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Kleingrundstücke mit Konfliktpotenzial – alte Regeln treffen junge Nutzer

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Kleingärten gibt es schon lange. Einst waren es „Armengärten“, aus denen sich Bedürftige mit Lebensmitteln versorgen konnten. Nach den Weltkriegen übernahmen sie für die ganze Bevölkerung einen wichtigen Teil der Nahrungsversorgung und linderten gleichzeitig den Wohnungsbedarf für Flüchtlinge und ausgebombte Großstädter. Heute dienen die Gärten vor allem der Erholung und Selbstverwirklichung, was sie mittlerweile auch wieder für junge Stadtbewohner und ihren Familien attraktiv macht.

Die Ansprüche ändern sich, die Regeln nicht

Das führt dazu, dass in vielen kleinen Gartenanlagen alteingesessene Pächter auf neue Nutzer treffen. Die einen haben die alten Regeln „mit der Muttermilch“ aufgesogen, die anderen haben mit der formalisierten „Vereinsmeierei“ wenig am Hut. Das schürt Konflikte, die häufig genug von persönlichen Animositäten herrühren, aber auch durch gesetzliche Vorgaben befeuert werden, deren Sinn nicht für jeden Kleingärtner auf den ersten Blick ersichtlich ist.

Gemüse und Obst müssen sein

Eine Sache, die auf neue Kleingärtner häufig erst einmal befremdlich wirkt – die Vereine, die die Verpachtung der regelmäßig im öffentlichen Eigentum stehenden Flächen organisieren, geben den Mitgliedern eine feste Quote vor, wie groß die mit Gemüse und Obst bepflanzte Fläche mindestens sein muss. Hintergrund hiervon ist § 1 des Bundeskleingartengesetz (BKleingG), aus dem sich ergibt, dass der Anbau von Obst, Gemüse und anderen Früchten die Nutzung der Einzelparzelle „maßgeblich prägen“ muss.

Wie groß der Anteil exakt zu sein hat, gibt das Gesetz nicht vor. Deswegen unterscheidet sich die Ausgestaltung des Gesetzes von Verein zu Verein. Am häufigsten findet sich die Vorgabe, dass mindestens 30 % der Fläche mit „Essbaren“ bepflanzt sein muss. Dies dürfte zugleich auch nach dem Gesetz der „Mindestanteil“ sein.

Bezugspunkt ist die Parzellenfläche

Historischer Hintergrund dieser Regelung ist die Nahrungsknappheit nach Ende des Zweiten Weltkrieges. Es spricht auch nichts dagegen, wenn Vereine mindestens 50 % Bepflanzung mit Obst und Gemüse fordern. Streit gibt es aber ab und zu mal über die Frage, ob die „Gemüsequote“ auf einer einzelnen Parzelle erfüllt sein muss oder ob es nicht reicht, wenn auf der gesamten Fläche des Vereinsgeländes auf 30 % oder 50 % der Fläche Nahrung angebaut wird. Dann dürften beispielsweise zwei Parzellen komplett mit Rasen und Blumen bepflanzt sein, wenn zum Ausgleich auf einer dritten Parzelle ausschließlich landwirtschaftliche Produkte wachsen.

Eine solche Sichtweise wird jedoch zum weit überwiegenden Teil abgelehnt – nicht zuletzt deswegen, weil es viele Flächen in einer Kleingartenanlage gibt, die überhaupt nicht bewirtschaftet werden können – beispielsweise Spielplätze, der Standort des Vereinshauses, Wege und Parkplätze.

Dauerstreit Laubengröße

Ein anderer häufiger Konflikt, bei dem auch Juristen manches Mal mit dem Zollstock bewaffnet in den Kleingarten einrücken müssen, ist die Größe der Lauben. Die sind für viele Nutzer mittlerweile der Hauptgrund, eine Kleingartenparzelle zu pachten. Die wollen die kleinen Behausungen wie ein Wochenendhäuschen nutzen, in dem man entspannen und feiern kann – da hat man dann natürlich auch gerne viel Platz und Komfort.

Hier macht das Bundeskleingartengesetz jedoch eine klare Vorgabe. So, wie die Parzelle nicht größer als 400 m² sein darf, ist die Grundfläche der Laube auf 24 m² beschränkt. Und zwar einschließlich „überdachtem Freisitz“, was in den meisten Fällen einer Veranda oder überdachten Terrasse entspricht. Allerdings muss dieser „Freisitz“ nicht notwendig Bestandteil der Laube sein – auch ein Pavillon müsste also zur Fläche der Laube addiert werden.

Der Doppellauben-Trick

Auf einen vermeintlich schlauen Trick kamen vor einigen Jahren Kleingärtner aus Nordrhein-Westfalen. Sie pachteten zwei Parzellen, die nebeneinander lagen und errichteten genau auf der Grenze eine Laube, die auf jedes Grundstück bezogen eine Grundfläche von 24 m² hatte, insgesamt aber 48 m².

Dieser Rechtsstreit ging hoch bis zum Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (Az. 10 A 1671/09) und wurde dann zu Ungunsten der Pächter entschieden. Denn das Gesetz würde sich mit der Begrenzung der Grundfläche auf die einzelne Laube beziehen, nicht aber auf die Anzahl der Parzellen, auf denen sie steht. Hier hat gegebenenfalls auch der Hintergedanke eine Rolle gespielt, dass man denselben Trick theoretisch auch mit vier Grundstücken durchführen könnte, in deren Mitte dann eine knapp 100 m² große Laube auf einem bis zu 1600 m² großen Grundstück entstehen könnte. So etwas wollte man dann wohl nicht in einem Kleingarten sehen.

Noch offen ist bisher allerdings die Frage, ob dann nicht zwei unmittelbar aneinander grenzende Doppellaubenhälften zulässig wären, entsprechend den Doppelhaushälften. Der praktische Nutzen ist hier  wegen der notwendigen zwei Eingänge wohl nicht so groß, aber dem Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen dürfte es wohl nicht widersprechen, solange jede Laubenhälfte für sich als eine vollständige Laube betrachtet werden kann.

Dieser Beitrag dient der allgemeinen Information und entspricht dem Kenntnisstand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung. Wenn Sie zu diesem Thema eine Frage haben oder eine Beratung wünschen, können Sie sich gerne an die Kanzlei Alsterland und Rechtsanwalt Jörn Blank wenden. Rufen Sie einfach an oder melden sich per E-Mail. Beachten Sie bitte, dass zwar weder die Kontaktaufnahme noch allgemeine Vorfragen mit Kosten verbunden sind – aber die eigentliche Beratungstätigkeit und die Beantwortung rechtlicher Fragen schon.



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