Mietrecht: Allein das Alter schützt nicht vor einer Eigenbedarfskündigung

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Mit Entscheidung vom 03.02.2021 (Az.: VIII ZR 68/19) hatte der Bundesgerichtshof entschieden, dass allein das hohe Alter eines Mieters diesen nicht vor einer Eigenbedarfskündigung schützt. Diese Entscheidung war überraschend, da der Bundesgerichtshof dafür bekannt ist, Mietern und Mieterinnen größtmöglichen Schutz zu gewährleisten. Doch in diesem Mietrechtsfall einer 88-jährigen Frau entschied das höchste Zivilgericht für den klagenden Vermieter und verwies den Fall an das Landgericht zurück. Lesen Sie in diesem Artikel, worum es in dem Fall konkret ging, welche Maßstäbe der Bundesgerichtshof angelegt hat und worauf bei einer Abwehr der Eigenbedarfskündigung zu achten ist.

Der Fall in aller Kürze

Die Mieterin war 1997 mit ihrem Ehemann in eine Wohnung in Berlin gezogen. Die Wohnung wurde im Jahr 2015 an eine neue Eigentümerin verkauft. Diese wollte die Wohnung zukünftig gerne selber nutzen bei ihren regelmäßigen Aufenthalten in Berlin. Die Mieterin, die mittlerweile 88 Jahre alt war, wollte nicht ausziehen und erhob gegen die Eigenbedarfskündigung Widerspruch. Die neue Eigentümerin verklagte die alte Dame daraufhin vor Gericht auf Räumung. Das erstinstanzlich zuständige Amtsgericht und auch das in der Berufung zuständige Landgericht Berlin wiesen die Klage ab. Der Bundesgerichtshof hob diese Entscheidungen jedoch auf und verwies den Fall an das Landgericht zur erneuten Entscheidung zurück.  

Das Wichtigste zur Eigenbedarfskündigung  

Die Kündigung eines Mietverhältnisses ist nur dann wirksam, wenn ein relevanter Kündigungsgrund vorliegt. Welche Gründe beachtlich sind, regelt das Gesetz. Auch der Eigenbedarf stellt einen gesetzlichen Grund für eine Kündigung dar. Eigenbedarf liegt immer dann vor, wenn der Vermieter die Wohnung für sich, Familienangehörige, Haushaltshilfen und neuerdings auch für Au-Pair-Personal braucht. 

Der Vermieter muss den Eigenbedarf jedoch konkret darlegen und nicht nur pauschal behaupten. Hält der Mieter den Eigenbedarf für nicht gegeben oder würde die Beendigung des Mietverhältnisses für den Mieter, seine Familie oder einen anderen Angehörigen des Haushalts eine unverhältnismäßige Härte bedeuten, kann ein Mieter der Eigenbedarfskündigung widersprechen.

Die Argumentation der Mieterin

Die Mieterin argumentierte im Rahmen des Räumungsprozesses vor Gericht, dass sie und ihr Ehemann im Zeitpunkt der Kündigung bereits 85 und 88 Jahre alt waren und ein Umzug daher für beide nicht mehr zumutbar sei. Der Ehemann verstarb zudem während des noch laufenden Prozesses. Diese Argumentation überzeugten die beiden vorinstanzlichen Gerichte und wiesen die Räumungsklage der neuen Eigentümerin ab. Aus Sicht des Amts- und Landgerichts lag aufgrund des hohen Alters der Mieter ein Härtefall vor, der auch unter Würdigung der berechtigten Interessen der neuen Eigentümerin nicht gerechtfertigt werden könne.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs

Der Bundesgerichtshof folgte dieser Wertung nicht und hob die vorangegangene Entscheidung des Landgericht Berlin wieder auf. Der Fall musste nochmal neu vor dem Landgericht verhandelt werden. Der Bundesgerichtshof betonte in einer Entscheidung, dass Fälle der Eigenbedarfskündigung immer im konkreten Einzelfall entschieden werden müssen. Allein das hohe Alter führt demnach nicht generell zu einem relevanten Härtefall. Artikel 25 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union schütze nach Ansicht des Bundesgerichtshofs zwar das Leben selbst und auch die Teilnahme am sozialen und kulturellen Leben älterer Menschen. Allerdings - so der Bundesgerichtshof - stehe der Eigentumsschutz aus dem Grundgesetz nach Artikel 14 diesem Recht auf selber Stufe entgegen. Es müsse daher in jedem Einzelfall eine individuelle Abwägung der gegensätzlichen Interessen stattfinden, um eine gerechte Entscheidung für die eine oder die andere Seite treffen zu können. Das pauschale Abstellen auf das hohe Alter genüge diesem individuellen Abwägungsprozess nicht. 

Worauf ist beim Widerspruch gegen eine Eigenbedarfskündigung zu achten?

Die Begründung einer sozialen Härte sollte demnach nicht allein auf das hohe Alter einer Mietpartei gestützt werden. Die Begründung sollte stattdessen Ausführungen im Hinblick auf die soziale Verwurzelung in dem Wohnort und ggf. vorliegende Erkrankungen und der örtlichen Nähe zu Ärzten, aber auch ggf. psychische Auswirkungen infolge eines notwendigen Umzuges usw. enthalten. Nur bei einer solchen konkreten Begründung ist es möglich, dass die Interessenabwägung zugunsten der Mietpartei ausfällt und das Interesse des Eigentümers an der Geltendmachung des Eigenbedarfs zurückstehen muss. 

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Foto(s): ©Adobe Stock/bernardbodo

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