„Kokstaxi“ Flucht vor der Polizei und Transport von Drogen - Welche Strafe droht?

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Nachdem den Polizeibeamten ein Auto aufgefallen war und sie dieses daher stoppen und kontrollieren wollten, reagierte der Fahrer nicht. Stattdessen beschleunigte er und lieferte sich eine Verfolgungsjagd mit der Polizei, die durch einen Unfall in einem Vorgarten in Berlin Mahlsdorf endete. Dort kam es zur nächsten Entdeckung bei Durchsuchung des Autos. Gefunden wurde eine weiße Substanz in Gefäßen, weshalb nun auch der Vorwurf des Transports von Kokain und oder Speed im Raum steht.

Die Beteiligten wurden festgenommen.

Welche Strafen drohen nun?

Zu trennen ist hierbei zunächst die Flucht vor der Polizei, die Verfolgungsjagd, von dem Transport von Betäubungsmitteln.

Ist die Flucht vor der Polizei strafbar?

Den Medien zufolge lieferte sich der Fahrer des Kfz eine Verfolgungsjagd mit der Polizei durch Brandenburg bis nach Berlin Mahlsdorf mit einer Geschwindigkeit von mehr als 120 km/h.

Eine Polizeisperre wurde durchbrochen.

Neben dem Fahrer befanden sich auch zwei Mitfahrer in dem Auto.


Hierbei können Straftaten verwirklicht worden sein, sodass gegebenenfalls Geld- oder sogar Freiheitsstrafen drohen können.

Verfolgungsjagd mit der Polizei als unerlaubtes Kraftfahrzeugrennen?

Zunächst einmal könnte die Verfolgungsjagd mit der Polizei ein unerlaubtes Kraftfahrzeugrennen sein. Dieses ist nach § 315d StGB strafbar und grundsätzlich droht hierfür eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren. Insbesondere im Hinblick auf die Auswirkungen des illegalen Autorennens, kann die Strafe aber auch höher ausfallen (z.B. wenn das Leben oder die körperliche Unversehrtheit einer anderen Person konkret gefährdet wird, § 315d Abs.2 StGB).


Die Polizei verfolgte das Auto zur Durchführung polizeilicher Maßnahmen (der Polizei kommen nach § 35 StVO in bestimmten Situationen Sonderrechte im Straßenverkehr zu). Sie nimmt nicht an einem illegalen Autorennen teil (maßgeblich für die Beurteilung, ob sich jemand mit nicht angepasster Geschwindigkeit im Straßenverkehr fortbewegt, ist die Vereinbarkeit der Geschwindigkeit in der konkreten Situation mit straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften, vgl. BGH, Beschluss v. 17.02.2021 – 4 StR 225/20)

Damit ist der Autofahrer des verfolgten Kfz allein. Eine Strafbarkeit wegen eines nicht erlaubten Kraftfahrzeugrennen steht dennoch im Raum. Strafbar machen können sich nach § 315d Abs.1 Nr.3 StGB nämlich auch sog. „Einzelraser“.

Voraussetzung ist das Fahren mit nicht angepasster Geschwindigkeit, wobei dies grob verkehrswidrig sein muss. Dies muss vorsätzlich geschehen und zudem müsste der Täter mit der Absicht der Erreichung der höchstmöglichen Geschwindigkeit und rücksichtslos gehandelt haben.


Dass das primäre Ziel das Entkommen vor der Polizei ist, schließt nicht automatisch die Absicht der Erreichung der höchstmöglichen Geschwindigkeit voraus. Diese kann trotzdem erfüllt sein, wenn sie vom Täter als notwendiges Zwischenziel zum Abhängen der Polizei gewertet wird (vgl. z.B. BGH, Beschluss v. 17.02.2021 – 4 StR 225/20). Hier sind die konkreten Umstände des Einzelfalls zu betrachten und juristisch zu bewerten.


Fraglich ist, ob eine Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h zur Bejahung der grob verkehrswidrigen nicht angepassten Geschwindigkeit führen können. Ausgeschlossen ist dies nicht. Grobe Verkehrswidrigkeit bedeutet, dass der Verstoß gegen die straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften entweder besonders intensiv ist oder dass weitere Umstände (in Bezug auf die Geschwindigkeitsüberschreitung) hinzukommen, die den Verstoß besonders schwer wiegen lassen (vgl. z.B. BGH, Beschluss v. 17.02.2021 – 4 StR 225/20).


Hier kommt es demnach maßgeblich auf die Umstände des konkreten Einzelfalles an. Eine Strafbarkeit wegen eines illegalen Autorennens steht aber jedenfalls im Raum.


Insbesondere die Abhängigkeit der Bejahung der Strafbarkeit von den konkreten Umständen des Einzelfalles (wobei es auf Feinheiten, kleine Details ankommen kann), zeigt die Bedeutung, sich an einen auf das Strafrecht spezialisierten Anwalt zu wenden, sollte man mit dem Vorwurf eines illegalen Autorennens konfrontiert sein. Dieser hat die nötige Berufserfahrung und fachliche Kenntnis um entscheidende Details zu erkennen und die Verteidigungsstrategie hiernach auszurichten.

Strafbarkeit wegen Gefährdung des Straßenverkehrs bei Flucht vor der Polizei?

In Betracht kommt bei einer Flucht vor der Polizei auch eine Strafbarkeit wegen Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c StGB). Eine Gefährdung des Straßenverkehrs setzt voraus, dass sich der Täter innerhalb des Straßenverkehrs bewegt, dies aber entweder im Zustand der Fahruntauglichkeit tut (z.B. im alkoholisierten Zustand bei Überschreitung einer bestimmten BAK Grenze) oder unter Begehung einer der in § 315c Abs.1 StGB genannten „sieben Todsünden im Straßenverkehr“ (z.B. Nichtbeachtung der Vorfahrt, § 315c Abs.1 Nr.2 lit.a StGB) in grob verkehrswidriger Weise und rücksichtslos. Zusätzlich muss durch dieses Verhalten die körperliche Unversehrtheit oder das Leben einer anderen Person oder eine jemand anderem gehörende Sache von bedeutendem Wert (Grenze ca. 750 Euro, vgl. z.B. BGH, Beschluss v. 29.04.2008 – 4 StR 617/07) konkret gefährdet worden sein (man spricht hier von einem sog. „Beinahe-Unfall“, vgl. z.B. BGH, Beschluss v. 05.11.2013 – 4 StR 454/13 zu § 315b StGB).


Ob dies der Fall ist, muss im Einzelfall festgestellt werden. Wird eine strafbare Gefährdung des Straßenverkehrs nach § 315c StGB bejaht, so droht grundsätzlich eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe. Strafbar kann man sich übrigens auch dann machen, wenn man die (konkrete) Gefahr gar nicht bewusst verursachen wollte, dies aber fahrlässig tut (§ 315c Abs.3 StGB).

Kann man sich durch die Durchbrechung einer Polizeisperre wegen eines Gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr strafbar machen?

Medienberichten zufolge wurde eine Polizeisperre durchbrochen. Dies könnte einen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr nach § 315b StGB darstellen. Allerdings werden hiernach grundsätzlich nur Eingriffe von außen (außerhalb des Straßenverkehrs) in den Straßenverkehr hinein unter Strafe gestellt. Vorliegend befand sich der Autofahrer aber gerade im Straßenverkehr.

Eine Erweiterung nimmt die Rechtsprechung allerdings im Fall einer„Pervertierung des Verkehrsvorgangs“ vor. In diesem Fall befindet sich der Täter nicht mehr wirklich im Straßenverkehr, sondern zweckentfremdet den Verkehrsvorgang derart, dass es im Grunde ein Eingriff von außen ist. Solche Erweiterungen dürfen allerdings nicht zu weit verstanden werden; bestimmte Kriterien sind anzulegen. Eine Strafbarkeit wegen eines „ähnlichen, ebenso gefährlichen Eingriffs“ nach § 315b Abs.1 Nr.3 StGB kommt demnach nur dann in Betracht, wenn der Täter sein Fahrzeug bewusst zweckwidrig als Waffe einsetzt und mit (mindestens) bedingtem Schädigungsvorsatz handelt.

Allgemein geltende Voraussetzung des § 315b Abs.1 StGB ist das Verursachen einer konkreten Gefahr für fremde Sachen von bedeutendem Wert, der körperlichen Unversehrtheit einer anderen Person oder des Lebens eines anderen Menschen.


Problematisch ist hierbei, dass es der fliehenden Person in der Regel primär um die Flucht geht, wenn eine solche Polizeisperre durchbrochen wird (und nicht um die Zweckentfremdung oder Schädigung). Dennoch ist – so die Rechtsprechung – eine Strafbarkeit wegen Gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr nach § 315b StGB grundsätzlich möglich. Eine verkehrsfeindliche, bewusste Zweckentfremdung des Kraftfahrzeugs besteht nämlich auch bei der Flucht vor der Polizei, wenn der Täter auf eine Polizeisperre zufährt, mit der Absicht die Beamten zu nötigen (also zu einem bestimmten Verhalten gegen ihren Willen zu zwingen). In Abgrenzung hierzu liegt eine entsprechende verkehrsfeindliche Zweckentfremdung dann nicht vor, wenn der Vorgang ausschließlich der Flucht vor der Polizei dient und der Täter nicht in die Polizeisperre hinein, sondern eigentlich um sie herum, fahren wollte. Vgl. z.B. OLG Hamm, Beschluss v. 06.09.2013 – 5 RVs 80/13 in openJur 2013, 37098 unter Verweis auf Rechtsprechung des BGH.

Haben sich die Beteiligten wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte oder tätlichem Angriff auf Vollstreckungsbeamte strafbar gemacht?

In Betracht kommt außerdem eine Strafbarkeit wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte. Im Hinblick auf die Durchbrechung der Polizeisperre ist gegebenenfalls auch an eine Strafbarkeit wegen tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte zu denken.


Die reine Flucht vor der Polizei wertet der BGH allerdings mangels erforderlichen Zwangs gegenüber den Beamten nicht als Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte (vgl. BGH, Beschluss v. 15.01.2015 – 2 StR 204/14).


Vorliegend ist allerdings zu berücksichtigen, dass das Zwangselement bzw. die zur Verwirklichung der Straftat des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte erforderliche Gewalt nach § 113 StGB gegebenenfalls durch das Durchbrechen der Polizeisperre bejaht werden kann.


Im Hinblick auf eine Strafbarkeit wegen tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte ist zu beachten, dass zur Feststellung eines solchen tätlichen Angriffs nicht zwingend eine körperliche Berührung bestehen muss (vgl. z.B. OLG Hamm, Urteil v. 10.12.2019 – 4 RVs 88/19 in openJur 2020, 1253).

Droht eine Strafe wegen Sachbeschädigung, wenn wegen eins Unfalls das Auto in einen fremden Vorgarten rast?

Durch das Fahren in einen Vorgarten kam es wohl zur Zerstörung oder Beschädigung von Sachen im Eigentum der Bewohner (bzw. Eigentümer) des dazugehörigen Hauses.

Dies kann als Sachbeschädigung nach § 303 Abs.1 StGB strafbar sein.


Zweifel an einer solchen Strafbarkeit erwachsen im Hinblick auf das Erfordernis der vorsätzlichen Sachbeschädigung. Fahrlässige Sachbeschädigung ist nicht nach § 303 Abs.1 StGB strafbar.

Zwar genügt für Vorsatz das für möglich erkennen einer Sachbeschädigung durch die vorgenommene Handlung und das billigende in Kauf nehmen eben dieser, allerdings ist dies bei einer Sachbeschädigung im Rahmen eines Unfalls teilweise zweifelhaft.

Eine andere Beurteilung kann aber dann in Betracht kommen, wenn man daran anknüpft, dass der Täter bei entsprechendem Verhalten im Straßenverkehr wohl erkannt (und billigend in Kauf genommen) hat, dass es zu einem Unfall mit Sachbeschädigung kommen kann. Zwar will sich der Fahrer in der Regel nicht selbst (durch Verursachen eines Unfalls) schädigen, das billigende in Kauf nehmen einer Sachbeschädigung schließt dies aber nicht zwingend aus.

Wie hoch ist die Strafe für den Transport von Drogen?

 Der Transport von Betäubungsmitteln wie Kokain oder Speed ist nach dem Betäubungsmittelgesetz strafbar. Strafbar ist zum Beispiel der Besitz oder der Handel von Betäubungsmitteln im Sinne dieses Gesetzes.

An dieser Stelle kann auch einmal der Mythos, dass der Besitz einer nur geringen Menge Betäubungsmittel nicht strafbar sei, als solcher enttarnt werden. Auch der Besitz einer geringen Menge an Betäubungsmitteln ist grundsätzlich strafbar. Die Menge an Betäubungsmitteln kann sich aber z.B. auf die drohende Strafe auswirken.

Beispielsweise Handeltreiben, Veräußern oder Abgeben von Drogen wird grundsätzlich gem. § 29 Abs.1 Nr.1 BtMG mit einer Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder mit Geldstrafe bedroht.

Das unerlaubte Handeltreiben mit oder der unerlaubte Besitz einer nicht geringen Menge an Drogen wird mit einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr sanktioniert (§ 30 Abs.1 Nr.2 BtMG).

Handeltreiben mit einer nicht geringen Menge an Drogen als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung entsprechender Straftaten zusammengeschlossen hat, ist sogar mit einer Freiheitsstrafe von mindestens fünf Jahren bedroht (§ 30a Abs.1 BtMG).



Bei solchen Geschehnissen können demnach sehr hohe Strafen drohen. Sollten Sie zum Beispiel mit dem Vorwurf eines unerlaubten Kraftfahrzeugrennens, eines gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr, Widerstands gegen Vollstreckungsbeamten oder Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz konfrontiert sein, sollten Sie zunächst von Ihrem Schweigerecht, das Ihnen als Beschuldigter im Hinblick auf Aussagen zum Tatvorwurf zusteht, Gebrauch machen und sich dann so schnell wie möglich an einen auf das Strafrecht spezialisierten Anwalt wenden, der sich zudem bestenfalls auch auf das Drogenstrafrecht spezialisiert hat, wenden. Dieser wird Einsicht in die Ermittlungsakten beantragen und auf dieser Grundlage eine für Ihren Fall geeignete Verteidigungsstrategie erarbeiten.

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