Konsequenzen bei Besitz von Kinderpornographie - § 184b StGB - Bundesweite Strafverteidigung

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Strafrahmen und disziplinarrechtliche Konsequenzen bei Besitz von Kinderpornographie - Neue Entscheidung VG Trier vom 14.08.2012

Strafverfahren wegen Besitzes von Kinderpornographie nehmen nach Auffassung des Autors, der in diesem Bereich bundesweit verteidigt, auch innerhalb des Strafrechts eine Sonderstellung ein. In nahezu keinem anderen Gebiet kann alleine der Tatvorwurf, unabhängig ob zutreffend erhoben oder nicht, eine derart stigmatisierende Wirkung entfalten.

Neben den eigentlichen strafrechtlichen Konsequenzen können dabei im Einzelfall auch berufsrechtliche bzw. disziplinarrechtliche Auswirkungen drohen.

1. Welche Strafe droht bei § 184 b StGB nach dem Gesetz?

Besitz und Verbreitung von Kinderpornographie ist in § 184 b StGB unter Strafe gestellt. Die Vorschrift des § 184b StGB bestimmt für Besitz und Verbreitung von Kinderpornographie auszugsweise (Absatz 1 bis 4):

(1) Wer pornographische Schriften (§ 11 Abs. 3), die sexuelle Handlungen von, an oder vor Kindern (§ 176 Abs. 1) zum Gegenstand haben (kinderpornographische Schriften),

1. verbreitet,

2. öffentlich ausstellt, anschlägt, vorführt oder sonst zugänglich macht oder

3. herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält, anbietet, ankündigt, anpreist, einzuführen oder auszuführen unternimmt, um sie oder aus ihnen gewonnene Stücke im Sinne der Nummer 1 oder Nummer 2 zu verwenden oder einem anderen eine solche Verwendung zu ermöglichen, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer es unternimmt, einem anderen den Besitz von kinderpornographischen Schriften zu verschaffen, die ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergeben.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 oder des Absatzes 2 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren zu erkennen, wenn der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, und die kinderpornographischen Schriften ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergeben.

(4) Wer es unternimmt, sich den Besitz von kinderpornographischer Schriften zu verschaffen, die ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergeben, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Ebenso wird bestraft, wer die in Satz 1 bezeichneten Schriften besitzt.

2. Was kann der Strafverteidiger bei dem Tatvorwurf „Besitz und Verbreitung von Kinderpornographie" tun?

Wegen der erheblichen Konsequenzen, die in strafrechtlicher Hinsicht aber auch auf persönlicher und sozialer Ebene drohen, ist eine effektive und diskrete Rechtsberatung notwendig. Gerade in dem Spezialbereich des § 184 b StGB muss der Strafverteidiger nicht nur um juristischen sondern auch die anhängenden Problemfelder - zum Teil auch im beruflichen Bereich - wissen.

Notwendig ist, dass der im Bereich des § 184b StGB tätige Strafverteidiger unverzüglich Akteneinsicht und Einsicht in den Auswertebericht beantragt. Dabei ist es völlig egal, welche Staatsanwaltschaft im Bundesgebiet zuständig ist. Es folgt eine Prüfung der gesamten Rechtslage anhand der aktuellen Rechtsprechung zu § 184b StGB. Diese entwickelt sich permanent fort. So hat etwa der 2. Strafsenat des OLG Hamburg in seinem Revisionsurteil vom 15. Februar 2010 darauf hingewiesen, dass zur objektiven und subjektiven Tatbestanderfüllung kein Plan erforderlich ist die Dateien manuell abzuspeichern oder ein Wissen um die automatische Speicherung im Cache.

Es ist in der Folge mit dem Mandanten telefonisch oder persönlich die im Einzelfall optimale Verteidigungstaktik und Verteidigungsstrategie zu erörtern. Bei entsprechender Fachkenntnis steht dem Verteidiger hierbei ein breites Instrumentarium zur Verfügung, welches genutzt werden kann. So kann Ihnen ein im Bereich des § 184 b StGB erfahrener Strafverteidiger etwa auch erklären, weshalb die Argumentation mit einem „offenen W-LAN" in der Regel keinen Sinn macht und „ausgelutscht" ist. Auch wird Ihnen der Strafverteidiger offen sagen können, ob etwa eine Therapie Sinn macht.

Von Bedeutung sind auch die Gespräche, welche der Strafverteidiger mit Polizei und Staatsanwaltschaft, also den Ermittlungsbehörden, führen kann. Ziel ist dabei, sofern der Vorwurf nachweislich zutreffend sein sollte: Schadensbegrenzung, andernfalls eine Verfahrenseinstellung gem. § 170 Abs. 2 StPO bereits im Ermittlungsverfahren.

Absprachen sind im Strafprozess zulässig und bei Ermittlungsverfahren wegen Besitz und Verbreitung von Kinderpornographie gem. § 184 b StGB häufig ein probates Mittel. Ziel dabei: Keine öffentliche Hauptverhandlung und -wenn irgend möglich (trotz der abstrakten Strafandrohung im Gesetz)- keine Vorstrafe.

Über sämtliche Schritte ist der Mandant stets zu informieren, so dass eine effektive Strafverteidigung gewährleistet ist.

3. Drohen berufsrechtliche oder beamtenrechtliche Konsequenzen? - Neue Entscheidung VG Trier vom 14.08.2012

Gerade bei dem Vorwurf des Besitzes von Kinderpornographie drohen in der Praxis häufig berufliche Konsequenzen, sofern der Arbeitgeber Kenntnis erlangt. Auch auf diesen Aspekt ist im Rahmen der Strafverteidigung zu achten.

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat nun in Einzelfällen Urteile der Oberverwaltungsgerichte in Saarlouis und Hamburg aufgehoben und geurteilt, dass ein „außerdienstliches Vergehen" nicht zwangsläufig die Entfernung aus dem Dienst rechtfertige. Zuvor waren ein Lehrer und ein Zollbeamter wegen des Besitzes von Kinderpornographie zu Geldstrafen verurteilt worden. Beide sollten ursprünglich aus dem Dienst entfernt werden, da ein Verstoß gegen beamtenrechtliche Pflichten vorlag (BVerwG 2 C 5.10/2 C 13.10). Das Bundesverwaltungsgericht monierte im Ergebnis die zu knappe Einzelfallprüfung hob die früheren Entscheidungen auf. Aus Sicht des Strafverteidigers kann gleichwohl nur dringend davor gewarnt werden, diese für die Betroffenen positiven Einzelfallurteile misszuverstehen.

Straftaten nach § 184 b StGB sind weder strafrechtlich noch arbeits- oder disziplinarrechtlich ein Kavaliersdelikt. In diesem Zusammenhang ist auch die aktuelle Entscheidung des VG Trier vom 14.08.2012 (Az. 3 K 195/12 TR) zu verstehen:

Das Verwaltungsgericht Trier hat einem Polizeibeamten, der sich seit 2010 im Ruhestand befindet, das Ruhegehalt aberkannt, weil er seit 2005 auf seinen Privat-PC Videofilme kinderpornografischen Inhalts aus dem Internet heruntergeladen und gespeichert hat. Das VG verhängte damit die disziplinare Höchstmaßnahme gegen den ehemaligen Polizisten, wobei das Urteil noch nicht rechtskräftig ist.

Das VG sah es als erwiesen an, dass der Beamte sich des Verschaffens und Besitzes kinderpornografischer Dateien schuldig gemacht hat, indem er seit Jahren in über 20 Fällen über das Internet in seiner Wohnung Videofilme mit kinderpornografischem Inhalt auf seinem Computer gespeichert hatte. Damit habe der Beamte sich achtungs- und vertrauensunwürdig verhalten und das Ansehen der Polizei geschädigt. Von einem Polizeibeamten müsse erwartet werden, dass er sich in diesem Bereich auch außerhalb des Dienstes in jeder Hinsicht gesetzestreu verhalte. Einem Polizeibeamten, der sich im privaten Bereich kinderpornografisches Material verschaffe, könne kein Vertrauen mehr entgegengebracht werden (Az.: 3 K 195/12 TR).

5. Kann eine öffentliche Hauptverhandlung im Strafverfahren vermieden werden?

Bei Ermittlungsverfahren wegen Besitz von Kinderpornographie muss der Strafverteidiger wissen, dass eine Hauptverhandlung in der Regel eine zusätzliche Belastung für den Mandanten darstellt. Es sollten daher im Interesse des Beschuldigten regelmäßig sämtliche Hebel in Bewegung gesetzt werden, um eine derartige Situation zu vermeiden. Durch Gespräche mit den Staatsanwaltschaften, den Gerichten sowie durch das Verteidigungsverhalten und die gewählte Verteidigungstaktik ist dies in einer Vielzahl von Verfahren auch möglich, weshalb eine bundesweite Strafverteidigung faktisch auch nur möglich ist. Maßgebend sind allerdings alleine die Umstände des Einzelfalles.

6. Kann eine Vorstrafe § 184b StGB vermieden werden?

Von Bedeutung sind neben der Verteidigungstaktik häufig die Qualität sowie die Anzahl der betreffenden Videos und Bilder. Auch macht es einen Unterschied, ob die Bilder „nur" besessen oder auch verbreitet wurden. Sofern es der jeweilige Einzelfall zulässt, liegt das Ziel der Verteidigung häufig darin, eine Verfahrensregelung zu erreichen, die nicht zu einer Vorstrafe führt und eine Hauptverhandlung nicht erforderlich macht. In bestimmten Fällen kann etwa eine Verfahrenseinstellung ohne Hauptverhandlung gemäß § 153a StPO gegen Geldauflage erreicht werden.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht Steffen Lindberg, MM vertritt bundesweit bei Ermittlungsverfahren wegen § 184b StGB.


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