LG Köln: Kein „Pastiche“ – Lehrvideo auf Youtube verletzte Rechte an Böll-Kurzgeschichte

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Musste der Verlag einer Kurzgeschichte von Heinrich Böll dulden, dass auf Youtube ein Lehrvideo veröffentlicht war, in dem die Geschichte in einer modernen Form nacherzählt wurde? Das Landgericht gab nun dem klagenden Verlag Recht. Dabei setzte das Gericht sich vor allem auch mit der Frage auseinander, ob hier die noch junge urheberrechtliche Schranke des „Pastiche“ zur Anwendung kommt.

Cartoonhafte Nacherzählung auf Youtube

Bei dem Rechtsstreit ging es um die Heinrich-Böll-Kurzgeschichte „Anekdote zur Senkung der Arbeitsmoral“. Ein Lehrer hatte ein Youtube-Video erstellt, in dem die Kurzgeschichte als Cartoon und in moderner Form nacherzählt wurde. Hiergegen wehrte sich der Verlag, der die Rechte an der Geschichte besitzt.

Lehrer wehrte sich gegen Notice-and-take-down

Der Verlag versuchte, das Video bei Youtube im Rahmen eines so genannten „Notice-and-take-down“-Verfahrens löschen zu lassen. Der Lehrer stellte sich dem jedoch entgegen und vertrat den Standpunkt, dass er das Video selbst nach eigenen Ideen erstellt habe. Daher wurde das Video von Youtube zunächst wieder abrufbar gemacht. Daraufhin wurde der Lehrer abgemahnt, d. h. auf Unterlassung und Auskunft in Anspruch genommen. Da er auch der Abmahnung entgegentrat, landete der Fall vor dem LG Köln.

LG Köln: keine Karikatur, keine Parodie, kein Pastiche

Das Landgericht (Urteil vom 28.03.2024, Az. 14 O 181/22) gab dem klagenden Verlag weitestgehend recht.  So stehe einer Urheberrechtsverletzung hier nicht entgegen, dass das ursprüngliche Werk (geschriebene Kurzgeschichte) in eine andere Kunstform (cartoonhaftes Video) übertragen wurde. Wesentliche Elemente der Kurzgeschichte fänden sich auch in dem beanstandeten Video wieder. Vor allem aber sei das Video nicht von der urheberrechtlichen Schranke des § 51 UrhG (Karikatur, Parodie und Pastiche) erfasst.  Hierbei setzte sich das Gericht auch näher mit der Frage auseinander, ob die Video-Veröffentlichung vielleicht als „Pastiche“ gerechtfertigt sein könne. Diese noch recht junge Schrankenregelung wird häufig von Nutzern urheberrechtlich geschützter Werke als Rechtfertigung  für ihre Nutzungen herangezogen. Auch wenn der Anwendungsbereich dieser Schranke auch auf europäischer Ebene noch nicht abschließend geklärt sei, sei sie vorliegend jedenfalls nicht anwendbar, so das Landgericht. Denn vorliegend werde durch die Veröffentlichung des Videos die normale Verwertung des ursprünglichen Werks beeinträchtigt. Auch würden durch das Video berechtigte Interessen des Rechteinhabers ungebührlich verletzt. So habe der Beklagte die vollständige Fabel aus der Anekdote von Heinrich Böll übernommen, mithin in erheblichem Umfang das vorbestehende Werk übernommen. Eine Auseinandersetzung mit dem Werk oder mit anderen Themen erfolge in dem Video des Beklagten nicht. Auch werde die Fabel vielmehr in dem Video des Beklagten genauso wie in der Anekdote von Heinrich Böll erzählt, so das Landgericht.

 „Pastiche“-Schranke ist weiterhin nur mit Vorsicht zu genießen

Die aktuelle Entscheidung des LG Köln zeigt deutlich, dass bei der Anwendung der Schranke des § 51 a UrhG große Vorsicht geboten ist. Bei der Nutzung vorbestehender Werke ohne Setzung deutlicher eigener Akzente ist der Anwendungsbereich dieser Schranke noch gar nicht eröffnet.

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