Legionellen in der Wohnungseigentümergemeinschaft

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Legionellen! Wer ist verantwortlich? Wer muss bezahlen? Wer haftet? Ein kleiner Überblick für Verwalter, Beiräte und Sondereigentümer.

Das Thema Legionellen bestimmt seit einiger Zeit intensiv die Geschehnisse innerhalb der Eigentümergemeinschaft. Dabei stellen sich sehr viele Fragen für den Verwalter als auch für die Sondereigentümer. Wie richtig mit dem Thema umgegangen werden muss, wer dafür verantwortlich ist und wer letztendlich auch die Kosten für entsprechende Maßnahmen tragen muss, ist oft nicht bekannt.

1. Was sind Legionellen?

In aller Kürze: Legionellen sind Bakterien im Grundwasser, die sich bei ca. 25 – 55 °C vermehren können und ab ca. 60 °C absterben. Ein sehr prominentes Beispiel bietet dabei die Playboy Manison in L.A., USA. Dort wurden in einem Whirlpool Legionellen entdeckt. Es erkrankten ca. 80 Personen. (Quelle: inet/Wikipedia)

Legionellen können Legionellose auslösen. Es kann nach Bakterienbefall zu einer Lungenentzündung, zu Entzündungen der Wund- und Herzinnenhaut und zur Nierenbeckenentzündung kommen (ohne Anspruch auf Vollständigkeit oder medizinisch zutreffende Beurteilung).

2. Wer ist für das Wasser in der WEG verantwortlich?

An dieser Stelle hilft die TrinkwV (Trinkwasserverordnung) Abschnitt 4 weiter. Auch hier steht kurz: „Verantwortlich ist der Unternehmer und sonstiger Inhaber der Wasserversorgungsanlage.“

Was gilt nun für die Wohnungseigentümergemeinschaft?

Zunächst ist die technische Wasserversorgung innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft als Anlagentyp nach § 3 Nr. 2e TrinkwV „Ständige Wasserverteilung“ zu klassifizieren. Die Wasserversorgungsanlage steht zwingend im Gemeinschaftseigentum. Hieraus ergibt sich, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft als „sonstige Inhaber“ nach der TrinkwV zu bezeichnen ist.

Die Untersuchungspflicht ist ausgelöst bei Erfüllung der folgenden, hier einschlägigen Voraussetzungen des § 14 III TrinkwV:

  • Die Wasserabgabe erfolgt gewerblich oder im Rahmen einer öffentlichen Tätigkeit.
  • Es handelt sich um eine Großanlage zur Wassererwärmung mit mehr als 400l Kapazität, u.a. 
  • die Anlage wird zur Vernebelung des Trinkwassers gebraucht; Beispiel: Dusche!

Auf den ersten Blick erkennt man, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft selbst in der herkömmlichen Wohnsituation weder eine gewerbliche noch öffentliche Tätigkeit ausübt. Jedoch stellt die Vermietung nach § 3 I Nr. 10 TrinkwV eine gewerbliche Tätigkeit dar. 

Nun könnte man darauf kommen, dass allenfalls die Sondereigentümer als Vermieter auftreten und damit nur diese unter die Einstufung der gewerblichen Tätigkeit hinsichtlich der TrinkwV fallen und gerade nicht die Wohnungseigentümergemeinschaft, die in der Regel nicht Vermieter ist. 

Über die Frage, wer nun Adressat der Trinkwasserverordnung sein soll, hilft der Bundesgerichtshof als auch der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen einer einheitlichen Rechtsprechung hinweg. Beide gehen davon aus, dass die Vorschriften innerhalb der Trinkwasserverordnung dem Gesundheitsschutz und der effektiven Gefahrenabwehr dienen. Dies sei nicht gewährleistet, insoweit nur einzelne Sondereigentümer als Vermieter und damit gewerbliche Anbieter der Trinkwasseranlage als Verpflichtete der Vorschriften der TrinkwV gelten. Da nicht feststeht, dass in allen Wohnungseigentümergemeinschaften auch alle Sondereigentumseinheiten vermietet sind, sind in der Regel nur einzelne Sondereigentümer betroffen. Es ist vor diesem Hintergrund nicht billig, als auch wenig effektiv, diesen einzelnen Sondereigentümern die Prüfpflicht als auch die Kosten der notwendigen Maßnahmen für die Wasserversorgungsanlage, welche bekanntlich zwingend im Gemeinschaftseigentum steht, aufzuerlegen. Insbesondere hätten die einzelnen Sondereigentümer selbst ohne Weiteres keine eigenen Befugnisse, Anlagenteile zu ändern und/oder umzubauen. Weiterhin müssten sich die einzelnen betroffenen Eigentümer wiederum im Innenverhältnis abstimmen, wer welche Maßnahmen auf welche Rechnung veranlasst und wie die Kosten zu verteilen sind. 

Der erfahrene Verwalter, Verwaltungsbeirat und auch Sondereigentümer weiß, dass dies kaum praktikabel und die Effektivität deshalb gleich null ist. Der Schutzzweck des Gesetzes wäre damit nicht mehr erreicht. Indes würden sich darüber hinaus viele weitere rechtliche Probleme anschließen. 

Vor diesem Hintergrund wird als Adressat und Verpflichtete der Trinkwasserverordnung die Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband angesehen.

Die Trinkwasserverordnung ist jedoch gerade dann nicht anzuwenden, wenn innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft jeder Sondereigentümer seine eigene Eigentumseinheit tatsächlich selbst nutzt, es sich also um eine vollständige eigene Nutzung handelt. Es empfiehlt sich jedoch nicht, sich hierauf zu verlassen, da schon eine (wenn auch unerkannte) Vermietung sämtliche Pflichten auslöst. Diese Ausnahme ist ohnehin in Bezug auf die Untersuchung des Trinkwassers innerhalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft umstritten. 

Im Schrifttum werden selbstverständlich auch andere Meinungen vertreten. Insbesondere, dass Adressat und Verpflichtete der Trinkwasserverordnung immer nur der vermietende Eigentümer sein kann. Nach der Meinung des Verfassers hat sich jedoch diese Ansicht bislang noch nicht durchgesetzt.

3. Wer trägt die Kosten der Prüfung, Wartung und der gegebenenfalls notwendigen Gegenmaßnahmen?

Da nun die Wohnungseigentümergemeinschaft als Adressat und Verpflichtete der Trinkwasserverordnung feststeht, stellt sich die Frage, ob es im Innenverhältnis eine Trennung gibt, sodass eine Umlage nur auf vermietende Sondereigentümer statthaft wäre.

Die Rechtsprechung geht auch in diesem Fall davon aus, dass eine Umlage allein auf die vermietenden Sondereigentümer nicht möglich ist. Die Umlage muss auf alle Eigentümer erfolgen, da die Vermietung der Sondereigentumseinheiten durch das Wohnungseigentumsgesetz und die Teilungserklärung eine zulässige Nutzung der jeweiligen Miteigentumseinheiten darstellt. (insoweit Amtsgericht Heiligenstadt, 2013)

Die Wartungs- und Betriebskosten können in diesem Zusammenhang auf Mieter umgelegt werden. Dabei ist strittig, ob dies nach § 2 Nr. 2 der Betriebskostenverordnung über die Kosten der Wasserversorgungsanlage erfolgen kann oder nach § 8 der Heizkostenverordnung. 

Jedoch können Umbaumaßnahmen, die von den reinen laufenden Betriebskosten zu unterscheiden sind, nicht umgelegt werden. Allenfalls kann eine Umlage im Wege einer Mieterhöhung erfolgen, wenn es sich um eine modernisierende Maßnahme handelt. Dieses Thema ist jedoch in einem anderen Artikel zu behandeln und ist im Einzelfall zu prüfen.

4. Pflichten der Wohnungseigentümergemeinschaft/des Verwalters 

Bei konkreter Kenntnis oder Anhaltspunkten für einen Befall von Legionellen muss eine unverzügliche Meldung erfolgen. Weiterhin müssen ohne weiteres Zögern alle erforderlichen Maßnahmen ergriffen werden, um die Bakterien restlos zu vernichten und einen weiteren Befall zu verhindern.

Eine Untersuchungspflicht besteht in der Regel alle drei Jahre. Die Dokumentationspflicht besteht über 10 Jahre hinweg. 

5. Haftung des Vermieters oder der Wohnungseigentümergemeinschaft bei Vernachlässigung der Pflichten 

Hier exemplarisch eine Entscheidung des BGH vom 06.05.2015 Az.: VIII ZR 161/14:

Leitsätze (nicht amtlich):

  1. Erkrankt der Mieter einer Wohnung aufgrund mit Legionellen kontaminierten Trinkwassers innerhalb des Wohngebäudes, können Ansprüche gegen den Vermieter bestehen, wenn dieser seiner Pflicht zur Untersuchung des Trinkwassers nicht ausreichend nachgekommen ist.
  2. Die Frage, ob eine Legionelleninfektion des Wohnraummieters durch kontaminiertes Trinkwasser in der Mietwohnung erfolgt ist, bedarf des Vollbeweises.

Die Pflicht zur Untersuchung wurde weiter oben bereits dargelegt. Ebenso die notwendigen Wartungsintervalle als auch die äußerst wichtige Dokumentation der Wartung. 

Wie die Entscheidung des Bundesgerichtshofs zeigt, sind auch Ansprüche gegen den Vermieter selbst ausgelöst. 

Ob jedoch eine an Legionellen erkrankte Person Schadensersatzansprüche geltend machen kann, hängt nach dem Bundesgerichtshof entscheidend davon ab, dass diese auch den Vollbeweis über die Tatsache erbringt, dass die Erkrankung auf eine Legionelleninfektion zurückzuführen ist. Dies setzt wohlweislich eine weitreichende medizinische Untersuchung voraus als auch einen Vergleich der jeweiligen Bakterienstämme.

Soweit nach diesen Voraussetzungen der Vollbeweis zu erbringen ist, sind Schadensersatzansprüche gegen den eigenen Vermieter und die Wohnungseigentümergemeinschaft denkbar. Der Vermieter als Sondereigentümer kann sich gegebenenfalls auch im Rahmen von Regressansprüchen gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft schadlos halten. 

Abschließend kann informativ mitgeteilt werden, dass anhand von vergleichbaren gerichtlichen Verfahren Schmerzensgelder wegen Lungenentzündung, aufgrund einer Infektion durch Legionellen, von bis zu 40.000,00 € zugesprochen werden können. 

Rechtsanwalt Timo Vitzthum

Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht


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