Krankenversicherung: Höchstbeiträge ade

  • 3 Minuten Lesezeit

Bisherige Rechtslage: Festsetzung von Höchstbeiträgen

Bei freiwillig versicherten Mitgliedern, namentlich Selbständigen, setzten die Krankenkassen vorläufige Beiträge fest, die später auf Grundlage des Einkommensteuerbescheids endgültig festgesetzt werden sollten. Reichten Betroffene die Steuerbescheide erst nach Ablauf der Dreijahresfrist ein, wurden die Beiträge endgültig auf Grundlage der Beitragsbemessungsgrenze festgesetzt.

Erfolglos: Widerspruch und Klage

Viele Betroffene gingen deshalb ins Widerspruchsverfahren oder sogar vor die Sozialgerichte, mit durchwachsenem Erfolg: Das Sozialgericht Reutlingen (Urteil vom 11.10.2023 – Aktenzeichen 2 S 1 KR 209/22)z. B. verstand § 240 Absatz 4a Satz 4 SGB V als materiell-rechtliche Ausschlussfrist. Der jüngste Fall ist das LSG Baden-Württemberg (L 5 KR 371/23 vom 20.09.2023): Das LSG bestätigte die rechtmäßige endgültige Beitragsfestsetzung der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge auf Grundlage der Beitragsbemessungsgrenze, da der betreffende Kläger den Einkommensteuerbescheid erst nach Ablauf der Dreijahresfrist eingereicht hatte. Andere Gerichte, darunter das Sozialgericht Berlin, das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg sowie das Sozialgericht Stralsund ließen den Nachweise geringerer Einnahmen auch später noch zu. In den meisten Fällen jedoch wurde die Haltung der Kassen bestätigt.

Die Dreijahresfrist zum Nachweis der tatsächlichen Einnahmen galt als absolute Grenze. Die Krankenkassen waren berechtigt, endgültige Beiträge auf Grundlage der Beitragsbemessungsgrenze festzusetzen, wenn der Versicherte die Einkommensnachweise nicht rechtzeitig vorlegte.


Nunmehr wendet sich das Blatt zugunsten der Betroffenen durch die Neufassung des § 240 Abs. 4a und den neuen § 423 SGB V:

Gemäß der Gesetzesänderung werden Beiträge in Höhe des Betrags der Beitragsbemessungsgrenze wie bisher endgültig festgesetzt, wenn das Mitglied seine tatsächlichen Einnahmen nicht innerhalb von 3 Jahren nach Ablauf des jeweiligen Kalenderjahres nachweist. Der Versicherte hat jedoch die Möglichkeit, innerhalb von 12 Monaten nach Bekanntgabe des Bescheides über die endgültige Beitragsfestsetzung einen Antrag auf Neufestsetzung der Beiträge zu stellen. Hierbei muss er die tatsächlichen beitragspflichtigen Einnahmen mit dem Einkommensteuerbescheid nachweisen. Entscheidend für die Fristwahrung ist der Antrag innerhalb der 12 Monate, nicht der Nachweis der geringeren Einnahmen. Für die Nachweisführung der tatsächlichen beitragspflichtigen Einnahmen gibt es keine gesetzlichen Fristen. Der Beitragsbescheid bleibt bis zum Nachweis der niedrigeren Einkünfte und der Neufestsetzung weiterhin wirksam.

Auch Bestandsfälle sind betroffen

Auch, wenn bereits rechtskräftige Bescheide oder gar Urteile zugunsten der Krankenkassen vorliegen: Durch den neu eingeführten § 423 SGB V sollen bereits abgeschlossene Fälle aufgegriffen werden. In diesen Fällen müssen die Betroffenen sich bis zum 16.12.2024 bei der Kasse melden!


Klarstellung im Umgang mit fehlendem Einkommensteuerbescheid: Neue Regelungen und Rechte für Versicherte

Auch steht jetzt fest, wie zu verfahren ist, wenn noch kein Einkommensteuerbescheid vorliegt. Der Versicherte muss durch Vorlage einer Erklärung des Finanzamtes oder auf andere Weise (z. B. Erklärung des Steuerberaters) nachweisen, dass für das jeweilige Kalenderjahr noch kein Einkommensteuerbescheid bekannt gegeben wurde. Sodann unterbleibt für 12 Monate ab dem Zeitpunkt der Vorlage dieser Bescheinigung die Festsetzung des Höchstbeitrags durch die Krankenkasse, bzw. eine bereits erfolgte Festsetzung ist aufzuheben.


Zusammenfassung

  • Künftig sind Krankenkassen verpflichtet, auch nach Ablauf einer Dreijahresfrist nachgereichte Einkommensnachweise von Selbstständigen und Freiberuflern zur Berechnung ihrer Beiträge zu berücksichtigen. Dies gilt sogar rückwirkend für die Jahre 2018 und 2019.
  • In Zukunft sollen Selbstständige auch zwölf Monate nach Ablauf der Frist die Möglichkeit haben, unter Vorlage des Steuerbescheids eine einkommensentsprechende Neufestsetzung ihres monatlichen Kassenbeitrags zu beantragen. Grundsätzlich gilt: Wurde vom Finanzamt kein Einkommenssteuerbescheid ausgestellt, darf der Höchstbetrag nicht gefordert werden.

Wenn Sie Schwierigkeiten mit Ihrer Krankenkassenbeitragsberechnung haben, stehe ich Ihnen zur Seite. Die aktuellen gesetzlichen Änderungen ermöglichen es, auch nach Ablauf der Dreijahresfrist nachträglich eingereichte Einkommensnachweise zu berücksichtigen und eine rückwirkende Neufestsetzung der Beiträge für die Jahre 2018 und 2019 vorzunehmen. Zögern Sie nicht, sich bei Problemen an mich zu wenden, um Ihre Rechte zu wahren und eine einkommensentsprechende Neuberechnung Ihres monatlichen Kassenbeitrags zu beantragen.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwältin Marianne Schörnig

Beiträge zum Thema