Medizinrecht, Arzthaftungsrecht, Patientenrecht: Prozesserfolge von Patienten vor Landgerichten

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Landgericht München I vom 04.05.2018

Medizinrecht  Arzthaftungsrecht  Behandlungsfehler:

Verspätete Mammakarzinom-Diagnose, 130.000,- Euro, LG München I, Az.: 9 O 21602/16

Chronologie:

Die Klägerin begab sich seit dem Jahre 2000 regelmäßig zu Vorsorgeuntersuchungen bei dem Beklagten, einem Facharzt für Gynäkologie. Im Oktober 2014 stellte sie sich bei ihm vor, weil sie in der rechten Brust einen Knoten ertastet hatte. Der Beklagte diagnostizierte anhand eines Ultraschallbildes eine Zyste und teilte der Klägerin mit, dass es einige Monate dauern würde, bis diese wieder verschwinde. Eine weitere Untersuchung sei erst in fünf Monaten notwendig. Drei Monate später stellte sich die Klägerin erneut beim Beklagten vor, da der Knoten noch zu ertasten war und wurde erneut vertröstet. Eine Befunderhebung erfolgte nicht. Im Mai 2015 teilte die Klägerin dem Beklagten von Veränderungen der Brust mit, woraufhin dieser sie für Juli 2015 einbestellte. Erst dabei veranlasste der Beklagte erstmals eine Mammographie. Eine daraufhin veranlasste Stanzbiopsie bestätigte die Diagnose eines Brustkarzinoms. Es folgten umgehend Bestrahlungen der Wirbelsäule und eine Chemotherapie. Eine Mastektomie wurde erforderlich, zehn Lymphknoten entfernt, sowie Metastasen an der Wirbelsäule, Brustwand und der Lymphe bestrahlt, gefolgt von einer langwierigen Reha-Behandlung. Seither ist der Gesundheitszustand der Klägerin stark eingeschränkt. Ihrer Berufstätigkeit kann sie nicht mehr nachgehen. Die Chancen auf eine Heilung stehen schlecht.

Verfahren:

Das Landgericht München I hat zu dem Geschehen ein fachmedizinisches Gutachten eingeholt. Der Gutachter führte im Ergebnis aus, dass bereits spätestens im Januar 2015 weitergehende diagnostische Maßnahmen und insbesondere eine Mammographie geboten gewesen wären. Er geht von einem groben Befunderhebungsfehler aus. Das Landgericht München I hat den Parteien sodann einen Vergleichsvorschlag über eine pauschale Abfindungssumme von 130.000,- Euro vorgeschlagen.

Anmerkungen von Ciper & Coll.:

Verspätete Karzinomdiagnosen stellen einen Standardfall im Bereich des Arzthaftungsrechtes dar. Die Konsequenzen können drastisch sein, so wie in dem vorliegenden Fall. Hätte der beklagte Facharzt die entsprechende Diagnostik schneller und damit zeitgerecht vorgenommen, so wäre der Klägerin mit hoher Wahrscheinlichkeit der vorliegende Gesundheitsschaden mit seinen ganzen Auswirkungen erspart geblieben, meint die sachbearbeitende Fachanwältin für Medizinrecht unter Bezugnahme auf die Aussagen des vom Gericht bestellten Sachverständigen.

Landgericht Wuppertal vom 09.05.2018

Medizinrecht  Arzthaftungsrecht  Behandlungsfehler:

Fehlerhafte Verriegelungsmarknagelosteosynthese nach Fibula Mehrfragment Fraktur, LG Wuppertal, Az.: 5 O 325/14

Chronologie:

Der Kläger erlitt in 2012 einen Rollerunfall und zog sich dabei eine Unterschenkelspiralfraktur am Übergang zum mittleren distalen Drittel mit gleichzeitiger proximaler Fibula Mehrfragment Fraktur zu. Im Hause der Beklagten erfolgte daraufhin eine Verriegelungsmarknagelosteosynthese. Röntgenkontrollaufnahmen ergaben in der Folge, dass eine erhebliche Achsabweichung des distalen Fragments von zehn Grad vorlag. Es waren Folgebehandlungen und eine Revisionsoperation erforderlich. Seither leidet der Kläger unter Bewegungseinschränkungen, Druckgefühl in Fuß und Bein und psychischen Problemen.

Verfahren:

Das Landgericht Wuppertal hat zu dem Vorfall ein unfallchirurgisches Gutachten eingeholt. Hierin stellt der Sachverständige u. a. fest, dass eine Plattenosteosynthese erforderlich gewesen sei. Das Gericht hat den Parteien sodann zu einer gütlichen Einigung über rund 10.000,- Euro angeraten, die diese akzeptierten.

Anmerkungen von Ciper & Coll.:

Seit dem Vorfall sind zwischenzeitlich sechs Jahre vergangen. Dieser recht lange Zeitraum hat auch damit zu tun, dass der vom Gericht bestellte Gutachter seine Expertise verspätet erstellte. Das Gericht mahnte ihn mehrfach vergeblich zur Erstellung an, drohte ein Ordnungsgeld von 300,- Euro an und erstellte per 01.06.2016 sodann einen Ordnungsgeldbeschluss hierüber, mit der Androhung der Zahlung weiterer 600,- Euro, sollte das Gutachten nun nicht endlich erstellt werden. Derartige Maßnahmen gegen gerichtlich bestellte Sachverständige in einem Arzthaftungsverfahren sind sehr selten. Die lange Verfahrensdauer geht natürlich stets zu Lasten des Geschädigten wie hier, stellt der sachbearbeitende Rechtsanwalt Dr. D. C. Ciper LLM, Fachanwalt für Medizinrecht heraus.



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