Mehr Verbraucherschutz: BGH stärkt Widerspruchsrechte bei Lebens- und Rentenversicherungen

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Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 11. Dezember 2024 (Az.: IV ZR 191/22) die Rechte von Versicherungsnehmern im Zusammenhang mit dem Widerspruch bei Lebens- und Rentenversicherungsverträgen zum wiederholten Male gestärkt. Versicherungsnehmer können ihrem Vertrag widersprechen, sofern sie nicht ordnungsgemäß über ihr Widerspruchsrecht belehrt wurden.  

Anforderungen an eine wirksame Widerspruchsbelehrung

Eine Widerspruchsbelehrung muss nicht nur eindeutig und verständlich formuliert sein, sondern auch drucktechnisch hervorgehoben werden. Wichtige Passagen dürfen nicht im Kleingedruckten versteckt oder unauffällig in den Vertragsunterlagen platziert sein.   Eine Widerspruchsfrist beginnt erst, wenn die Versicherungsunterlagen vollständig übergeben wurden und die Belehrung keine missverständlichen oder irreführenden Angaben über den Fristbeginn enthält.

Falls diese Voraussetzungen nicht erfüllt sind, bleibt das Widerspruchsrecht des Versicherungsnehmers bestehen, auch wenn der Vertrag bereits längere Zeit läuft. Dies bedeutet, dass Verbraucher unter Umständen auch nach vielen Jahren noch die Möglichkeit haben, sich rückwirkend aus ihrem Vertrag zu lösen und eine Erstattung der geleisteten Beiträge zu verlangen.

Keine Verwirkung des Widerspruchsrechts durch Vertragsabwicklung

Der Widerspruch ist auch nicht rechtsmissbräuchlich, nur weil der Vertrag bereits über viele Jahre hinweg durchgeführt wurde. Nach Ansicht des BGH gibt es keine absolute Grenze, die das Widerspruchsrecht automatisch erlöschen lässt, solange die Voraussetzungen einer fehlerhaften Belehrung vorliegen.

Dies hat weitreichende Folgen für Versicherungsnehmer, die mit der Entwicklung ihrer Lebensversicherung unzufrieden sind. Während eine Kündigung häufig mit hohen Verlusten verbunden ist, bietet der Widerspruch häufig eine vorteilhafte Möglichkeit zur Vertragsauflösung ohne Abzug von Abschluss- und Verwaltungskosten. In vielen Fällen erhalten Versicherungsnehmer dadurch eine wesentlich höhere Auszahlung als bei einer Kündigung.

Zurückweisung der Treuwidrigkeitseinrede der Versicherer

Versicherungsgesellschaften haben in der Vergangenheit oft argumentiert, dass ein nachträglicher Widerspruch treuwidrig sei, insbesondere wenn der Vertrag bereits eine hohe Ablaufleistung erzielt hat.  

Es reicht aber auch nicht aus, dass eine Versicherung behauptet, der Versicherungsnehmer habe durch den Vertrag bereits einen Vorteil erzielt. Ein Widerspruch kann regelmäßig nur dann treuwidrig  sein, wenn außergewöhnliche Umstände vorliegen. Dazu könnte beispielsweise gehören, dass der Versicherungsnehmer gezielt versucht, den Vertrag mehrfach zur Sicherheit für Darlehen abzutreten. Solche Konstellationen sind jedoch nicht die Regel.

Grundsätzlich bleibt das Widerrufsrecht auch bestehen, selbst wenn der Vertrag bereits ausgezahlt wurde oder der Versicherungsnehmer eine höhere Ablaufleistung als die gezahlten Beiträge erhalten hat. Auch eine einmalige Verwendung des Vertrages als Sicherheit für ein Darlehen stellt regelmäßig keinen hinreichenden Grund für eine Verwirkung des Widerrufsrechts dar.

Rechtstipp

Versicherungsnehmer, die in der Vergangenheit nicht ordnungsgemäß über ihr Widerspruchsrecht belehrt wurden, haben eine realistische Möglichkeit, sich rückwirkend von ihrem Vertrag zu lösen und finanzielle Nachteile zu vermeiden.

Versicherungsnehmer sollten ihre Vertragsunterlagen von einem spezialisierten Rechtsanwalt prüfen lassen, insbesondere wenn ihr Vertrag zwischen 1994 und 2007 abgeschlossen wurde. In diesem Zeitraum wurden zahlreiche fehlerhafte Widerspruchsbelehrungen verwendet, sodass ein Widerspruch in vielen Fällen auch Jahre nach Vertragsabschluss noch möglich ist. Wer von dieser Möglichkeit Gebrauch macht, kann sich hohe finanzielle Vorteile sichern und unnötige Verluste vermeiden.

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Foto(s): pixabay


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