LG Berlin: B.Z. und Bild dürfen „Hertha-Lolita-Story“ nicht veröffentlichen

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Die B.Z. und die Bild sind bekannt dafür, dass sie immer ein bisschen „Aufsehen erregender", ein bisschen spektakulärer berichten, als andere Zeitungen. Da wird aus einer Geschichte, die eine kleine Meldung auf der Sportseite der Berliner Zeitung ausmacht, ganz schnell mal eine Titelstory mit provozierendem Titel und allen „schmutzigen Details" in der B.Z. So geschah es auch mit der Story um die angebliche Affäre eines 16-jährigen Mädchens mit fünf verschiedenen Hertha-Spielern.

Die „Hertha-Lolita-Affäre"

... mit diesen Worten hatten die beiden Springer-Blätter die Geschichte betitelt. Das Mädchen hatte sich zu mehreren Interview-Terminen bereiterklärt, ein Fotoshooting durchgeführt, hatte eine Einverständniserklärung der Eltern vorgelegt. Sie hatte Chat-Protokolle und Fotos, die sie mit Spielern, mit denen sie angab intim geworden zu sein, geteilt haben will, zur Verfügung gestellt. In der großen Titelstory wurden schließlich nicht nur diese Materialien, sondern auch Bilder des Mädchens in Hotpants abgedruckt - das Gesicht war darauf nicht zu sehen. Auf einem anderen Bild allerdings wurde das Gesicht durch ein Smartphone nur teilweise verdeckt. Der Familie war diese Berichterstattung zu bunt nach Berichten des Tagesspiegels erwirkte sie gegen den Springer-Verlag eine einstweilige Verfügung beim Landgericht Berlin. Nach deren Behauptung habe es nie eine Einverständniserklärung der Eltern gegeben. Und dann gab wenig später das Mädchen eine eidesstattliche Erklärung ab: 1. Sie habe die Erklärung gefälscht. 2. Geschlechtsverkehr mit Hertha-Spielern gab es nie. Alles Lüge. Springer wusste davon ja nichts, so behauptet der Verlag jedenfalls - aber kommt er damit auch durch, wenn er wie angekündigt Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung einlegt?

Die rechtliche Bewertung

Gem. § 22 S. 1 KUG ist zur Verbreitung eines Bildnisses die Einwilligung der Person erforderlich. Ist das Mädchen minderjährig, muss zusätzlich die Einwilligung der Eltern vorliegen. Eine gefälschte Einwilligung ersetzt diese freilich nicht. Aber konnte der Springer-Verlag dies erkennen? Auf den ersten Blick vielleicht nicht. Aber die Vorbereitung der Geschichte zog sich über Monate, und es handelte sich um groß abgedruckte Fotos in Hotpants. Hätte man da vielleicht etwas genauer hinschauen müssen? Das Gebot der journalistischen Sorgfaltspflicht verlangt, so genau wie möglich zu recherchieren. Die Anforderungen an die Höhe der Überprüfungspflichten sind allerdings umso höher, je intensiver der Eingriff ist. Wie ist es hier? Nun, nicht nur, dass es hier um Fotos geht, auf denen viel Haut zu sehen ist. Nein, der erforderliche Schutz wird noch dadurch erhöht, dass es sich um eine Minderjährige handelt. Art. 6 Abs. 1 und 2 GG ist hier betroffen - es geht also um grundrechtliche geschützte Positionen! Minderjährigen muss hiernach eine gesunde Persönlichkeitsentwicklung ohne Störungen von außen gewährt werden. Dass das Mädchen nach Springer-Ansicht sehr einsichtsfähig wirkte, ändert daran nichts - die Grundrechtsbetroffenheit bleibt! Erkennbarkeit wird man wohl annehmen müssen, wenn das Gesicht nur teilweise verdeckt wird - zumindest für den engeren Freundes- und Bekanntenkreis wird das Mädchen identifizierbar sein. Dies reicht bereits aus für § 22 KUG.

Es bleibt festzuhalten, dass die Erfolgsaussichten des Widerspruchs, den der Springer-Verlag wohl eingereicht hat, eher als gering eingeschätzt werden müssen: Er wird sich wohl weder auf das Vorliegen einer wirksamen Einverständniserklärung noch auf die Einhaltung der pressemäßigen Sorgfalt noch auf die mangelnde Erkennbarkeit des Mädchens berufen können!

Wollen Sie ebenfalls gegen eine Foto- oder Textberichterstattung vorgehen, durch die Sie sich in Ihren Rechten verletzt fühlen? Wir helfen Ihnen gerne bei der Beurteilung Ihres Einzelfalls.

Sie können uns telefonisch unter 030/206 269 22 oder per E-Mail mail@ra-scharfenberg.com erreichen.

Rechtsanwältin Scharfenberg


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