Krankenkassen müssen auch bei verspäteter Krankschreibung Krankengeld zahlen

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Arbeitsunfähig, krankgeschrieben, - und dann kein Krankengeld? Mit diesem Problem ist Schluß!

Fristversäumnis bei Krankschreibung: Ihre Rechte als Versicherter

Das Bundessozialgericht (BSG) hat entschieden, dass gesetzliche Krankenkassen verpflichtet sind, Krankengeld zu zahlen, selbst wenn eine Krankschreibung verspätet eingereicht wird. Ab 2021 sind nur Vertragsarztpraxen dazu verpflichtet, die Arbeitsunfähigkeit elektronisch zu melden.

Fallbeispiel: Verspätete Bescheinigungen – Ihre Rechte in der Praxis

In einem Fall wurde einem Versicherten die Arbeitsunfähigkeit lückenlos vom 11.5. bis 21.7.2021 attestiert, aber die Krankenkasse erhielt die Bescheinigungen erst nach Ablauf dieses Zeitraums. Die Kasse lehnte daraufhin die Krankengeldzahlung ab, argumentierte, die Meldung sei nicht rechtzeitig erfolgt, und bezeichnete dies als "Obliegenheit des Versicherten".

Das BSG urteilte anders (Urteil vom 30.11.2023 - B3 KR 23/22 R): Der Anspruch auf Krankengeld habe nicht geruht. Seit 2021 sind vertragsärztliche Praxen verpflichtet, die Arbeitsunfähigkeit elektronisch zu melden, und die Meldepflicht des Versicherten entfällt. Verspätete Übermittlungen gehen nicht zu Lasten des Versicherten.

Die Tatsache, dass nicht alle Arztpraxen im streitigen Zeitraum Arbeitsunfähigkeitsdaten elektronisch übermitteln konnten, ist unerheblich. Dies habe die Meldepflicht des Versicherten nicht wieder aufleben lassen, so das BSG. Der Schutzzweck der Meldung an die Krankenkasse zur zeitnahen Nachprüfung der Anspruchsvoraussetzungen bleibe unberührt.

Hintergrund: Gericht stärkt die Position der Versicherten

Damit wurde auch in letzter Instanz zugunsten der Versicherten entschieden. In diesem Fall hatte der Versicherte in allen drei Instanzen Recht erhalten und jedes Mal war das von der Krankenkasse nicht akzeptiert worden, obwohl schon die Vorinstanz überzeugend argumentiert hatte:

Das Landessozialgericht (LSG) baute bereits auf der Argumentation des Sozialgerichts Köln auf und reagierte auf die 'Übergangsvereinbarung eAU' der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und des GKV-Spitzenverband vom 23.8.2021. Das Bundesministerium für Gesundheit hatte der Übergangsregelung zugestimmt, aber es fehlte eine gesetzliche Grundlage.

Die Regelung bezüglich der Möglichkeit, Verträge über die Einzelheiten der Datenübermittlung zu vereinbaren, umfasst nach Ansicht der Gerichte nur das "Wie" der Meldung, nicht jedoch das Aufschieben oder den Entfall der Meldung an sich. Die Verpflichtung zur elektronischen Meldung entstand nicht kurzfristig; die beteiligten Institutionen und Vertragsärzte hatten 20 Monate Zeit, die technischen Voraussetzungen zu schaffen.


Die Rechtsprechung versuchte nun, das Missverhältnis zugunsten des Versicherten auszugleichen. Das SG Köln sah keine nachteilige Rechtsfolge, wenn der Arzt den Patienten nicht auf das Fehlen der technischen Voraussetzungen hinwies. Das SG Dresden ging weiter und sah eine völlige Aufhebung der Obliegenheit des Versicherten. Das SG Köln überzeugte jedoch mehr, da der Wortlaut des betreffenden Paragraphen im SGB V nicht eindeutig wäre.

Das LSG argumentierte schließlich, dass die gesetzliche Neuverteilung der Meldeobliegenheiten den Schutz des Versicherten im Blick hatte. Die 'Übergangsvereinbarung eAU' sei letztlich zu Lasten des Versicherten.

Die bisherige Rechtsprechung zur Risikoverteilung wird konsequent weitergedacht: Wenn der Gesetzgeber nicht mit technischen Schwierigkeiten gerechnet hat, muss auch der Versicherte dies nicht einkalkulieren. Der Versicherte ist nur bei explizitem Hinweis des Arztes bösgläubig. Unterlässt der Arzt den Hinweis, trägt die Krankenkasse das Übermittlungsdefizit.

Ihre Handlungsmöglichkeiten: Eine erfahrene Anwältin an Ihrer Seite

Angesichts dieser Entwicklungen möchte ich alle Versicherten ermutigen, sich nicht alles gefallen zu lassen. Obwohl Krankenkassen mächtige Institutionen sind, gibt es die Sozialgerichtsbarkeit, die dazu dient, die Rechte der Versicherten zu schützen.

Auch wenn Ablehnungen schon älter sind, kann eine Überprüfung dazu beitragen, den Fall wieder aufzurollen und Gerechtigkeit herzustellen. Die Sozialgerichtsbarkeit steht dafür ein, dass die Interessen der Versicherten nicht übersehen werden und dass Entscheidungen im Einklang mit dem Gesetz getroffen werden.

Nicht zuletzt sind die aktuellen Urteile des Landessozialgerichts ein deutliches Signal für die Stärkung der Rechte der Versicherten. Nutzen Sie Ihr Recht auf Überprüfung und lassen Sie sich nicht entmutigen. Die Sozialgerichtsbarkeit ist da, um Gerechtigkeit zu gewährleisten. Jeder Versicherte hat das Recht auf faire Behandlung und eine umfassende Prüfung seines Falls. Schreiten Sie ein, wenn Sie das Gefühl haben, ungerecht behandelt worden zu sein – Ihr Recht auf Rechtsmittel sollte nicht unterschätzt werden."

Foto(s): Bild von lookstudio auf Freepik

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