Mein Haus ist dein Haus? BGH aktuell zur Eigenbedarfskündigung

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Zu Wohnen ist für jeden ein elementares Bedürfnis; entsprechend wichtig ist für Mieter der Bestand ihres Mietvertrages. Auf der anderen Seite garantiert das Grundgesetz dem Hauseigentümer auch im Rahmen einer Vermietung die Wahrnehmung seiner Eigentumsrechte. Diesem Spannungsfeld versuchen die mietrechtlichen Regelungen im Bürgerlichen Gesetzbuch gerecht zu werden, indem dem Vermieter als berechtigtes Interesse zur Kündigung eines Mietvertrages die Eigenbedarfskündigung an die Hand gegeben wird, während der Mieter aus sozialen Härtegründen der Kündigung des Vermieters widersprechen kann, wenn die Beendigung des Mietverhältnisses eine nicht zu rechtfertigende Härte nach § 574 BGB darstellt.

In zwei aktuellen Entscheidungen vom 22.05.2019 präzisierte der BGH die Vorgaben für die Geltendmachung des Eigenbedarfs als Kündigungsgrund und den Einwand des Bestehens von Härtegründen. 

In dem Verfahren VIII ZR 180/18 hatte eine Familie mit zwei Kleinkindern eine 3-Zimmer-Wohnung in Berlin zur Eigennutzung erworben, welche von einer demenzerkrankten Mieterin seit Jahrzehnten bewohnt wurde. Hier stellte der Senat klar, dass der Erwerb einer vermieteten Wohnung eine Eigenbedarfskündigung nicht ausschließt. Nach dem Härteeinwand der Mieterin sei dann eine besonders umfassende Abwägung der beiderseitigen Belange mit einer detaillierten Sachverhaltsaufklärung durch die Instanzgerichte notwendig, ob im Einzelfall die Interessen des Mieters an der Fortsetzung des Mietverhältnisses das Erlangungsinteresse des Vermieters überwiegen.

Die Karlsruher Richter machten deutlich, dass alleine die Faktoren Alter oder eine lange Mietdauer mit einer Verwurzelung im Umfeld an sich noch keinen Härtefall darstellen; werden aber umgekehrt vom Mieter ausführlich schwerwiegende Gesundheitsgefahren vorgetragen und durch ein ärztliches Attest untermauert, sei dies ernst zu nehmen und im Rahmen einer Räumungsklage von den damit befassten Gerichten ein Sachverständigengutachten einzuholen, an welchen Erkrankungen der Mieter leidet und wie sich dies auf seine Lebensweise, mögliche Verschlechterungen des Zustandes und seine körperliche Verfassung auswirkt. Dabei muss auch geklärt werden, inwieweit mögliche Folgen eines Umzugs durch Unterstützung durch ein Umfeld oder ärztliche/therapeutische Behandlungen mindern lassen. Nur so könne das Gericht sachgerecht im Einzelfall sich eine Meinung darüber bilden, wer im Einzelfall mit seinen Interessen zurückstehen muss.

Gleiches gilt nach Auffassung der Richter in dem Rechtsstreit mit dem Aktenzeichen VIII ZR 167/17, in welchem ebenfalls von den Vorinstanzen ein von dem Mieter beantragtes Sachverständigengutachten zur drohenden Verschlechterung des Gesundheitszustandes nicht eingeholt wurde. Zudem gab das Gericht vor, bei einem bestrittenen Eigenbedarf müsse das Amtsgericht einem Beweisangebot für das Bestehen des Eigenbedarfs nachgehen und dürfe nicht einfach ohne Beweisaufnahme über den streitigen Eigenbedarf entscheiden.

Damit setzt der BGH seine Linie fort, bei Eigenbedarfskündigung eine sorgfältige Darstellung des Sachverhalts durch die Parteien und eine detaillierte Aufklärung durch die Gerichte anzumahnen.


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