Lohnüberzahlung durch den Arbeitgeber: Muss der Arbeitnehmer dies anzeigen?

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Das BAG (2 AZR 15/07, Urt.v. 28.08.08) hatte darüber zu entscheiden, wer die Beweislast dafür trägt, dass der AN ständige Lohnüberzahlungen bei dem AG angezeigt hat.

Grundsätzlich verhält es sich so, dass wenn ein AN bemerkt, dass er eine laufende offenkundige Lohnüberzahlung erhält, er aufgrund der arbeitsvertraglichen Schadensabwendungspflicht verpflichtet ist, den AG zu informieren. Zeigt er eine offenkundige und erhebliche Überzahlung nicht an, kann dies eine fristlose Kündigung rechtfertigen.

Kündigt also der AG dem AN, da dieser ständige Lohnüberzahlungen nicht angezeigt haben soll, stellt sich die Frage, wer die Nichtanzeige der Lohnüberzahlung nachzuweisen hat: Ist es der AN, der positiven Nachweis führen muss, dass er die Anzeige vorgenommen hat oder muss der AG negativ nachweisen, dass keine Anzeige erfolgte?

Im vorliegenden Fall verhielt es sich so, dass bis Ende 2001 ein Polier vom AG beschäftigt wurde. Mit Beginn des Jahres 2002 wird der AN dann wegen Schlechtwetter, Urlaub und auch Krankheit nicht mehr eingesetzt. Auch in den folgenden 3 Jahren arbeitet er nicht, erhält aber trotzdem monatliche Lohnabrechnungen unterschiedlicher Höhe. Insgesamt belaufen sich die Zahlungen auf ca. € 100.000,00. Anfang 2005 entdeckt die Geschäftsführung diese Vorgänge und kündigt dann außerordentlich nach Anhörung des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis. Der AG behauptet, dass der AN zusammen mit dem Personalleiter zu Lasten des AG's diese Zahlungen vereinnahmt hat. Der Personalleiter habe die Stundenlohnabrechnungen veranlasst und die Auszahlung vorgenommen. Jedenfalls hätte auch der AN seine Schadensabwendungs- und Anzeigepflicht grob verletzt. Der AN behauptet, er habe dem Personalleiter im gesamten Zeitraum von 3 Jahren mindestens alle 2-4 Wochen seine Arbeitskraft angeboten. Der Personalleiter habe ihn immer wieder vertröstet. Der Personalleiter konnte vor Gericht nicht vernommen werden, weil er vorher verstarb.

Das BAG entschied letztendlich, dass der AN Recht hat. Eine Pflichtverletzung des AN's sei nicht feststellbar und die Kündigung folglich unwirksam. Die Behauptung des AG's, dass der Personalleiter mit dem AN gemeinsame Sache gemacht habe, sei nicht durch hinreichend greifbare objektive Tatsachen gestützt. Außerdem müsse man dem AN insoweit glauben, als dass dieser wiederholt gegenüber dem Personalleiter angeboten habe, dass er arbeiten wolle und dieser vertröstend reagiert habe. Der AG wiederum kann seine Behauptung des gemeinschaftlichen Zusammenwirkens des Personalleiters und des AN's zu Lasten des Arbeitgebers nicht nachweisen. Der Tod des Personalleiters ändere an der Beweislastverteilung grundsätzlich nichts.

Für die Praxis: Der AN hat hier erhebliches Glück gehabt. Der Personalleiter ist tot, er kann nicht vernommen werden. Letztlich musste das BAG so entscheiden, es handelt sich um eine konsequente Beweislastentscheidung.


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