Kündigungsschutz für insolvente Wohnungsmieter entfällt

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BGH hebt Kündigungsschutz für Wohnungsmieter im Falle von Zahlungsverzug nach „Freigabe“ durch den Insolvenzverwalter faktisch auf

BGH-Urteil v. 17.06.2015, NZI 2015 Heft 14 S. VIII)

Entgegen der bislang herrschenden Meinung vertritt der BGH neuerdings die Auffassung, die seitens des Insolvenzverwalters abgegebene „Enthaftungserklärung“ nach § 109 Abs. 1 S. 2 InsO würde im Falle von Zahlungsverzug zugleich die Kündigungssperrvorschrift des § 112 Nr. 1 InsO aushebeln und damit dem Vermieter die außerordentliche, fristlose Kündigung gem. § 543 Nr. 3 lit.b BGB ermöglichen, gestützt auf Mietrückstände, die lange vor der Insolvenz bereits fällig gewesen sind. Denn die Regelung in § 109 Inso bezwecke allein den Schutz der Insolvenzmasse und einer möglichen Fortführung des Schuldnerunternehmens, keinesfalls jedoch den Schutz des Wohnungsmieters vor Obdachlosigkeit und Verelendung.

Außerdem könne der Schuldner durch Zahlung der Mietrückstände aus seinem unpfändbaren Einkommen (!) oder durch Dritte (auch öffentlicher Stellen) gemäß § 569 III Nr. 2 S. 1 BGB die drohenden Kündigungsfolgen abwenden. Insoweit läge keine Gläubigerbegünstigung vor.

Anmerkung: Sollte sich diese Fehlentscheidung des BGH verfestigen, muss der Gesetzgeber dringend für Abhilfe schaffen. Denn die Wohnung steht nicht nur verfassungsrechtlich unterbesonderem Schutz sondern ist häufig für insolvente Menschen auch der letzte „Zufluchtsort“ zur Wiedererlangung von Zuversicht, Stärke und Hoffnung, alles unverzichtbare Voraussetzungen für das Gelingen eines Insolvenzverfahrens. Dies hat der BGH offensichtlich übersehen bzw. falsch interpretiert, indem er die durch nichts gerechtfertigten Behauptung aufstellt, die §§ 109, 122 InsO dienten nicht (auch) dem Schutz des insolventen Wohnungsmieters.



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