Kinderporno melden? Mit meinem Kind zur Polizei? Nein! [Update: 9.11.23]

  • 4 Minuten Lesezeit

Sie fragen sich, ob Sie mit Ihrem Nachwuchs zur Polizei gehen sollen, weil Sie dort Pornobilder gesehen haben - vielleicht sogar illegale? Der Beitrag gibt die Antwort - und die ist ein klares Nein.


Die Situation: 

Sie entdecken auf dem Handy Ihres Kindes pornographische Darstellungen. Sei es, weil Sie Ihren Nachwuchs zur Freigabe verdonnert haben oder weil Ihr Kind sich selbst an Sie wendet. Sie sind sich sicher: Diese Bilder (Sticker, Filmclips usw.) sind nicht legal. Es könnte sich um Kinderpornographie handeln! Oder Ihre minderjährige Tochter erhält "dickpics" von Jungen oder Männern und Sie möchten das unterbinden.

Also ab zur Polizei? 

Die Frage ist berechtigt. Einerseits möchte man den Versendern solcher Darstellungen beikommen. Man möchte nicht, dass das eigene Kind weiter solche Bilder oder Clips erhält. Von daher ist der Gang zur Polizei naheliegend.

Eine kurze Google-Recherche führt zu entsprechenden Links:

"Aktion tu was". Die "Polizei-Beratung" wirbt mit lauter schönen jungen Leuten und gibt einige Tips, vor allem aber heißt es: "Kinderpornografie unbedingt melden!"

Ein ähnlicher Beitrag heißt "Sounds wrong" und soll Sie ebenfalls dazu bringen, zur Polizei zu gehen - obwohl auf der Seite direkt zu lesen ist, dass sich 2022 fast 7.000 Ermittlungen gegen Kinder und Jugendlich richteten.

Das Meldeportal "Dickstinction" schließlich dient der Erstellung einer Anzeigenvorlage, mit der man dann zur Polizei gehen kann (über die Seite melden geht nicht).

In jedem Fall gilt: Ermitteln Sie nicht selbst!

Das Wichtigste:

Was sind die die Folgen des Gangs zur Polizei?

  • Das Handy Ihres Kindes wird beschlagnahmt. Denn es ist ein Beweismittel. Die Auswertung kann sehr lange dauern, d.h. Sie müssen Ihrem Kind ein neues Handy kaufen. 
  • Damit sind auch alle Daten weg, die Ihr Kind auf dem Handy gespeichert hat - zusammen mit allen Kontakten, Bildern und Einstellungen.
  • Hat Ihr Kind selbst mal ein ganz "normales" Pornobild an jemand anderen gesendet, der minderjährig ist, hat sich Ihr Kind strafbar gemacht - das Versenden von Pornographie an Minderjährige ist verboten, § 184 Abs. 1 Nr. 1 StGB. Es spielt keine Rolle, ob Ihr Kind selbst erst 14 oder etwas älter ist!
  • Wenn bei der Auswertung auch nur der leistete Verdacht besteht, Ihr Kind könnte selbst sogar einmal ein kinderpornographisches Bild geteilt, geliked oder gespeichert haben, werden weitere Ermittlungen gegen Ihr Kind eingeleitet. Dazu kann es genügen, dass Ihr Kind ein solches Bild in einer WhatsApp-Gruppe geliked hat (die Person auf dem Bild kann ja praktisch dasselbe Alter haben wir Ihr Kind) oder Ihre Tochter hat selber ein paar Nackt-Selfies an ihren Freund gesendet, war bei Aufnahme aber noch 13 (= Kinderpornographie), jedenfalls noch unter 18 (= Jugendpornographie).
  • Selbst wenn ein Verfahren eingestellt wird, landet Ihr Kind mit dem Verdacht einer Sexualstraftat im Erziehungsregister - und wird es bei der Wahl mancher Berufe (Erziehungsbereich, Polizeidienst, öffentlicher Dienst) kaum eine Chance haben.
  • Bei Sexualstraftaten wird automatisch das Jugendamt informiert, sind Sie keine deutschen Staatsbürger wird auch die Ausländerbehörde informiert. Von dort droht weiterer Ärger - vor allem für Sie als Erziehungsberechtigte.
  • Schließlich kann sich der strafrechtliche Verdacht auch gegen Sie selbst richten, weil Sie Anschlussinhaber sind.. 

Das Vorstehende bezieht sich auf Vorfälle aus unserer anwaltlichen Praxis. Es darf nicht vergessen werden, dass die Polizei so handeln muss. Das macht die Sache aber nicht besser.

Aus anwaltlicher Sicht gilt daher:

  • Sie sind nicht Helfershelfer der Ermittlungsbehörden, diese sind mit den bestehenden Ermittlungsverfahren in diesem Bereich ohnehin stark überlastet. 
  • Gerade bei der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen ist der Staat der denkbar schlechteste Ratgeber. Löschen Sie illegale Bilder, verlassen Sie ggf. die WhatsApp-Gruppe
  • Die Strafandrohungen sind derzeit aus Sicht aller Experten viel zu hoch und zu unflexibel - Einstellungen sind nur noch schwer möglich. Auch ein Registereintrag muss vermieden werden.
  • Sie können die Dinge besser in der Familie klären, ggf. lassen Sie sich ergänzend von mir beraten. Gehen Sie nicht selbst zum Jugendamt. Das werden Sie nicht mehr los.
  • Gehen Sie nicht zur Polizei! Denn das ist der berühmte Schuß, der nach hinten losgeht. 

Nur der Rechtsanwalt ist ausschließlich und nur Ihr InteressenvertreterIhr Anwalt ist gesetzlich und von seinem eigenen Berufsverständnis her verpflichtet, ausschließlich und nur auf Ihr Wohl zu achten. Auch scheinbar ehrenwerte Motive anderer Interessengruppen (Gemeinwohl, Polizei usw.) treten dahinter zurück. In Zweifelsfällen melden Sie sich bei mir per Anruf, Mail oder WhatsApp.


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Dr. Daniel  Kötz ist Rechtsanwalt und Verteidiger im Medienstrafrecht. Er hilft betroffenen Familien in Strafsachen und bei Ärger mit dem Jugendamt.

Foto(s): Frank Beer u.a.

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