"Kopftuchverbot"- Wie ist die Rechtslage nach dem EuGH-Urteil?

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In seiner Entscheidung vom 15.07.2021 hat der Europäische Gerichtshof ( Az. C-804/18 und C-341/19) entschieden, dass Unternehmen ihren Mitarbeiterinnen das Kopftuchtragen verbieten können, soweit die betriebliche Neutralität gefährdet sei. 


Hintergrund des Urteils sind zwei Fälle aus Deutschland

In einem Fall ist eine muslimische Mitarbeiterin einer überkonfessionellen Kindertagesstätte zweimal abgemahnt worden, weil sie wiederholt mit einem Kopftuch zur Arbeit erschien. Das Arbeitsgericht hatte dann zu entscheiden, ob die Abmahnungen aus der Personalakte entfernt werden müssten. 

Im dem zweiten Fall ging es um eine Muslimin aus dem Raum Nürnberg, die als Kassiererin in einem Drogeriemarkt tätig war und nach Ihrer Elternzeit mit einem Kopftuch zur Arbeit erschien. 

Beide Arbeitgeber untersagten das Tragen von einem Kopftuch und begründeten dies mit ihrer unternehmerischen Betätigungsfreiheit und dem Wunsch nach betrieblicher Neutralität. 

In beiden Fällen setzten die erkennenden Gerichte das jeweilige Verfahren aus und baten den EuGH um Vorabentscheidung zu der konkreten Frage, ob das Unionsrecht einen derartigen Neutralitätswunsch als zulässig bewertet. 


Die Entscheidung des EuGH

Im Grundsatz bestätigt der EuGH, dass ein Verbot des Tragens jeder sichtbaren Bekundung politischer, weltanschaulicher oder religiöser Überzeugungen erlaubt sein dürfe, wenn gegenüber den Kunden ein Bild der Neutralität oder der Vermeidung sozialer Konflikte erzeugt werden soll. 

Allerdings erscheint ein Neutralitätswille des Arbeitgebers nur dann gerechtfertigt, soweit er ein "wirkliches" und nachgewiesenes Bedürfnis an betrieblicher Neutralität darlegen kann und ihm eine Beeinträchtigung der unternehmerischen Freiheit aufgrund entsprechender Kundenerwartungen droht. In diesem Fall sei eine derartige Einschränkung der Arbeitnehmerinnen möglich.

Weiter betont der EuGH in seiner Entscheidung, dass solche Verbote nur dann in Betracht kommen, wenn sämtliche Mitarbeiter gleich behandelt werden. Das bedeutet, dass seine Bemühungen zur Neutralität "konsequent und systematisch" für alle umgesetzt werden müssen. 

Ob ein Kopftuchverbot im Einzelfall zulässig ist, sollen dann jeweils die Gerichte der einzelnen EU-Mitgliedsstaaten entscheiden. Dabei haben sie Entscheidungsspielraum und können ihre nationalen Regelwerke berücksichtigen. Insoweit soll eine Abwägung der gesamten Einzelheiten des jeweiligen Falles stattfinden. 


Ausgang der ursprünglichen Verfahren

Im Fall der Erzieherin aus Hamburg hat der private Kita-Betreiber die Anträge der Klägerin anerkannt, so dass sie weiter mit einem Kopftuch arbeiten kann. Die Kassiererin der beklagten Drogeriekette hat mit ihrem Arbeitgeber einen Vergleich geschlossen. Damit wird das Bundesarbeitsgericht vorerst keine Entscheidung zu der Frage fällen, ob der Arbeitgeber das Tragen von religiösen Symbolen verbieten darf.




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