Messunsicherheit bei nicht geringer Cannabismenge - OLG Stuttgart vom 17.10.2016

  • 1 Minuten Lesezeit

Bei Cannabisprodukten wird ab einem Wert von 7,5 g THC von einer nicht geringen Menge ausgegangen (BGHSt 33, 8; BGHSt 42, 1). Die Grenze ist für zur Einordnung als Straftat gem. § 29 BtMG oder § 29a BtMG entscheidend. § 29 a BtMG hat als Verbrechenstatbestand eine Mindeststrafe von einem Jahr zur Folge. Liegt nur eine geringe Menge vor, ist keine Mindestfreiheitsstrafe vorgesehen und häufig noch eine Geldstrafe möglich. Liegt nur Eigenverbrauch vor, ist eine Einstellung gemäß § 29 Abs. 5 BtMG möglich.

Das Oberlandesgericht Stuttgart hat sich mit Urteil vom 17.10.2016 - 2 Ss 542/16 – zur Ermittlung der "nicht geringe Menge" geäußert. Demnach ist bei Cannabisprodukten in § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG die dem Messvorgang innewohnende Messunsicherheit zugunsten des Angeklagten von dem gemessenen Wirkstoffgehalt an verfügbarem Tetrahydrocannabinol (THC) abzuziehen.

In einem Grundsatzurteil hat der Bundesgerichtshof am 18. Juli 1984 zur Frage, ob das Tatbestandsmerkmal "in nicht geringer Menge" erfüllt ist, geäußert ( BGH, Urteil vom 18. Juli 1984 - 3 StR 183/84 ). Demnach ist diese nicht vom Tatrichter aufgrund einer Würdigung der Gesamtumstände zu entscheiden, vielmehr gebiete der Bestimmtheitsgrundsatz (Art. 103 Abs. 2 GG; § 1 StGB) eine Präzisierung, weil von der Verwirklichung allein dieses Tatbestandsmerkmals die Einstufung eines strafbaren Verhaltens als Verbrechen abhängt.

Cannabisprodukte sind nach dem Bundesgerichtshof von wesentlich geringerer Gefährlichkeit als Heroin und anders als bei Heroin "äußerst gefährliche" toxische Dosen (vgl. BGHSt 32, 162, 163). Jedenfalls werden diese so selten gewonnen, dass Angaben darüber nicht möglich seien (BGH, s.o.). Ungenauigkeiten von Messgeräten werden dem Urteil des OLG Stuttgart vom 17.10.2021 zufolge gerade nicht erörtert (OLG Stuttgart, Urteil vom 17.10.2016 - 2 Ss 542/16).

Bei anderen Betäubungsmitteln gelten andere Grenzen: Amphetamin wird beispielsweise ab einer 10g Amphetaminbase, Kokain ab 5g Hydrochlorid als nicht geringe Menge angesehen.

Der Autor, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht und Verkehrsrecht Christian Steffgen, ist seit 20 Jahren mit Verteidigungen von Betäubungsmittelstraftaten spezialisiert.

Eine kostenlose anwaltliche Ersteinschätzung per Telefon oder e-mail ist möglich.

Foto(s): Fotolia_67171930_M.jpeg

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Christian Steffgen

Beiträge zum Thema