Keine wirkliche Überraschung: OLG Frankfurt - Herstellerkennzeichnung auch am Produkt, wenn Selbstmontage notwendig

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Aus § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 2 Produktsicherheitsgesetz ergibt sich die Verpflichtung, Verbraucherprodukte mit Information zum Hersteller zu kennzeichnen:

  • Der Hersteller, sein Bevollmächtigter und der Einführer haben jeweils im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit bei der Bereitstellung eines Verbraucherprodukts auf dem Markt
     
     2.  den Namen und die Kontaktanschrift des Herstellers oder, sofern dieser nicht im Europäischen Wirtschaftsraum ansässig ist, den Namen und die Kontaktanschrift des Bevollmächtigten oder des Einführers anzubringen,


Es gibt in § 6 Abs. 1 S. 2 eine Ausnahme:

Die Angaben nach Satz 1 Nummer 2 und 3 sind auf dem Verbraucherprodukt oder, wenn dies nicht möglich ist, auf dessen Verpackung anzubringen. Ausnahmen von den Verpflichtungen nach Satz 1 Nummer 2 und 3 sind zulässig, wenn es vertretbar ist, diese Angaben wegzulassen, insbesondere weil sie der Verbraucherin oder dem Verbraucher bereits bekannt sind, oder weil es mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden wäre, sie anzubringen.

Die Kennzeichnungspflicht trifft den Hersteller. Hersteller ist jede natürliche oder juristische Person, die ein Produkt herstellt oder entwickeln oder herstellen lässt und dieses Produkt in ihrem eigenen Namen oder unter ihrer eigenen Handelsmarke vermarktet oder der    geschäftsmäßig seinen Namen, seine Handelsmarke oder ein anderes unterscheidungskräftiges Kennzeichen an einem Produkt anbringt und sich dadurch als Hersteller ausgibt.

Prüfungspflichten des Händlers

Übrigens muss ein Händler (Verkäufer) vor einem Verkauf prüfen, ob ein Verbraucherprodukt ordnungsgemäß mit einer Information zum Hersteller versehen ist. Andernfalls darf der Verkäufer das Produkt nicht verkaufen und kann im Rahmen einer Abmahnung wettbewerbsrechtlich auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Diese Rechtslage hat der Bundesgerichtshof in der Entscheidung „Motivkontaktlinsen“ geklärt.

Herstellerkennzeichnung bei einem Gamingstuhl zum Selbstzusammenbauen?

Das Oberlandesgericht Frankfurt (OLG Frankfurt Beschluss vom 13.2.2024 Az. 6 W/24) hatte über die Herstellerkennzeichnung eines Stuhls zu entscheiden, der für Videospiele genutzt wird. Der Kunde erhielt diesen Stuhl in Einzelteilen und musste diesen noch selbst zusammenbauen.

Das Oberlandesgericht hatte als Beschwerdeinstanz entschieden, nachdem das erstinstanzliche Landgericht einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen, da Bestandteile eines Verbraucherproduktes (die noch zusammenzubauen sind) nicht unter die Kennzeichnungspflicht fallen würden.

Dies sah das OLG anders:

Zunächst stellt das OLG klar, dass der Antragsgegner als Hersteller zu werten ist. Das Unternehmen hatte den Stuhl zwar nicht selbst hergestellt, sich durch das Etikett mit Angaben zum Unternehmen bzw. seiner Marke auf dem Karton als Hersteller ausgegeben.

Auch ein Produkt, das durch den Verbraucher zunächst zusammengebaut werden muss ist im Rechtssinne ein Verbraucherprodukt.

Herstellerkennzeichnung auf dem Produkt selbst notwendig?

Das OLG sah zutreffend die Verpflichtung, die Information zum Hersteller unmittelbar auf dem Verbraucherprodukt anzubringen. Eine Information auf dem Karton reicht nicht. Im vorliegenden Beispielfall kann eine entsprechende Information unproblematisch z.B. an der Rückenlehne angebracht werden.

Eine alternative Kennzeichnung auf der Verpackung oder den Begleitpapieren sieht das OLG entsprechend dem Wortlaut des Produktsicherheitsgesetzes nur als zulässig an, wenn eine Kennzeichnung am Produkt im Einzelfall nicht möglich ist.

Auf diese Weise ist sichergestellt, dass der Verbraucher jederzeit auf die vorgeschriebenen Informationen zum Hersteller des Produkts zurückgreifen kann. Dagegen wird eine Umverpackung regelmäßig entsorgt und nicht griffbereit aufbewahrt, sodass der Besitzer bei Bedarf nicht auf die Hersteller Information zugreifen kann.

Fazit

Das Ergebnis der Entscheidung, dass nämlich auch Verbraucherprodukte, die erst noch zusammenzubauen sind, am Produkt selbst mit Informationen zum Hersteller zu kennzeichnen sind, ist keine Überraschung. Im Endergebnis muss es bei dem zusammengebauten Produkt an einem der Einzelteile eine Herstellerinformation am Produkt selbst geben.

Risiko Abmahnung wegen fehlerhafter Produktkennzeichnung

Eine Abmahnung wegen einer fehlerhaften Produktkennzeichnung ist für den Abgemahnten immer mit weitreichenden Rechtsfolgen und erheblichen rechtlichen Risiken verbunden. Der Unterlassungstenor in dem oben besprochenen Verfahren bezog sich nicht nur auf den konkreten Stuhl, sondern ganz grundsätzlich auf Bürostühle und Gamingstühle.

Schnell kann bei einer entsprechenden Abmahnung eine ganze Produktkategorie Gegenstand der geforderten Unterlassung sein. Rechtlich wäre dies zulässig.

Hinzukommt, dass die Ansprüche des Wettbewerbers über die geforderte Unterlassung hinausgehen, selbst wenn es in der Abmahnung oder in der Unterlassungserklärung nicht weiter erwähnt wird. Unterlassung kann in derartigen Fällen auch Beseitigung bedeuten. Die Folge kann sein, dass fehlerhaft gekennzeichnete Produkte gegenüber gewerblichen Abnehmern zurückgerufen werden müssen.

Des Weiteren ist es aus unserer Beratungspraxis bekannt, dass viele Verbraucherprodukte nicht korrekt gekennzeichnet sind. Die Gefahr, gegen eine Unterlassungserklärung, die lange wirksam ist, zu verstoßen, ist außerordentlich hoch.

Meine Empfehlungen:

  1. Unterschreiben Sie auf keinen Fall ohne anwaltliche Beratung voreilig die vorformulierte Unterlassungserklärung.
  2. Nehmen Sie ohne Prüfung keine Zahlung vor.
  3. Lassen Sie sich zunächst anwaltlich beraten.

Zu mir und meiner Tätigkeit:

Ich berate als Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz in meiner Kanzlei Internetrecht-Rostock.de tagtäglich Abgemahnte wie Sie und verfüge daher über Erfahrung aus einer Vielzahl von Abmahnverfahren.

Die Kanzlei Internetrecht-Rostock.de informiert auf ihrer gleichnamigen Internetseite seit mehr als 20 Jahren mit inzwischen über 3.000 Beiträgen über Themen für Online-Händler und berät eine Vielzahl von Online-Händlern bei der Absicherung ihrer Auftritte.

Ich berate Sie bundesweit auch kurzfristig telefonisch. Im Rahmen meiner Beratung erörtere ich mit Ihnen die Rechtslage und die verschiedenen Handlungsalternativen mit den jeweiligen Vor- und Nachteilen. Selbstverständlich erhalten Sie von mir auch konkrete Empfehlungen für das weitere Vorgehen.  

Sie haben auch eine Abmahnung wegen fehlerhafter Produktkennzeichnung erhalten?

Wenn Sie auch eine Abmahnung wegen einer fehlerhaften Produktkennzeichnung, z.B. fehlende Informationen zum Hersteller, erhalten haben, können Sie sich über die angegebenen Kontaktdaten unkompliziert mit mir in Verbindung setzen:

  • Rufen Sie mich einfach an (Tel. 0381-260 567 30).
  • Schicken Sie mir eine E-Mail (rostock@internetrecht-rostock).
  • Oder lassen Sie mir über die Funktion „Nachricht senden“ eine Mitteilung zukommen.


Johannes Richard
 Rechtsanwalt
 Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz


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