LG Düsseldorf stärkt Interessen von Versicherungsnehmern

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Kfz-Versicherer darf Versicherungsnehmer nicht im Haftpflichtprozess vertreten

Eine für die Prozessführung insbesondere im Verkehrshaftpflichtrecht wichtige Entscheidung hat nun das LG Düsseldorf gefällt (Urteil vom 27.10.2016 14c O 137/15). Die Grundkonstellation war sehr simpel. Der beklagte Versicherer bietet u.a. Kraftfahrzeughaftpflichtversicherungen an. Ist einer seiner Versicherungsnehmer in einen Verkehrsunfall verwickelt und wird deshalb auf Schadenersatz in Anspruch genommen, so bietet der Versicherer Versicherungsschutz. In der Haftpflichtversicherung bedeutet dies, dass er die Abwehr unbegründeter Ansprüche besorgt und begründete Ansprüche Dritter befriedigt. Grundsätzlich hat der Versicherer dabei die Wahl, ob er Abwehrdeckung gewährt oder Ansprüche befriedigt. Der Versicherungsvertrag enthält darüber hinaus eine Vollmacht des Versicherungsnehmers für den Versicherer, ihn in der Regulierung zu vertreten.

Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits war nun die Frage, ob der Versicherer für den Versicherungsnehmer bei Gericht die Verteidigungsanzeige abgeben darf, wenn der Versicherer selbst nicht mitverklagt wurde. Geklagt hatten vorliegend Rechtsanwälte, die einen Versicherungsnehmer der Beklagten verklagt hatten, die daraufhin die Verteidigungsanzeige abgab.

Zum besseren Verständnis muss man wissen, dass dem Beklagten in einem zivilrechtlichen Klageverfahren die Klageschrift zugestellt werden muss. Mit dem Zustellungsschreiben wird dem Beklagten eine Frist von in der Regel 2 Wochen gesetzt, innerhalb derer er dem Gericht anzeigen muss, ob er sich gegen die Klage verteidigen will. Darüber hinaus wird ihm eine Frist zu Erwiderung auf die Klageschrift gesetzt, die in einfachen Fällen üblicherweise 2 Wochen länger als die Frist zur Verteidigungsanzeige ist.

Erklärt der Beklagte nicht innerhalb von 2 Wochen, dass er sich verteidigen will, so erlässt das Gericht – sofern vom Kläger ein entsprechender Antrag gestellt wurde – ein Versäumnisurteil, gegen das zwar Rechtsmittel eingelegt werden kann, aus dem aber schon die Zwangsvollstreckung betrieben werden könnte.

In Haftpflichtfällen, in denen der Versicherer die Abwehrdeckung gewährt, kommt es aber schon aufgrund der notwendigen Zeit für den Postlauf regelmäßig vor, dass der Versicherer selbst die Abwehrdeckung erklärt, bevor die Sache an den von ihm ausgesuchten Rechtsanwalt weitergegeben wird. Fraglich war nun, ob und wenn ja in welchen Fällen es zulässig ist, dass der Versicherer die Erklärung abgibt.

Vorausgesetzt werden kann dabei, dass sich das Problem nur in amtsgerichtlichen Verfahren stellen kann, weil der Versicherer selbst – auch wenn er interne Volljuristen beauftragt – keine Anwaltszulassung hat und damit vor Landgerichten, Oberlandesgerichten und dem BGH nicht postulationsfähig ist.

Ist der Versicherer selbst in dem amtsgerichtlichen Verfahren mitverklagt worden – dies kommt in Kfz-Unfallsachen regelmäßig vor, weil das Gesetz dem Geschädigten einen Direktanspruch gegen den Pflichtversicherer gewährt – so tritt der Versicherer für sich selbst auf (dies ist zulässig) und die eigene Verteidigungsanzeige wirkt auch für den Versicherungsnehmer, weil Versicherer und Versicherungsnehmer Streitgenossen sind.

Fraglich ist somit, ob der Versicherer auch dann für den Versicherungsnehmer die Verteidigungsanzeige abgeben kann, wenn er nicht mitverklagt wurde. Diese Frage hat das LG Düsseldorf nun verneint und ausgeführt, dass die Regelung des § 79 ZPO auf diesen Fall nicht übertragen werden kann. Gleichzeitig hat das Gericht festgestellt, dass die Regelung gleichzeitig eine Marktverhaltensvorschrift sei, so dass der Versicherer damit auch gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb verstoße.

Die Entscheidung mag auf den ersten Blick kleinlich wirken – schließlich wäre das Verhalten ja zulässig, wenn der Versicherer mitverklagt wäre. Richtigerweise ist die Entscheidung aber zu begrüßen. Denn wenn man annehmen würde, dass der Versicherer die Verteidigungsanzeige abgeben könnte, dann könnte er auch das gesamte Verfahren für den Versicherungsnehmer führen und müsste die Verfahrensführung nicht an einen zugelassenen Rechtsanwalt abgeben. Abgesehen davon, dass dies nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz nicht zulässig ist, würde dies aber auch für den Versicherungsnehmer Risiken bergen. Der beauftragte Rechtsanwalt ist nur dem Mandanten, also Versicherungsnehmer, verpflichtet, auch wenn die Gebühren vom Versicherer erstattet werden. Der Versicherungsnehmer profitiert dabei von der anwaltlichen Schweigepflicht und den Rechtsanwalt selbst interessiert nicht, ob im Verhältnis Versicherer – Versicherungsnehmer evtl. Ansprüche oder Vertragsverletzungen bestehen könnten.

Anders sähe das aber evtl. aus, wenn der Versicherer selbst das Verfahren führen würde. Dort könnte der Versicherungsnehmer sich schon nicht über die Qualifikation der Sachbearbeiter sicher sein. Außerdem würden die Angaben im Rahmen der Sachbearbeitung auch nicht der anwaltlichen Schweigepflicht unterfallen.

Aufgrund dessen ist die vorliegende Lösung im besten Sinne des Versicherungsnehmers.

RA Heiko Effelsberg, LL.M.

Fachanwalt für Versicherungsrecht


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