Mit und ohne Testament: Die gesetzliche und gewillkürte Erbfolge – Teil 2

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Gesetzliche Erbfolge

Hat der Erblasser nicht durch eine Verfügung von Todes wegen andere Erben bestimmt, so kommt es zur gesetzlichen Erbfolge, die gegenüber der gewillkürten Erbfolge subsidiär ist, §§1924 ff., 1937, 1941 BGB. Tragende Prinzipien sind dabei die Privat- und die Familienerbfolge. Die gesetzliche Erbfolge führt dazu, dass zunächst die nächsten Verwandten des Erblassers (wie Abkömmlinge) und sein Ehegatte (§ 1931) bzw. Lebenspartner gesetzliche Erben werden.

Nach §1930 BGB gilt das sog. Ordnungssystem: Ein Verwandter ist nicht zur Erbfolge berufen, solange ein Verwandter einer vorhergehenden Ordnung vorhanden ist. Auch nur ein einziger Angehöriger der ersten und jeder weiteren Ordnung schließt die Angehörigen der nachfolgenden Ordnungen von der Erbschaft aus. Hintergrund dieser Regelung ist die Privilegierung der jüngeren Generation – es wird vermutet, dass sie einen höheren Finanzbedarf zum Aufbau einer eigenen Existenz brauchen.

Die Ordnungen der gesetzlichen Erbfolge

1. Ordnung

alle Personen, die vom Verstorbenen abstammen                                          

2. Ordnung

Eltern des Verstorbenen und alle Personen, die von den Eltern abstammen

3. Ordnung

Großeltern des Verstorbenen und alle Personen, die von den Großeltern abstammen

4. Ordnung

Urgroßeltern des Verstorbenen und alle Personen, die von den Urgroßeltern abstammen


Dieser Grundsatz wird durch die zusätzliche Regelung ergänzt, dass eine Auswahl zwischen den Personen innerhalb einer Ordnung ermöglicht wird. Sind innerhalb einer Ordnung mehrere Erben vorhanden, wird auf Abkömmlinge derselben Linie, also auf Kind, Enkel, Urenkel das sog. Linearsystem angewendet. Danach schließt der Abkömmling des Erblassers die mit ihm in absteigender Linie verwandten weiteren Abkömmlinge von der Erbfolge aus. Unter Abkömmlinge sind alle Kinder des Erblassers und alle Kindeskinder zu verstehen, die mit ihm verwandt sind. Entscheidend ist die Verwandtschaft im familienrechtlichen Sinne – rechtliche Verwandtschaft, nicht die biologische Abstammung, §1589 BGB. Gem. §1936 BGB wird zusätzlich das subsidiäre gesetzliche Erbrecht des Staates für die Fälle festgelegt, in denen sonstige gesetzliche Erben fehlen. So eine Regelung verhindert die Herrenlosigkeit eines Nachlasses.

Sonderfall: gesetzliches Erbrecht der Ehegatten

Inwiefern der überlebende Ehegatte des Erblassers Erbe wird, regelt §1931 BGB. Eine der zentralen Voraussetzungen des Erbrechts eines überlebenden Ehegatten ist der Umstand, dass die Ehe zum Zeitpunkt des Todes noch besteht. Der Ehegatte wird daher kein gesetzlicher Erbe, wenn die Ehe geschieden oder aufgehoben worden war. Nach erbrechtlichen Vorschriften des BGB wird der nichteheliche Lebenspartner kein Erbe. Dies ist aus rechtspolitischen Gründen sehr umstritten und wurde stark kritisiert. Der Ausschluss war aber dadurch gerechtfertigt, dass die Ehe einen grundgesetzlichen Schutz genießt, Art. 6 Abs. 1 GG. Allerdings wurde diese Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Lebenspartner durch die Einführung des Lebenspartnerschaftsgesetzes beseitigt. § 10 LPartG regelt das gesetzliche Erbrecht der eingetragenen Lebenspartnerschaft mit geringfügigen Abweichungen zum Ehegattenerbrecht. Mit dem Gesetz von Jahr 2017 zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts wurde die „Ehe für alle“ eingeführt, vgl. §1353 Abs. 1 BGB. Eingetragene Lebenspartnerschaften können mit dessen Inkrafttreten nicht mehr neu begründet werden. Stattdessen steht gleichgeschlechtlichen Paaren die Möglichkeit der Eheschließung offen.

Liegen zum Zeitpunkt des Todes eines Erblassers ein Antrag auf Scheidung durch den Erblasser, die Voraussetzungen der Ehescheidung bzw. Aufhebungsgründe vor oder hat der überlebende Ehegatte der Ehescheidung bereits zugestimmt, wird das gesetzliche Erbrecht eines Ehegatten ausschlossen.


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