Kundenanlage oder Verteilernetz – eine unternehmerische Selbsteinschätzung mit weitreichenden Folgen

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Viele Unternehmen betreiben mit der Energieinfrastruktur an ihren Werks- und Produktionsstandorten selbst ein Netz und versorgen so die dort angesiedelten Fremdabnehmer mit Strom. Die meisten dieser Standorte werden aufgrund einer Selbsteinschätzung der Unternehmen als sogenannte Kundenanlage zur betrieblichen Eigenversorgung nach dem EnWG geführt. Für die Unternehmen ist der Betrieb einer Kundenanlage mit vielen Vorteilen verbunden, da diese nahezu keinen energiewirtschaftlichen Regularien unterliegen.

Diese frühere – bewusste oder unbewusste – Einstufung als Kundenanlage bedarf jedoch aufgrund wichtiger Änderungen der Rechtslage, ausgelöst vor allen durch den aktuellen behördlichen Fokus auf die rechtskonforme Abgrenzung von Eigenverbrauch und Drittverbrauch, einer Überprüfung. So haben auch die Hauptzollämter aufgrund ihrer Antragsformulare 1422 und 1422a bei Ihren Außenprüfungen einen Prüfungsschwerpunkt auf die rechtlich zutreffende Einstufung als Kundenanlage gelegt.

Vorliegen einer Kundenanlage

Damit von einer Kundenanlage auszugehen ist, wird im Hinblick auf die Eigenversorgung gefordert, dass die innerhalb des Netzes abgegebene Strommengen nahezu ausschließlich der Eigenversorgung dienen. Bei einer nicht lediglich unwesentlichen Drittbelieferung liegt nach einhelliger Meinung der zuständigen Behörden keine Kundenanlage mehr vor. Auch die Erhebung von (versteckten) Netzentgelten steht der Einordnung als Kundenanlage entgegen.  

Offenes oder geschlossenes Verteilernetz

Sollte das Betriebsnetz nicht mehr die Voraussetzungen einer Kundenanlage erfüllen, würde es automatisch ein Energieversorgungsnetz der allgemeinen Versorgung darstellen. Diese unterliegen vollständig dem weitreichenden Regulierungsgeflecht des EnWG. Damit geht ein nicht unerheblicher Kosten- und Verwaltungsaufwand für den Betreiber des Netzes einher. Die Bewertung des Betriebsnetzes hin zur Kundenanlagen hat somit weitreichende Konsequenzen und sollte daher sorgfältig geprüft werden.

Allerdings hält das EnWG für die Unternehmen, die ein „geschlossenes“ Netz betreiben, eine regulatorische Vereinfachung bereit, das sog. geschlossene Verteilernetz. Geschlossene Verteilernetze sind von den regulierungsrechtlichen Vorgaben des EnWG nur in eingeschränktem Maße betroffen. Aber auch die Einordnung des Werksnetzes als geschlossenes Verteilernetz unterliegt bestimmten Voraussetzungen und wird nur auf Antrag durch die zuständige Regulierungsbehörde gewährt.  

Risiko einer fehlerhaften Selbsteinschätzung

Sollte die Selbsteinschätzung des Betriebsnetzes als Kundenlage unzutreffend vorgenommen worden sein, setzt sich das Unternehmen den Sanktionsmaßnahmen der Netzregulierungsbehörde aus, die dann tätig wird, wenn der Netzbetreiber nicht den regulatorischen Anforderungen des EnWG gerecht wird. So kann der nicht genehmigte Netzbetrieb mit empfindlichen Bußgeldern bis zu EUR 100.000,00 sanktioniert werden.

Unterstützung durch Ihre Rechtsanwälte für Energierecht

Unternehmen sind bei der Einschätzung, ob es sich bei ihrem Betriebsnetz um eine Kundenanlage handelt oder ein Antrag auf Einstufung als geschlossenes Verteilernetz sinnvoll ist, weitgehend auf sich allein gestellt. Denn insbesondere bei der Qualifikation einer Kundenanlage fehlt es an einem Überprüfungsregime durch die Behörden, welches Rechtssicherheit vermitteln könnte. Dennoch sollten Unternehmen, die als geschlossenes Verteilernetz eingestuft werden, diese Möglichkeit für Anträge nach dem EEG oder der Stromsteuer und Konzessionsabgabe bewusst und zielorientiert für ihr Unternehmen nutzen.

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