Kindesunterhalt im Wechselmodell­: Teil 1 - Basics

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Residenz- und Wechselmodell: Begrifflichkeiten

Bei der Trennung der Eltern entsteht oft die Frage, wie genau der Umgang mit Kindern zu gestalten ist. Beim Getrenntleben der Eltern (der ehemaligen Eheleute) wird der angemessene Umgang mit den Kindern immer wieder zum Streitpunkt. Wohnen die Kinder abwechselnd bei einem Elternteil? Leben die Kinder bei einem Elternteil und besuchen den Anderen? Oder ziehen gar die Eltern abwechselnd bei den Kindern ein? Und letztlich wer übernimmt die Kosten für die Betreuung?

Zuvor war das sog. Residenzmodell in der Gesellschaft und in Rechtsprechung als „der Normalfall“ verankert. Unter Residenzmodell versteht man ein solches Betreuungsmodell, wenn das Kind schwerpunktmäßig nur bei einem Elternteil lebt. Die persönliche Beziehung zum anderen Elternteil wird durch Besuche aufrechterhalten. So eine Regelung des Kindesumgang entspricht eher der klassischen «Haushaltsführungsehe», wo die Frau die Betreuung des Kindes und die Haushaltsführung (beinahe) vollständig übernimmt.

Allerdings haben die, in letzten Jahrzehnten veränderten gesellschaftlichen Strukturen und die neuen modernen Konzepte des familiären Zusammenlebens (zB dass immer mehr Ehepaare beim Eingehen der Ehe einvernehmlich von einer «Doppelverdienerehe» ausgehen) dazu geführt, dass das Konzept geteilter elterlicher Verantwortung an Bedeutung gewonnen hat. Entsprechend ist das «Wechselmodell» in letzten Jahren sehr beliebt geworden.

In seinem Kern intendiert das Wechselmodell (auch shared parenting genannt) eine, genaue, hälftige Aufteilung der Betreuungszeit. So ein Betreuungsarrangement setzt voraus, dass beide Eltern die elterliche Verantwortung gemeinsam tragen: Die Eltern teilen sich die Betreuungszeiten über 30% der Betreuungszeit des Kindes, das Kind fühlt sich bei beiden Eltern zuhause. Bemerkenswert ist, dass auch Wechselmodell eine Alternative kennt, und zwar «Nestmodell»Bei dem Nestmodell wohnt das Kind in derselben Wohnung, die Eltern wechseln sich aber in der Betreuung des Kindes hälftig ab und ziehen quasi zu dem Kind ein und wieder aus.

Auch im Rahmen des Wechselmodells kann die Verteilung der Betreuungsverantwortung zwischen den Eltern unterschiedlich sein. Das «paritätische Wechselmodell», bei dem Betreuungsverhältnisse unter den Eltern gleich bzw. gleichwertig aufgeteilt sind und bei dem sich kein Betreuungsschwerpunkt eines Teils nachweisen lässt, ist aber mitunter nur sehr schwer durchsetzbar. Gerichte sehen immer wieder die Kommunikationsbasis der Eltern als grundlegend an, dass ein Wechselmodell überhaupt in Betracht gezogen werden kann. Danach ist dies eine Grundvoraussetzung und ein Zwang dazu ist aus juristischer Sicht kaum möglich.

Jedoch ist auch insbesondere bei heranwachsenden Kindern, bei dem der Freundeskreis ab der Pubertät eine sehr wichtige Rolle spielt, die Fortsetzung eines paritätischen Wechselmodells teilweise unangemessen, wenn dies mehr zu psychischen Belastungen führt, als dass es in der Erziehung Kontinuität bringt.

Haben Kinder zwei Zuhause, müssen sie sich in zwei verschiedene Familienalltage einfügen, was manche Kinder als belastend erleben. Das Kind erlebt bei dem jeweiligen Elternteil auch Brüche im Sinne von Veränderungen, durch die das Kind den jeweiligen Elternteil anders erlebt. Deswegen kann ein rein paritätisches Wechselmodell auch als psychologischer Sicht problematisch sein, unterstellt, dass jedes Kind anders ist und natürlich anders reagiert. Allerdings haben alle Betreuungsregelungen nach Elterntrennung wiederum Auswirkungen auf das Kind und das Kind muss sich an diese veränderte Lebenssituation anpassen. Es müssen auch unterschiedliche Lebensbedingungen der betreuenden Eltern berücksichtigt werden.

Im Wechselmodell sind beide Elternteile barunterhaltspflichtig. Allerdings findet
 § 1606 Abs. 3 S. 2 BGB, nach dem nur ein Elternteil die Betreuung des Kindes übernimmt, auf das Wechselmodell, bei dem beide Eltern das Kind betreuen, keine Anwendung. Daher kommen die gesetzlichen Vorschriften zum Unterhalt gem.
 §§ 1601 ff. BGB nur dann in Betracht, wenn keine vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Eltern gegeben sind. Dann stellen sich insbesondere Fragen im Bereich der Bedarfsberechnung und der Haftungsquoten.


Foto(s): ©Adobe Stock/bugarskipavle3

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