LG Münster verurteilt "Bwin" zur Rückzahlung aller Online-Casino und Sportwetten-Verluste eines Spielers

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In einem weiteren von unserer Kanzlei geführten Verfahren hat das Landgericht (LG) Münster mit Urteil vom 02.06.2023 die ehemalige Betreibergesellschaft der Online-Glücksspiel-Seite "Bwin", die ElectraWorks Ltd. aus Gibraltar, zur Rückzahlung aller Verluste eines Spielers verurteilt, welche dieser dort im Online-Casino und bei Sportwetten verloren hatte.


In der Zeit vom 28.09.2017 bis zum 15.08.2019 verlor ein Spieler auf der Online-Glücksspiel-Seite „Bwin“ bei virtuellen Automatenspielen (sog. "Slots") und Sportwetten insgesamt saldierte Beträge in Höhe von 87.225,00 €.


Auf die Klage des Spielers verurteilte das LG Münster nun die ehemalige Betreibergesellschaft der Online-Glücksspiel-Seite "Bwin", die ElectraWorks Ltd. aus Gibraltar, antragsgemäß.


Das LG Münster erachtete sich zunächst als international zuständig und deutsches Recht für anwendbar. Dem stünde auch nicht entgegen, dass der Spieler derart hohe Summen verspielt hatte und auch nicht, dass Gibraltar nach dem BREXIT kein Teil der EU mehr ist.


Das Gericht ist des Weiteren der Ansicht, dass der bekannte Online-Glücksspiel-Anbieter aus Gibraltar zu Unrecht Geldbeträge vom klagenden Spieler erhalten habe, welche nunmehr zurückzuzahlen seien. Diese Zahlungen seien ohne Grund erfolgt. Die Spielverträge zwischen den Parteien seien wegen Verstoßes gegen das Verbot des Veranstaltens und Vermittelns öffentlicher Glücksspiele im Internet unwirksam. Dieses Verbot stünde auch im Einklang mit dem Europarecht.


Die Beklagte könne sich auch nicht mit Erfolg auf eine (angebliche) Duldung ihres Glücksspielangebots durch die deutschen Behörden berufen. Die Verfolgung zivilrechtlicher Ansprüche hänge nicht davon ab, ob Verwaltungsbehörden öffentlich-rechtliche Verhaltenspflichten durchsetzen.


Dem Rückforderungsanspruch des Spielers stehe auch nicht ein mögliches eigenes Fehlverhalten entgegen. Die Kondiktionssperre greife schon deshalb nicht, weil die darlegungs- und beweisbelastete Beklagte nicht nachgewiesen habe, dass der Spieler vorsätzlich verbots- oder sittenwidrig gehandelt oder sich der Einsicht in die Gesetz- bzw. Sittenwidrigkeit zumindest leichtfertig verschlossen hat. Hierzu sei die Bezugnahme allein auf eine mediale Berichterstattung zur Überzeugung des Gerichts für einen Nachweis der Kenntnis des Spielers nicht ausreichend. Darüber hinaus sei ein Rückschluss von der relativ hohen Summe der Spieleinsätze auf eine umfassende Befassung mit rechtlichen Aspekten des Online-Glücksspiels abwegig. Ein Ausschluss der Rückforderung wegen eines Verstoßes gegen die Grundsätze von Treu und Glauben komme ebenfalls nicht in Betracht. Unabhängig davon, ob dem Spieler ein widersprüchliches Verhalten vorgeworfen werden könne, fehle es vorliegend an der Schutzwürdigkeit der Beklagten. Sie habe ihrerseits bewusst gesetzeswidrig gehandelt, indem sie das Glücksspiel trotz fehlender Lizenz angeboten hat, weshalb ihre Interessen nicht vorrangig schutzwürdig seien. Ein anderes Ergebnis wäre überdies nicht mit dem Schutzzweck von § 4 Abs. 4 GlüStV 2011 zu vereinbaren.


Hinsichtlich der Sportwetten-Verluste wies die Kammer nach Ansicht von Rechtsanwalt Dr. Patrick Redell, welcher den Spieler in diesem Verfahren rechtlich unterstütze, zu Recht daraufhin,  dass es unzutreffend sei, dass eine Nichtigkeit als Sanktion unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Einheit der Rechtsordnung wegen eines Verstoßes des Konzessionsverfahrens gegen das unionsrechtlich fundierte Transparenzgebot nicht angenommen werden könne. Nur weil möglicherweise das seinerzeitige Vergabeverfahren fehlerhaft geführt worden und der Antrag der Beklagten auf der Grundlage der entsprechenden Regelungen genehmigungsfähig gewesen wäre, würde dies nicht bedeuten, dass ein grundsätzliches nationales Verbot gegenüber der Beklagten keine Geltung hätte. Dazu würde es aber führen, würde man das Angebot der Sportwetten trotz des Verbotes mit Erlaubnis-/Konzessionsvorbehaltes ausdrücklich für wirksam erklären. Eine Entscheidung hierüber stehe den nationalen Gerichten nicht zu. 


Die klägerischen Ansprüche seien auch nicht verjährt.


Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie unter: https://www.redell.com/blog

Sollten Sie auch Verluste beim Online-Glücksspiel erlitten haben, melden Sie sich gerne unverbindlich bei uns über rechtsanwalt@redell.com. Ihre Anfrage wird selbstverständlich vertraulich und diskret behandelt.


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