Kreditfinanzierte Renten- und Lebensversicherungen mit hohem Risiko – Britische Versicherung verurteilt

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Mit Urteil vom 19.11.2010 (Az. 7 U 1358/09) hat das Oberlandesgericht Dresden die britische Versicherungsgesellschaft Clerical Medical zu Schadensersatz im Zusammenhang mit einer darlehensfinanzierten Lebensversicherung verurteilt.

Die Klägerin hatte auf Anraten eines Vermittlers eine Lebensversicherung bei der englischen Lebensversicherungsgesellschaft abgeschlossen. Nach Angaben des Vermittlers sollte sie für deren Finanzierung ein zinsgünstiges Darlehen aufnehmen und dieses in die britische Rentenversicherung einzahlen. Angeblich sollte die Rendite aus der Lebensversicherung für die Bedienung des Kredites ausreichen, so dass sich der Darlehensvertrag von selbst trage und die Klägerin sogar noch einen Überschuss erzielen würde. Mit diesem Überschuss wiederum könne sie das Darlehen am Ende der Laufzeit tilgen, anschließend habe sie eine lebenslange Rente - ohne hierfür letztlich zu gezahlt zu haben.

Ein plausibles Modell?

Das fanden die Dresdner Richter nicht: Sie kamen zu dem Schluss, dass eine fehlerhafte Anlageberatung vorläge, da es sich um ein hoch spekulatives Geschäft mit enormen Verlustrisiken handelte, die der Anlageberater der Klägerin verschwiegen hatte. So habe der Anlagevermittler die wesentlichen Umstände des Vertrages unzureichend dargestellt, da es sich bei den in den Antrag aufgenommenen Auszahlungsbeträgen - anders als in den Versicherungsbedingungen vorgesehen - um feste Zahlungszusagen von Clerical Medical handelt. Die insoweit bei der Klägerin bestehende Fehlvorstellung habe der Vermittler noch gestärkt, indem er die Auszahlungsbeträge an den Darlehensraten orientiert und mehrfach gegenüber der Klägerin erklärt habe, dass damit - was letztlich unzutreffend war - ein Risiko bezogen auf die darlehensfinanzierte Lebensversicherung nicht bestünde.

Das Oberlandesgericht stellte in den Urteilsgründen fest, dass sich Clerical Medical das Verhalten des Vermittlers gemäß § 278 BGB zurechnen lassen müsse und verurteilte die britische Lebensversicherungsgesellschaft dazu, die Klägerin von den Verbindlichkeiten bei der finanzierenden Bank freizustellen. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig, die Revision zum Bundesgerichtshof wurde zugelassen.

Das Urteil könnte allerdings bereits jetzt weitreichende Folgen haben: So haben viele Banken, darunter auch die Deutsche Apotheker- und Ärztebank, derartige Modelle beworben und vermittelt. Bei einer fehlerhaften Beratung könnten sich diese schadensersatzpflichtig gemacht haben.

Viele dieser Modelle entwickelten sich nicht so, wie es bei der Beratung vorhergesagt wurde, so dass der Kunde die laufenden Kreditzinsen aus eigenen Mitteln bedienen muss. Aufgrund der weit hinter den Erwartungen zurückbleibenden Wertentwicklung der Renten- und Lebensversicherungen ist bereits jetzt zu befürchten, dass die Rückführung der Kredite entgegen der Zusicherungen der Berater aus den Überschüssen nicht möglich sein wird. Statt eine zusätzliche Altersvorsorge zu schaffen, werden hier möglicherweise bestehende Altersvorsorgen vernichtet und in die Darlehenstilgung fließen müssen.

Betroffene sollten - auch im Hinblick auf mögliche Verjährungsprobleme - anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen und ihre etwaigen Ansprüche prüfen lassen, gegebenenfalls kann der betroffene Kunde eine Rückabwicklung oder zumindest eine Freistellung von den laufenden Darlehensraten verlangen.

Rechtsanwältin Olivia Holik

Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht

Rechtsanwaltkanzlei Holik


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