Mehrheitsgesellschafter gegen Minderheitsgesellschafter in der GmbH: Streitpunkte und Rechtsschutz.

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1. Einführung:

Die GmbH, oder Gesellschaft mit beschränkter Haftung, ist eine der häufigsten Unternehmensformen in Deutschland. 

Während sie viele Vorteile bietet, insbesondere in Bezug auf die Haftungsbeschränkung, können Spannungen zwischen Gesellschaftern auftreten, insbesondere wenn es um Machtverhältnisse und Entscheidungsfindung geht. 

Ein besonderes Augenmerk sollte dabei auf die Rechte von Minderheitsgesellschaftern gelegt werden, die oft in einer schwächeren Position sind als ihre Mehrheitskollegen. 

In diesem Blogbeitrag werden verschiedene Mechanismen aufgezeigt, mit denen Mehrheitsgesellschafter Druck auf Minderheitsgesellschafter ausüben können, und wie sich Minderheitsgesellschafter dagegen schützen können.


2. "Druckpunkte" des Mehrheitsgesellschafters gegen den Minderheitsgesellschafter

Ein Mehrheitsgesellschafter kann seine Machtstellung gegenüber einem Minderheitsgesell-schafter in der GmbH unter anderem wie folgt ausspielen:

a. Mehrheitsbeschlüsse nach § 47 GmbHG

In einer GmbH ist die Stimmverteilung ein zentrales Element, das die Machtverhältnisse innerhalb der Gesellschaft bestimmt. Gemäß § 47 Abs. 1 GmbHG werden Beschlüsse der Gesellschafter mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst. Das bedeutet, dass ein Mehrheitsgesellschafter, der über die Mehrheit der Stimmen verfügt, in der Lage ist, Entscheidungen zu treffen, die den Kurs der Gesellschaft bestimmen. Dies kann sowohl positive als auch negative Auswirkungen auf Minderheitsgesellschafter haben, da ihre Meinung möglicherweise nicht berücksichtigt wird. In solchen Fällen können Minderheitsgesellschafter das Gefühl haben, dass ihre Interessen und Rechte nicht ausreichend geschützt sind.

b. Entziehung von Geschäftsführungsbefugnissen

Ein weiterer Hebel, den ein Mehrheitsgesellschafter nutzen kann, ist die Möglichkeit, dem Minderheitsgesellschafter Geschäftsführungsbefugnisse zu entziehen oder ihn sogar ganz aus der Geschäftsführung zu entfernen. Dies kann erhebliche Auswirkungen auf die operative Rolle des Minderheitsgesellschafters in der GmbH haben und ihm das Gefühl geben, von den Kernentscheidungen der Gesellschaft ausgeschlossen zu sein.

c. Aushungern des Minderheitsgesellschafters

Das sogenannte "Aushungern" bezieht sich auf Strategien, bei denen der Mehrheitsgesellschafter versucht, den finanziellen Nutzen des Minderheitsgesellschafters zu minimieren. Dies kann durch die Nichtausschüttung von Gewinnen oder durch die Erhöhung von Geschäftsführergehältern geschehen, wodurch weniger Gewinn für die Gesellschafter übrig bleibt. Eine solche Taktik kann dazu führen, dass der Minderheitsgesellschafter finanziell benachteiligt wird und möglicherweise seine Anteile verkaufen möchte.

d. Verweigerung von Informationsrechten

Jeder Gesellschafter einer GmbH hat gemäß § 51a GmbHG das Recht, die Bücher und Schriften der Gesellschaft einzusehen. Dieses Recht ist essenziell, um Transparenz und Vertrauen innerhalb der Gesellschaft zu gewährleisten. Ein Mehrheitsgesellschafter könnte jedoch versuchen, diese Rechte einzuschränken oder den Zugang zu wichtigen Informationen zu verweigern, was zu einem Informationsungleichgewicht führt.

e. Einbringung von Sacheinlagen zu überhöhten Werten mit dem Ziel der Anteilsverwässerung

Eine subtilere Methode, den Einfluss eines Minderheitsgesellschafters zu verwässern, besteht darin, Sacheinlagen zu überhöhten Werten in die Gesellschaft einzubringen. Dies kann den prozentualen Anteil des Minderheitsgesellschafters an der GmbH verringern und somit seine Stimmkraft und seinen Einfluss schwächen.

f. Missbrauch der Mehrheitsmacht

Der Missbrauch der Mehrheitsmacht kann in vielen Formen auftreten, beispielsweise durch die Durchführung von Geschäften zu Lasten des Minderheitsgesellschafters oder die Veräußerung von GmbH-Vermögen zu nicht marktüblichen Konditionen. Solche Handlungen können den Wert der Anteile des Minderheitsgesellschafters erheblich mindern.


3. Rechtsschutz für Minderheitsgesellschafter gegen den Mehrheitsgesellschafter

Minderheitsgesellschafter in einer GmbH können sich oft benachteiligt oder übergangen fühlen, insbesondere wenn Mehrheitsgesellschafter ihre Macht missbrauchen. Entsprechende Möglichkeiten und Konstellationen hierfür wurden vorausgegangen aufgeführt.

Vor diesem Hintergrund hat der Gesetzgeber rechtliche Mechanismen geschaffen, die den Schutz von Minderheitsgesellschaftern gewährleisten:

a. Anfechtung von Gesellschafterbeschlüssen

Wenn ein Minderheitsgesellschafter der Meinung ist, dass ein Beschluss gegen das Gesetz oder den Gesellschaftsvertrag verstößt, kann er diesen Beschluss anfechten. Dies gibt ihm die Möglichkeit, rechtswidrige Entscheidungen zu bekämpfen und sicherzustellen, dass seine Rechte gewahrt werden.

b. Ausschluss aus wichtigem Grund 

In extremen Fällen, in denen der Mehrheitsgesellschafter seine Macht missbraucht oder gegen die Interessen der Gesellschaft handelt, kann ein Minderheitsgesellschafter versuchen, den Mehrheitsgesellschafter aus wichtigem Grund aus der Gesellschaft auszuschließen.

c. Schadensersatzansprüche

Wenn ein Mehrheitsgesellschafter seine Pflichten schuldhaft verletzt, kann der Minderheitsgesellschafter Schadensersatzansprüche geltend machen. Dies bietet einen finanziellen Ausgleich für eventuelle Verluste oder Schäden, die dem Minderheitsgesellschafter entstanden sind.

d. Gerichtliche Missbrauchskontrolle

Ein Minderheitsgesellschafter kann gerichtlich gegen Beschlüsse vorgehen, die er als missbräuchlich oder seine Rechte verletzend empfindet. Dies bietet eine wichtige Kontrollfunktion und stellt sicher, dass die Rechte aller Gesellschafter, unabhängig von ihrer Beteiligungsgröße, geschützt sind.


4. Fazit:

Die Machtverhältnisse in einer GmbH können komplex und herausfordernd sein, insbesondere wenn es Spannungen zwischen Mehrheits- und Minderheitsgesellschaftern gibt. 

Während ein Mehrheitsgesellschafter viele Werkzeuge zur Verfügung hat, um seinen Willen durchzusetzen, gibt es dennoch rechtliche Mechanismen, die den Minderheitsgesellschafter schützen. 

Es ist von entscheidender Bedeutung, dass alle Gesellschafter ihre Rechte und Pflichten kennen und bei Abzeichnung einer Gesellschafterstreitigkeit frühzeitig einen fachkundigen Rechtsanwalt hinzuziehen. 

Nur hierdurch kann ein Gesellschafter seine Rechte und Vermögenswerte wahren.



Dieser Artikel stellt keine konkrete und individuelle Rechtsberatung dar, sondern gibt lediglich einen groben Erstüberblick über die geschilderte und sehr komplexe rechtliche Materie. Rechtliche Sicherheit für Ihre konkrete Fallkonstellation können Sie nur durch abgestimmte Prüfung und Beratung eines fachkundigen Rechtsanwalts erhalten. 


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Foto(s): Dr. Holger Traub

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