Kurzarbeit und betriebsbedingte Kündigung – ist das möglich ?

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Während der Corona-Krise haben viele Unternehmen und Betriebe in Deutschland Kurzarbeit beantragt. Damit konnte dem Momentum der plötzlichen Krise mit staatlicher Hilfe entgegengewirkt werden, ohne aber den Mitarbeiterstamm durch Kündigungen endgültig zu verlieren. Insoweit hat sich die Kurzarbeit zu Recht als wirksames Instrument gegen massenhafte Entlassungen erwiesen. Auch aktuell ist angesichts der vielen Krisen (Energiekrise, Inflation etc.) zu erwarten, dass die Bundesregierung die derzeit noch bestehenden Möglichkeiten zur Bewilligung von Kurzarbeitergeld verlängert oder neue Programme auflegt.

Arbeitsrechtlich sind mit der Bewilligung von Kurzarbeit ebenfalls wichtige Fragen verbunden, allen voran diejenige, ob während der Kurzarbeitszeitphase Kündigungen von Mitarbeitern zulässig sind.

Um es vorweg zu nehmen, auch während der Kurzarbeitszeit sind Kündigungen möglich. Das gilt namentlich für die personen- wie auch für die verhaltensbedingte Kündigung. Hinsichtlich einer betriebsbedingten Kündigung ist die Sachlage zu differenzieren. Allein die Bewilligung von Kurzarbeit schließt nicht per se eine betriebsbedingte Kündigung aus. Allerdings sind häufig die Gründe, die zur Bewilligung der Kurzarbeit führen, nicht geeignet, nachfolgend betriebsbedingte Kündigungen auszusprechen. Denn der Antrag auf Bewilligung von Kurzarbeitergeld setzt stets voraus, dass der Arbeitgeber einen nur vorübergehenden Arbeitsausfall geltend macht.  Demgegenüber erfordert die betriebsbedingte Kündigung eines Arbeitnehmers - neben den weiteren Voraussetzungen - stets die Darlegung des Arbeitgebers, dass der Arbeitsplatz dauerhaft weggefallen ist.

Es wäre daher ein Widerspruch, wenn der Arbeitgeber Kurzarbeit mit dem Hinweis auf einen vorübergehenden Ausfall von Arbeit begründet, gleichzeitig aber betriebsbedingte Kündigungen mit dem Hinweis auf einen dauerhaften Wegfall von Arbeitsplätzen ausspricht. Hier ist Vorsicht geboten. Die wirtschaftliche Situation eines Betriebs, die die Beantragung von Kurzarbeit erfordert, begründet regelmäßig gerade nicht die Umstände für eine betriebsbedingte Kündigung. Will der Arbeitgeber während einer Kurzarbeitsphase also betriebsbedingte Kündigungen aussprechen, müssen nach der Prognose des Arbeitgebers neue oder andere Umstände hinzutreten, die einen dauerhaften Wegfall des gekündigten Arbeitsplatzes rechtfertigen können. Das ist denklogisch und auch arbeitsrechtlich nicht ausgeschlossen, erfordert aber auf Seiten des Arbeitgebers eine aktualisierte Unternehmerentscheidung, die eine verschlechterte Prognose beinhaltet und den Abbau von Arbeitsplätzen aufgrund der Neubeurteilung rechtfertigt. Das Landesarbeitsgericht München hatte dies 2021 bereits so geurteilt. In dem Verfahren ging es um betriebsbedingte Kündigungen für einige Mitarbeiter einer vergleichbaren Gruppe, während für die anderen Mitarbeiter dieser Gruppe „nur“ Kurzarbeit eigeführt wurde. Das Gericht urteilte richtigerweise, dass der Arbeitgeber im Streitfall offenbar von einem nur vorübergehenden Arbeitsausfall ausging oder anderenfalls hätte nachweisen müssen, weshalb er für die gekündigten Mitarbeiter einen dauerhaften Wegfall des Arbeitsplatzes prognostiziert hat und für die in Kurzarbeit befindlichen Mitarbeiter dagegen nur einen vorübergehenden Arbeitsausfall, vgl. zum Ganzen Landesarbeitsgericht München, Urteil vom 05.05.2021, 5 Sa 938/20.

Im arbeitsgerichtlichen Verfahren werden an betriebsbedingte Kündigungen ohnehin sehr hohe Anforderungen gestellt, weshalb solche Verfahren häufig positiv für den Arbeitnehmer enden. Im hier beschriebenen Fall des Zusammentreffens von Kurzarbeit und betriebsbedingten Kündigungen sind die Anforderungen nochmals erheblich höher. Wir empfehlen daher, stets gegen betriebsbedingte Kündigungen innerhalb der 3-Wochen-Frist des § 4 Absatz (1) KSchG geeignete Rechtsschutzmaßnahmen zu ergreifen. Nur im arbeitsgerichtlichen Verfahren lässt sich vollinhaltlich überprüfen, ob tatsächlich betriebsbedingte Gründe für die Kündigung vorliegen oder solche nur als Vorwand für eine gewollte Beendigung des Arbeitsverhältnisses benutzt werden.


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