Landgericht Stuttgart - unwirksam ausgeübtes Sonderkündigungsrecht beim Stromlieferungsvertrag

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Unwirksame Sonderkündigung

Mit Urteil vom 15.02.2024 bestätigte das Landgericht Stuttgart unsere Rechtsauffassung, dass eine Sonderkündigung nach § 41 Abs. 5 Satz 4 Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) spätestens bis zum Wirksamwerden der Preiserhöhung erfolgen muss, um wirksam zu sein. 

Besonderheit des Verfahrens

Der Kunde unserer Mandantin - ein Berliner Energieversorgungsunternehmen - hatte nach einer Erhöhung des Strompreises die Sonderkündigung erklärt. Eine solche Kündigung ist nach nach § 41 Abs. 5 Satz 4 Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) bis zum Wirksamwerden der Preiserhöhung möglich. Die Besonderheit des Falles lag darin, dass der vertraglich vereinbarte Lieferbeginn des Kunden mit Strom in etwa 3 Monate nach dem vom Energieversorger mitgeteilten Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Preiserhöhung lag. Der Kunde war daher der Meinung, dass die Preiserhöhung für ihn erst im Zeitpunkt des Lieferbeginns Wirkung entfalte und er auch bis zu diesem Zeitpunkt von seinem Sonderkündigungsrecht wirksam Gebrauch machen könne. 

Das Urteil

Das Landgericht Stuttgart war anderer Ansicht und wies die Klage des Stromkunden auf Feststellung der Wirksamkeit seiner Kündigungserklärung mit Urteil vom 15.02.2024, Az. 51 O 157/23, ab.

Die Rechtsauffassung des Landgerichts Stuttgart ist zutreffend. Der Umstand, dass die Belieferung mit Strom erst nach dem Wirksamwerden der Preiserhöhung beginnt, kann für das Kündigungsrecht keine Rolle spielen. Das Landgericht Stuttgart führt dazu wie folgt aus: 

"Würde man das Wirksamwerden einer Vertragsänderung oder gar eines Vertrages auf den Beginn des Leistungsaustausches hinausschieben, würde dies für beide Vertragsparteien in der Schwebezeit eine erhebliche Rechtsunsicherheit mit sich bringen. Eine solche Auffassung wäre bereits dogmatisch verfehlt. Überdies soll ein solcher Schwebezustand auch dadurch verhindert werden, dass die Kündigung ausweislich des Gesetzeswortlauts zum Zeitpunkt der Wirksamwerdens der Preisänderung erfolgen muss. Bereits aus logischen Gesichtspunkten ergäbe eine Kündigungsmöglichkeit nach diesem Zeitpunkt keinen Sinn. Bereits zur Vorgängervorschrift, die diesen Zeitpunkt noch nicht definiert hatte, hatte der BGH (Urteil vom 9.12.2015 – VIII ZR 349/14 -, NJW 2016,2101, 2102 Rn. 13 ff.) ... entschieden, dass die außerordentliche fristlose Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses aus wichtigem Grund innerhalb einer angemessenen Zeit seit Kenntnis von dem Kündigungsgrund erklärt werden müsse."

LG Stuttgart, Urteil vom 15.02.2024, Az. 51 O 157/23: Link zum Urteil

Foto(s): unsplash.com (Karsten Würth)

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