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Der mietrechtliche Covid-19-Kündigungsschutz

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Die Corona-Krise hat das Wirtschaftsleben fest im Griff. Damit die teilweise erheblichen Einnahmeausfälle nicht zum Verlust von Wohnungen und bei Kleinunternehmen ihrer Existenzgrundlagen führen, haben Bundestag und Bundesrat jetzt beschlossen, dass Vermieter ihren Mietern vorübergehend nicht mehr kündigen können, wenn jene ihre Miete oder Pacht aufgrund der aktuellen Situation nicht zahlen können.

Normalerweise fristlose Kündigung bei 2 ausstehenden Monatsmieten

Auch wenn bei Gewerbemietverträgen häufig im Vertrag spezielle Klauseln vereinbart werden, gilt nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nummer 3 BGB in „Normalzeiten“ grundsätzlich für alle Mietverträge ein außerordentliches Kündigungsrecht, sobald ein Mieter mit der Zahlung einer Summe in Höhe von zwei Monatsmieten im Verzug ist. Daneben besteht regelmäßig nach § 573 BGB noch ein „ordentliches“ Kündigungsrecht, wenn ein Mieter seine mietvertragliche Mietzahlungspflicht schuldhaft nicht unerheblich verletzt.

Erst einmal keine Kündigung wegen Mietschulden 

Nach der jetzt beschlossenen Regelung gelten diese Vorschriften nicht, wenn die Mietschulden im Zeitraum zwischen dem 1. April 2020 und dem 30. Juni 2020 entstanden sind. Möglicherweise vergrößert sich dieser Zeitraum jedoch noch.

Ebenfalls nicht ganz geklärt scheint der Fall, was passiert, wenn bereits vor dem 1. April 2020 Mietschulden aufgelaufen sind. Im Extremfall müssen Vermieter daher jetzt erst einmal davon ausgehen, dass sie durch die neuen Regelungen zunächst auf 4 Monatsmieten sitzen bleiben werden (wenn die Bundesregierung die Möglichkeit nicht nutzt, den Zeitraum des Moratoriums zu verlängern).

Ursachenzusammenhang zwischen Pandemie und finanziellem Engpass

Etwas vereinfacht wird in den Medien transportiert, man müsse nun erst einmal keine Miete zahlen. Das ist aus mehreren Gründen falsch. Zunächst muss ein Zusammenhang zwischen der aktuellen Krise und der Nichtzahlung der Miete bestehen. Also beispielsweise, wenn die Kunden oder die Gäste wegbleiben, Kurzarbeit eingeführt wird oder jemand durch die Pandemie arbeitslos wird.

Bloße Behauptung reicht nicht, aber auch kein lückenloser Nachweis

Dies muss laut dem Gesetz zur Abmilderung der Covid-19-Folgen vom Mieter „glaubhaft“ gemacht werden. Das ist ein wenig ungewöhnlich, denn auf handfeste Beweise wird im Zivilrecht eigentlich nur verzichtet, wenn sehr schnell entschieden werden muss und dann auch nur vorübergehend.

Was im Zusammenhang mit der jetzigen Situation unter dem Begriff der „Glaubhaftmachung“ zu verstehen ist, wird vielleicht erst im Laufe der nächsten Monate und Jahre abschließend geklärt werden. Bis dahin kann man Mietern nur raten, nicht vorschnell auf die Mietzahlung zu verzichten und Vermieter sollten sich den jeweiligen Sachverhalt genau anschauen.

Allgemein lässt sich sagen, dass der Zusammenhang zwischen Krise und Zahlungsschwierigkeiten „überwiegend wahrscheinlich“ erscheinen muss. Wenn sie die Miete nicht zahlen können, sollten Mieter deswegen vorsorglich die eigene finanzielle Situation genau dokumentieren. Beispielsweise mit Kontoauszügen, Bescheinigungen und Antrags- sowie Bescheidkopien über staatliche Hilfen.

Zahlungsverpflichtung bleibt bestehen – und kann teuer werden!

Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Die Miete wird den Mietern keineswegs erlassen. Es handelt sich auch um keine Stundung! Es handelt sich lediglich um ein temporäres Leistungsverweigerungsrecht und es geht wirklich einzig und allein darum, dass man wegen kurzfristiger Zahlungsschwierigkeiten nicht gekündigt werden kann. Und das auch nur, wenn man den fehlenden Betrag bis zum 30. Juni 2022 vollständig ausgeglichen hat.

Fällig bleibt die Miete aber ganz normal, in den meisten Fällen zum dritten Werktag eines jeden Monats. Das bedeutet, dass ab dem vierten Werktag Verzugszinsen fällig werden (5 Prozentpunkte über dem jeweils gültigen Basiszinssatz). Auch wenn Vermieter ihren Mietern jetzt gezwungenermaßen quasi einen Kredit gewähren, wird dieser also verhältnismäßig ordentlich verzinst.

Vermieter könnten die Mietzahlungen auch einklagen. In diesem Fall würden Mietern zusätzliche Belastungen durch Gerichts- und Anwaltskosten drohen.

Anwaltstipp: Beraten lassen statt überstürzte Schritte

Schon allein wegen der Verzinsung der nicht gezahlten Mieten, sollten es sich Mieter gut überlegen, ob sie die Mietzahlungen in den nächsten Monaten tatsächlich aussetzen wollen. Wenn es nicht anders geht, sollte man sich als Mieter im Rahmen einer kostengünstigen anwaltlichen Erstberatung vorsichtshalber über die individuelle rechtliche Ausgangslage informieren und sich Ratschläge für das weitere Vorgehen abholen. Wer sich über seine eigene rechtliche Situation im Klaren ist, kann dann viel besser auf den eigenen Vermieter zugehen und ohne kostenintensive weitere Konflikte eine Lösung herbeiführen.

Für Vermieter ist eine rechtlich fundierte Analyse des konkreten Sachverhalts dann sinnvoll, wenn sie sich nicht damit abfinden wollen, dass sie zumindest vorübergehend auf Mieteinnahmen für bis zu 7 Monate verzichten müssen. Vor einer Konfrontation mit Mietern sollte auf jeden Fall abgeklärt werden, welche Erfolgsaussichten für ein weiteres Vorgegen bestehen.

Dieser Beitrag dient der allgemeinen Information und entspricht dem Kenntnisstand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung. Wenn Sie zu diesem Thema eine Frage haben oder eine Beratung wünschen, können Sie sich gerne an die Kanzlei Alsterland und Rechtsanwalt Jörn Blank wenden. Rufen Sie einfach an oder melden sich per E-Mail. Beachten Sie bitte, dass zwar weder die Kontaktaufnahme noch allgemeine Vorfragen mit Kosten verbunden sind – aber die eigentliche Beratungstätigkeit schon.



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