Kontroverse Umgangsvereinbarung: Finanzieller Druck als Mittel der Durchsetzung

  • 2 Minuten Lesezeit

Der Bundesgerichtshof hatte in diesem Fall eine Umgangsvereinbarung zu beurteilen, wobei der Umgang des Vaters mit den Kindern an die an die Auszahlung des Zugewinnes an die Mutter geknüpft wurde. Nur, wenn der Vater mit den Kindern Umgang haben kann, muss er den Zugewinnausgleich in Raten an die Mutter zahlen.


 BGH, Beschluss vom 31.1.2024 – XII ZB 385/23


Die Klägerin ist Peruanerin, heiratete 2002 den Beklagten, einen deutschen Staatsbürger, woraus eine Tochter im Jahr 2007 und ein Sohn im Jahr 2012 geboren wurden. Ihr letzter gemeinsamer Wohnsitz befand sich in Deutschland, wo der Beklagte nach wie vor ansässig ist und arbeitet. Die Klägerin lebt mit den beiden Kindern in Peru. Der Umgang des Beklagten mit den Kindern findet nur dann statt, wenn er in Peru zu Besucht ist. Die Ehe wurde 2017 geschieden. Im aktuellen Rechtsstreit macht die Klägerin Ansprüche güterrechtliche Ansprüche geltend. Sie forderte zunächst einen Zugewinnausgleich von 80.000 €, einigte sich dann aber mit dem Antragsgegner vor dem Amtsgericht im Dezember 2021 einen Vergleich. 

Umgangsvergleich sittenwidrig?

Dieser Vergleich sah vor, dass der Antragsgegner 60.000 € in drei Jahresraten von jeweils 20.000 € zur Begleichung aller güterrechtlichen Ansprüche zahlt, unter der Bedingung, dass zuvor ein dreiwöchiger Umgang mit den gemeinsamen Kindern in Deutschland stattfindet. Dieser Umgangsvergleich wurde im Zugewinnausgleichsverfahren geschlossen und vom Familiengericht gebilligt, § 156 Absatz 2 FamFG. Nachdem also das Amtsgericht den Vergleich zunächst genehmigt hatte, wurde diese Genehmigung auf Beschwerde der Antragstellerin aufgehoben, da eine angemessene Prüfung des Kindeswohls fehlte. Die Antragstellerin betrachtet den Vergleich als nichtig und beantragte die Fortsetzung des Verfahrens, was sowohl vom Amtsgericht als auch vom Oberlandesgericht abgelehnt wurde. Die Antragstellerin setzt mit einer Rechtsbeschwerde ihr Ziel einer Verfahrensfortsetzung fort.

Der Bundesgerichtshof hob die vorangegangene Entscheidung auf und verwies den Fall zurück an das Oberlandesgericht, da er die Vereinbarung über die Ratenzahlungen im gerichtlichen Vergleich als unethisch bewertete. Denn die Bedingung, dass die Fälligkeit der Raten von der tatsächlichen Umsetzung des vereinbarten Umgangsrechts der Kinder mit dem Antragsgegner in Deutschland abhängig gemacht wurde, stellt den Versuch dar, wirtschaftlichen Druck auf die Antragstellerin auszuüben, um die Einhaltung der Umgangsvereinbarung zu erzwingen, was der Vereinbarung einen "vertragsstrafenähnlichen Charakter" verlieh. Zudem wurde kritisiert, dass keine angemessene Überprüfung der Umgangsvereinbarung im Hinblick auf das Wohl der Kinder stattfand, welche die Beteiligung und Anhörung der Kinder zwingend erfordert hätte. Die Genehmigung dieser Regelung durch das Amtsgericht im Rahmen des Zugewinnausgleichsverfahrens, ohne eine solche Prüfung, wurde daher im Beschwerdeverfahren als verfahrenswidrig und rechtmäßig aufgehoben betrachtet. Auch der Auslandsbezug dieses Falles rechtfertigt keine andere Entscheidung.

Das Oberlandesgericht muss nun entscheiden, ob die Regelungen im gerichtlichen Vergleich, die die Ratenzahlungen aus dem Zugewinnausgleich zugunsten der Mutter an die Durchführung der Umgangskontakte binden und als sittenwidrig gemäß § 139 BGB angesehen werden könnten, den Vergleich insgesamt betreffen. Es gilt zu klären, ob die Vereinbarung über die Zahlung von 60.000 € zur Begleichung der vermögensrechtlichen Ansprüche auch zustande gekommen wäre, falls den Beteiligten klar gewesen wäre, dass die Auszahlungstermine oder die Raten nicht an die Realisierung der Umgangskontakte, welche gerichtlich nicht überwacht werden können, gebunden sein dürften.

Foto(s): www.istockphoto.com - JillianSuzanne; PeopleImages

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwältin LL.M. (Medical Law) Annett Sterrer

Beiträge zum Thema