„Lügen haben kurze Beine“ – oder doch nicht? Neue Folge der Anwaltssprechstunde
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Lügen ist menschlich – aber ist es auch immer legal? Wann darf man bewusst Unwahrheiten verbreiten, ohne Konsequenzen fürchten zu müssen? Und wann macht man sich strafbar? Diese Fragen sind heute brisanter denn je, denn Mark Zuckerberg hat angekündigt, die Faktenchecks auf Facebook abzuschaffen. Doch was bedeutet das konkret für die Nutzer, die Medienlandschaft und sogar für strafrechtliche Aspekte von Fake News und Deepfakes?
In der aktuellen Folge der Anwaltssprechstunde diskutieren Norman Buse (Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht) und Benjamin Grunst (Fachanwalt für Strafrecht) die spannende Frage, ob und wann Lügen verboten ist – und welche rechtlichen Konsequenzen für Verleumdung, üble Nachrede oder Falschinformationen im Internet drohen.
Faktenchecks auf Social Media abgeschafft – Welche Folgen hat das?
Die Abschaffung von Faktenchecks in sozialen Netzwerken könnte weitreichende Folgen haben. Plattformen wie Facebook, Instagram oder X (ehemals Twitter) unterliegen kaum gesetzlichen Verpflichtungen, die Wahrheit von Inhalten zu überprüfen. Das bedeutet, dass jeder Nutzer selbst entscheiden muss, was er für wahr hält – und was nicht. Allerdings gibt es rechtliche Grenzen: Wer wissentlich falsche Informationen über eine Person verbreitet, kann sich wegen Verleumdung (§ 187 StGB) oder übler Nachrede (§ 186 StGB) strafbar machen. Besonders heikel sind auch volksverhetzende Inhalte nach § 130 StGB, die unter keinen Umständen erlaubt sind. Der Digital Services Act (DSA)der EU verpflichtet Plattformen zwar dazu, Maßnahmen gegen illegale Inhalte zu ergreifen, doch eine vollständige Abschaffung der Faktenchecks könnte dazu führen, dass die Verantwortung für die Wahrheit stärker bei den Nutzern selbst liegt.
Wann ist Lügen strafbar? Diese Fälle solltet ihr kennen!
Grundsätzlich gibt es keine allgemeine gesetzliche Verpflichtung, die Wahrheit zu sagen. Allerdings gibt es bestimmte Situationen, in denen Lügen juristische Konsequenzen haben kann. Vor Gericht beispielsweise kann eine Falschaussage (§ 153 StGB) mit bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe geahndet werden. Auch im behördlichen Kontext kann Täuschung strafbar sein, etwa wenn falsche Angaben in amtlichen Verfahren gemacht werden – in solchen Fällen kann sogar Betrug (§ 263 StGB) vorliegen.
Ein weiteres sensibles Thema sind Lügen in der Geschäftswelt: Irreführende Werbung oder bewusste Täuschung von Kunden können ebenfalls rechtliche Konsequenzen haben. Besonders streng geht das deutsche Strafrecht mit dem Leugnen historischer Tatsachen um: Das Leugnen oder Verharmlosen des Holocausts wird als Volksverhetzung (§ 130 StGB) verfolgt.
Notlügen: Gibt es sie auch im Strafrecht?
Auch juristisch sind sie in vielen Fällen unproblematisch. Eine Lüge, die niemandem schaden kann oder eine Gefahr abwendet, ist regelmäßig nicht strafbar. Wenn beispielsweise jemand einem potenziellen Angreifer sagt „Die Polizei ist unterwegs“, um ihn abzuschrecken, liegt darin keine Täuschung, die juristische Folgen hätte.
Lügen in den Medien: Was gilt für Journalisten und Content Creator?
Lügen in den Medien sind dagegen ein besonders heikles Thema. Journalisten sind gesetzlich zur Wahrheit verpflichtet und müssen sorgfältig recherchieren. Verstöße können Gegendarstellungen, Unterlassungsklagen oder Schadensersatzforderungen nach sich ziehen. Bei Content Creatorn sieht es etwas anders aus: Sie sind zwar nicht direkt an das Presserecht gebunden, müssen sich aber insbesondere im Bereich der Werbung an strenge Vorschriften halten. Wer eine bezahlte Partnerschaft nicht kennzeichnet und vorgibt, es handle sich um eine persönliche Empfehlung, verstößt gegen Kennzeichnungspflichten und kann abgemahnt werden. Doch auch hier gibt es strafrechtliche Grenzen – Verleumdung, üble Nachrede oder Volksverhetzung sind für Influencer genauso strafbar wie für Journalisten oder Privatpersonen.
Ein großes Thema der heutigen Zeit ist die Verbreitung von Fake News und Deepfakes. Mit der Weiterentwicklung von Künstlicher Intelligenz (KI) werden täuschend echte Manipulationen immer einfacher zu erstellen. Aber ist das überhaupt erlaubt? Die Verbreitung von Fake News kann juristische Konsequenzen haben, vor allem wenn dadurch Persönlichkeitsrechte verletzt werden. Zudem wird es durch die neue EU-KI-Verordnung in Zukunft Kennzeichnungspflichten für Deepfakes geben. Plattformen haften nur bedingt für Fake News – es sei denn, sie erhalten Kenntnis davon und reagieren nicht, was wiederum rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann.
Unser Fazit: Lügen ist nicht immer strafbar – aber es gibt klare Grenzen!
Lügen ist ein komplexes Thema – moralisch, gesellschaftlich und rechtlich. In vielen Fällen sind Unwahrheiten zwar nicht verboten, aber sobald sie andere schädigen, kann es juristische Konsequenzen geben.
Unsere wichtigsten Tipps:
✅ Prüfen, ob eine Lüge Schaden verursacht oder eine rechtliche Konsequenz haben könnte.
✅ Vorsicht bei Äußerungen im Internet – Falschinformationen können strafrechtliche Folgen haben!
✅ KI und Deepfakes sind auf dem Vormarsch – bald gelten strengere Regeln für ihre Nutzung.
Jetzt die neue Folge der Anwaltssprechstunde anhören!
🎙 Erfahren Sie mehr zu diesem spannenden Thema in der aktuellen Podcast-Folge von Rechtsanwalt Norman Buse & Rechtsanwalt Benjamin Grunst!
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