Kündigung wegen Kirchenaustritt: Neue Vorlage an den EuGH

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Einleitung

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mit der EuGH-Vorlage 2 AZR 196/22 (A) vom 1. Februar 2024 einen bedeutenden Fall zur Vorabentscheidung an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) weitergeleitet. Dieser Fall betrifft eine zentrale Frage im Arbeitsrecht: Ist eine Kündigung aufgrund des Kirchenaustritts eines Mitarbeiters vereinbar mit den Grundsätzen der Gleichbehandlung in der Beschäftigung und dem Unionsrecht?


Kern des Falles

Im Kern dreht sich der Fall um die Kündigung eines Mitarbeiters durch einen kirchlichen Arbeitgeber nach dessen Kirchenaustritt. Das BAG möchte vom EuGH wissen, ob eine solche Kündigung mit der Richtlinie 2000/78/EG und den Grundsätzen der Gleichbehandlung und der Religionsfreiheit im Einklang steht.


Bedeutung für das Arbeitsrecht und kirchliche Arbeitgeber

Die Entscheidung des EuGH wird weitreichende Folgen für die Anwendung von Gleichbehandlungsnormen und die Ausgestaltung von Arbeitsverhältnissen in kirchlichen Einrichtungen haben. Kirchliche Arbeitgeber müssen besonders darauf achten, dass ihre Anforderungen an die Loyalität und das Verhalten ihrer Mitarbeiter sowohl mit dem nationalen als auch mit dem Unionsrecht übereinstimmen.


Auswirkungen für Arbeitnehmer

Für Arbeitnehmer in kirchlichen Einrichtungen ist es entscheidend, ihre Rechte zu kennen, insbesondere in Bezug auf Religionsfreiheit und Gleichbehandlung. Dieser Fall verdeutlicht die Bedeutung des Unionsrechts im Arbeitsleben und unterstreicht die Wichtigkeit, sich über die Rechte und Pflichten im Arbeitsverhältnis bewusst zu sein.


Zu diskutierende Argumente:


Grundrecht auf Religionsfreiheit

Das Grundrecht auf Religionsfreiheit schließt die Freiheit ein, einer Religion nicht anzugehören. Ein Arbeitnehmer, der aus einer Kirche austritt, übt dieses Grundrecht aus. Dieses Recht wird sowohl durch das Grundgesetz als auch durch europäische Menschenrechtsnormen, wie die Charta der Grundrechte der EU, geschützt.


Diskriminierung aufgrund der Religion

Eine Kündigung aufgrund eines Kirchenaustritts könnte als Diskriminierung aufgrund der Religion angesehen werden. Nach EU-Recht ist eine solche Diskriminierung in der Regel unzulässig, es sei denn, es liegt eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung vor, was bei einem Kirchenaustritt nicht zwangsläufig gegeben ist.


Autonomie des Individuums

Die Entscheidung über die Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft ist eine sehr persönliche und sollte der Autonomie des Einzelnen überlassen bleiben. Ein Arbeitsverhältnis sollte nicht davon abhängig gemacht werden, ob ein Arbeitnehmer bestimmten religiösen Glaubenspraktiken nachgeht oder einer bestimmten Glaubensgemeinschaft angehört.


Verhältnismäßigkeit der Maßnahme

Auch wenn kirchliche Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse daran haben können, dass ihre Mitarbeiter gewisse religiöse Grundsätze beachten, muss eine Kündigung wegen Kirchenaustritts verhältnismäßig sein. Hierbei ist zu prüfen, ob mildere Mittel (z. B. ein Gespräch oder eine Abmahnung) ausreichend gewesen wären, bevor zu einer so gravierenden Maßnahme wie einer Kündigung gegriffen wird.


Öffentlichkeitswirksame Handlungen versus private Entscheidungen

Eine Differenzierung zwischen einem loyalen Verhalten im Sinne des Ethos der Kirche und einem loyalen Verhalten gegenüber dem Arbeitgeber kann relevant sein. Ein Kirchenaustritt, der lediglich eine private Entscheidung darstellt, sollte nicht automatisch als illoyales Verhalten gegenüber dem Arbeitgeber gewertet werden.


Fazit und Empfehlung

Die Vorlage und die anstehende Entscheidung des EuGH werden die Landschaft des Arbeitsrechts, insbesondere im Kontext kirchlicher Arbeitsverhältnisse, maßgeblich beeinflussen. Sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer sollten in solchen Fällen kompetenten Rechtsrat einholen, um ihre Interessen und Rechte effektiv zu wahren.


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