Ladung zur Beschuldigtenvernehmung: Was nun?

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Sie haben eine Ladung als Beschuldigter erhalten? Sie fragen sich, was kann, was soll ich tun?

Oftmals ist eine Ladung der Polizei zur Beschuldigtenvernehmung der erste Berührungspunkt mit der Justizbehörde, das Strafverfahren wird dem Beschuldigten gewissermaßen bekannt gegeben. Mandanten kommen meist mit einem solchen Schreiben zur Erstberatung zu mir und wissen nicht wie sie reagieren sollen. In solchen Momenten ist es wichtig, besonnen zu handeln und die richtigen Schritte einzuleiten.

Mein erster und vielleicht wichtigster Tipp ist der, von seinem Recht zu Schweigen Gebrauch zu machen. Eine Ladung zur Beschuldigtenvernehmung bedeutet auf keinen Fall, dass Sie verpflichtet sind, bei der Polizei eine Aussage zu machen. Im Strafverfahren gilt der Grundsatz, dass niemand gegen sich selbst auszusagen braucht.


Müssen Sie zum geladenen Termin erscheinen?

Dies hängt zunächst davon ab, von welcher Behörde die Ladung kommt. Wurden Sie von der Polizei geladen? Grundsätzlich sind Sie hier weder verpflichtet, als Beschuldigter eine Aussage zu machen, noch überhaupt zu diesem Termin zu erscheinen.

Hat die Staatsanwaltschaft die Ladung versandt, sind Sie zumindest verpflichtet zum Termin zu erscheinen, ansonsten können Sie von der Polizei vorgeführt werden, vgl. § 163a StPO.

Natürlich dürfen Sie auch im Fall der Ladung durch die Staatsanwaltschaft von Ihrem Recht zu Schweigen Gebrauch machen.


Macht es denn keinen Sinn, sich in einer Beschuldigtenvernehmung zu verteidigen?

Ich rate Ihnen dringend davon ab, alleine und ohne vorherige Akteneinsicht zu einer Beschuldigtenvernehmung zu erscheinen bzw. überhaupt eine Aussage bei der Polizei zu machen.

Bitte vergessen Sie nie: Die Polizei hat die Ermittlungsakte bei der Vernehmung vor sich, Sie nicht. Ein klarer Vorteil für die Beamten.

Ohne vorherige Akteneinsicht kann die Wirkung einer Aussage weder eingeschätzt, noch beurteilt werden.

Ebenfalls wichtig: Nicht die Polizei, sondern die Staatsanwaltschaft entscheidet über den weiteren Verlauf eines Ermittlungsverfahrens.


Sollten Sie Ihr Recht auf einen anwaltlichen Beistand ausüben?

 Es ist entscheidend, dass Mandanten einen Strafverteidiger konsultieren, bevor sie zur Vernehmung gehen. Ein erfahrener Anwalt kann Sie über Ihre Rechte informieren und Sie während des gesamten Verfahrens begleiten. Ein Anwalt kann Sie auf mögliche Fallstricke hinweisen, Ihre Interessen schützen und sicherstellen, dass Ihre Aussagen nicht gegen sie verwendet werden.

Sie sollten also in jedem Fall Ihr Recht auf einen anwaltlichen Beistand ausüben, um Nachteile für Ihre Verteidigung zu vermeiden. Es ist auch möglich, dass Sie sich nicht selbst zur Sache äußern müssen. Sie können auch Ihren Verteidiger für sich Erklärungen abgeben lassen, dies kann beispielsweise im Rahmen einer schriftlichen Stellungnahme gegenüber der Staatsanwaltschaft geschehen.


Sollten Sie spontane Zugeständnisse machen? Was passiert, wenn Sie eines gemacht habe, kann es widerrufen werden?

Während der Vernehmung können Ermittler Druck ausüben, um Geständnisse zu erlangen. Sie sollten niemals spontane Zugeständnisse machen oder sich unter Druck setzen lassen. Ein Geständnis kann schwerwiegende Folgen haben und Ihre Position im Strafverfahren erheblich schwächen. Es ist wichtig, ruhig zu bleiben und darauf zu bestehen, dass alle Aussagen mit dem Anwalt besprochen werden.

Nicht selten wird ein spontanes Geständnis später widerrufen. Es wird dann geltend gemacht, es habe sich um ein Falschgeständnis gehandelt. Ein solcher Widerruf könnte jedoch das Misstrauen der Ermittlungspersonen und der Staatsanwaltschaft wecken. Es wird unter Umständen behauptet, bei dem Widerruf handele sich lediglich um eine Schutzbehauptung.

Des Weiteren hat ein Widerruf nicht unbedingt die gewünschte Wirkung. So kann die frühere Aussage des Beschuldigten noch immer über den Vernehmungsbeamten oder durch Verlesung des Protokolls der Vernehmung in das Verfahren eingeführt werden.

Sie sollten daher unter keinen Umständen ein spontanes Zugeständnis machen.


Wie wird die Vernehmung dokumentiert?

Sie sollten den Verlauf der Vernehmung genau dokumentieren. Notizen über die gestellten Fragen, Ihre eigenen Antworten und mögliche Verstöße gegen Ihre Rechte können später von Bedeutung sein. Diese Informationen können dem Anwalt helfen, eventuelle Verfahrensfehler oder unrechtmäßige Praktiken aufzuzeigen und angemessen darauf zu reagieren.

Vernehmungen werden seitens der Ermittlungspersonen ebenfalls dokumentiert und in die Ermittlungsakte geordnet. Durch die eigene Dokumentation kann der Strafverteidiger dann bei der Einsicht in die Ermittlungsakte erkennen, ob die Ermittlungspersonen die Vernehmung korrekt dokumentiert haben.


Sollten Sie mit einem Strafverteidiger zusammenarbeiten?

Eine enge Zusammenarbeit mit dem Strafverteidiger ist von großer Bedeutung.

Ihr Strafverteidiger wird zunächst und insbesondere Einsicht in die Ermittlungsakte beantragen. Er kann dann die vom Mandanten zur Verfügung gestellten Informationen mit den Ermittlungsergebnissen der Staatsanwaltschaft vergleichen. Auf der Basis dieses Vergleichs lassen sich die kommenden Chancen und Risiken abwägen. Zugleich kann er Beweise vorbringen und ermittelte Tatsachen ggfs. richtigstellen.

Nur durch eine enge Zusammenarbeit mit Ihnen persönlich ist es Ihrem Strafverteidiger möglich, eine fundierte Verteidigungsstrategie zu entwickeln und Sie angemessen vertreten zu können.


Fazit

Die Ladung zur Beschuldigtenvernehmung kann eine beängstigende Situation sein, aber mit der richtigen Vorbereitung und einem erfahrenen Strafverteidiger an Ihrer Seite können Sie Ihre Rechte wahren und eine starke Verteidigung aufbauen. Schweigen, die Ausübung des Rechts auf einen Anwalt und eine enge Zusammenarbeit mit diesem ermöglichen die Chance auf einen für Sie bestmöglichen Ausgang des Verfahrens.



Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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