseits hatten Käufer und Verkäufer vertraglich nicht geregelt, wer im Fall von Mängeln an der Ware für den Rücktransport verantwortlich ist. Wurde keine solche Regelung getroffen, sieht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vor, dass Käufer mangelhafte Ware zur Reparatur an den Verkäufer zurückschicken müssen. 

Die EU-Verbraucherrichtlinie nimmt Verbraucher stärker in Schutz

Andererseits waren die Richter unschlüssig, ob ein Verbraucher tatsächlich verpflichtet werden darf, die Ware an den Verkäufer zurückzuschicken, wenn ein Rücktransport mit einem derartigen Aufwand verbunden wäre. Denn gerade hier verbietet die EU-Verbraucherrichtlinie 1999/44, dass für den Verbraucher in einem solchen Fall eine „erhebliche Unannehmlichkeit“ entsteht. Der Fall wurde deshalb dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorgelegt.

Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs

Die Richter in Luxemburg entschieden gestern zugunsten des Käufers und waren der Meinung, dass die EU-Verbraucherrichtlinie 1999/44 Vorrang hat. Das Zurückschicken eines derart sperrigen Artikels sei eine „erhebliche Unannehmlichkeit“. In einem solchen Fall hätte der Verkäufer selbst vor Ort die Reparatur vornehmen müssen. Der Käufer sei somit zu Recht vom Kaufvertrag zurückgetreten, weil der Verkäufer seine vertraglichen Pflichten verletzt hatte.

Wann eine solche „erhebliche Unannehmlichkeit“ vorläge, sei allerdings immer eine Frage des Einzelfalls, so die Richter. Handele es sich allerdings unzweifelhaft um einen aufwendigen Rücktransport, müsse der Verkäufer tätig werden und dürfe den Aufwand beim Zurückschicken sperriger Güter nicht dem Käufer aufzwingen, so die Luxemburger Richter. 

Ähnlich argumentierte der Bundesgerichtshof in dem Fall eines Transports eines liegen gebliebenen Wagens in die Werkstatt in seinem Urteil vom 19.07.2017, Az.: VIII ZR 278/16.

(EuGH, Urteil v. 23. Mai 2019, Az: C‑52/18)

(JSC)

Foto(s): ©Shutterstock.com

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