Mehr Rechte für ledige Väter: Gemeinsames Sorgerecht bei unverheirateten Eltern – Gesetzesänderung

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Der Bundestag hat am 31.01.2013 eine gravierende Änderung hinsichtlich des gemeinsamen Sorgerechts bei nicht verheirateten Eltern beschlossen: 

Gemeinsames Sorgerecht bedeutet, dass alle wichtigen Entscheidungen über das Kind und die Erziehung des Kindes (beispielsweise in welchen Kindergarten, Schule das Kind geht, Religionsangehörigkeit, Durchführung einer Operation usw.) gemeinsam getroffen werden.

Das alleinige Sorgerecht steht bei unverheirateten Eltern ursprünglich der Mutter zu, wenn die Eltern (normalerweise bei der Geburt des Kindes) keine so genannte Sorgerechtserklärung abgegeben haben, welche von der Zustimmung der Mutter abhängig ist.

In Zukunft haben es unverheiratete Väter viel einfacher und leichter, das gemeinsame Sorgerecht zusammen mit der Mutter für ein gemeinsames Kind zu erhalten.

War es doch bisher so, dass die Mutter eines Kindes dem Vater das gemeinsame Sorgerecht quasi verweigern konnte - dies ohne größere Umstände. Denn bislang war das Einverständnis der Mutter zentrale Voraussetzung für das gemeinsame Sorgerecht. Sie hatte ein „Veto-Recht".

Künftig können die biologischen Väter eines Kindes entweder zunächst das Jugendamt einschalten, um noch eine Einigung mit der Mutter zu erzielen, oder auch sofort bei dem Familiengericht einen Antrag auf das gemeinsame Sorgerecht stellen.

Die Mutter des Kindes erhält dann von dem Gericht die Gelegenheit zur Stellungnahme hierzu und kann ihre dagegen sprechenden Gründe vortragen. Die Frist zur Stellungnahme endet frühestens sechs Wochen nach der Geburt.

Bei der Stellungnahme nicht beachtet werden Gründe, die nichts mit dem Kindeswohl zu tun haben. Nicht relevant sind also beispielsweise etwaige Vorbringen der Mutter, dass die Beziehung zum Vater nur kurz war, es sich um einen One-Night-Stand handelte, sie den Kontakt abbrechen und lieber alleine entscheiden wolle oder dass sie nicht miteinander reden können (Eltern sind verpflichtet daran zu arbeiten) usw.

Falls die Mutter keine Stellungnahme abgibt oder die gegen die gemeinsame Sorge vorgetragenen Gründe nicht mit dem Kindeswohl im Zusammenhang stehen (und dem Gericht auch keine anderen gegen das Kindeswohl sprechende Gründe bekannt sind), entscheidet das Familiengericht im sogenannten schriftlichen Verfahren ohne Anhörung des Jugendamts und ohne persönliche Anhörung der Eltern; so genanntes beschleunigtes Verfahren.

Nur bei einer begründeten Stellungnahme der Mutter werden die Beteiligten befragt; erst dann  kommt es zu einem Verhandlungstermin.

Können sich die Eltern also nicht auf das gemeinsame Sorgerecht einigen, so entscheidet im Streitfall das Familiengericht. Nur dann, wenn das Kindeswohl einem gemeinsamen Sorgerecht entgegensteht, soll dies verweigert werden. Wenn es dem Kindeswohl nicht widerspricht, sollen also beide Eltern Verantwortung für das Kind tragen. Es wird dabei sogar „gesetzlich vermutet", dass die gemeinsame Sorge dem Kindeswohl nicht widerspricht. Diese gesetzliche Vermutung erleichtert den Vätern grundsätzlich die Durchsetzbarkeit. Das Sorgerecht kann somit auch gegen den Willen der Mutter mit auf den Vater übertragen werden.

Diese Neuregelung gilt auch für alle Altfälle, die seit Jahren die Familiengerichte beschäftigen.

Das Gesetz resultiert aus mehreren Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts - welches in der bisherigen Regelung einen Verstoß gegen Art. 6 GG gesehen hat - und des europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Der das Sorgerecht bisher regelnde § 1626a Absatz 1 Nr. 1 BGB ist gemäß dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 21.7.2010 - 1 BvR 420/09 (BGBl. I S. 1173) verfassungswidrig. Das neue Sorgerecht soll damit auch den Wandel in der Gesellschaft aufnehmen, dass häufiger als früher Kinder nicht miteinander verheirateten Eltern geboren werden.

Die Neuregelung des Sorgerechts soll voraussichtlich im Sommer 2013 in Kraft treten. Bis dahin ist § 1626a BGB mit der Maßgabe anzuwenden, dass das Familiengericht den Eltern auf Antrag eines Elternteils die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge gemeinsam überträgt, soweit zu erwarten ist, dass dies dem Kindeswohl entspricht.

Einen Wehrmutstropfen hat die neue Regelung allerdings; in der sechswöchigen Frist nach der Geburt bis zur Stellungnahme hat die Mutter aber das alleinige Sorgerecht und könnte alleine über die Belange des Kindes entscheiden wie beispielsweise Namensgebung, Impfungen, religiöse Entscheidungen oder auch mit dem Kind wegziehen. Daher gibt es Meinungen und Initiativen, die sich dafür aussprechen, das gemeinsame Sorgerecht an die Vaterschaftsanerkennung zu knüpfen - dann wird eine umfassende gerichtliche Prüfung im Einzelfall zugelassen, ob diese gesetzliche Vermutung des gemeinsamen Sorgerechts dem Kindeswohl wirklich entspricht; wie es bei verheirateten Eltern - wenn diese sich trennen - auch der Fall ist. Dies wäre aus meiner Sicht auch der konsequentere und gleichstellendere Weg gewesen.

Zusammenfassend wird es künftig also so sein, dass mit der Geburt des Kindes nach wie vor die Mutter das alleinige Sorgerecht hat. Der Vater allerdings, welchem das Mitsorgerecht verwehrt wurde, kann entweder mit Mitwirkung des Jugendamtes auf eine Einigung hinwirken oder sogleich bei dem Familiengericht die Mitsorge beantragen und das gemeinsame Sorgerecht wird nur dann nicht zugesprochen, wenn dies dem Kindeswohl widerspricht. Nicht das Kindeswohl betreffende Gründe werden dabei nicht beachtet.

Vorstehendes ist nur eine generelle Übersicht und ersetzt keinesfalls eine fundierte rechtliche Beratung. Gerade im vielschichtigen Familienrecht ist es von großer Wichtigkeit, jeden Fall einzeln zu betrachten und nicht mit anderen über einen Kamm zu scheren. Nur so kann auf Ihre Situation rechtlich richtig eingegangen und Ihnen geholfen werden.

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