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Mit der Beförderung ist es nicht getan

  • 2 Minuten Lesezeit
Christian Günther anwalt.de-Redaktion

[image]Für die Sturzverletzung eines Reisenden auf einem vereisten Bahnsteig ist nicht nur der Winterdienst verantwortlich. Ebenso haftet das Bahnunternehmen aufgrund des Personenbeförderungsvertrags. Die Sicherheit auf Bahnhöfen sollte nicht vernachlässigt werden. In den Wintertagen ist zusätzlich auf eis- und schneefreie Wege zu den Bahnsteigen zu achten. Falls nicht, sind schmerzhafte Stürze nur eine Frage der Zeit. So wie bei einer Frau, die von Solingen nach Dresden reisen wollte. Beim Gang zum ICE rutschte sie auf einer glatten Stelle aus und verletzte sich schwer.

Verkehrssicherungspflicht befreit nicht von Verantwortung

Fahrbetrieb und Infrastruktur sind durch das Eisenbahnneuordnungsgesetz bei der Deutschen Bahn AG getrennt worden. Das heißt, die Fahrgäste werden von der Tochterfirma DB Fernverkehr AG befördert, wohingegen die Bahnhöfe von der DB Station & Service AG betrieben werden. Letztere übertrug den Winterdienst auf die DB Services GmbH, die ihrer Aufgabe hier nicht ausreichend nachkam. Die gestürzte Klägerin verlangte Schadensersatz und Schmerzensgeld von den beiden Tochterfirmen. Nachdem die Vorinstanz eine Haftung der DB Fernverkehr AG noch abgelehnt hatte, bejahte das Berufungsgericht und der Bundesgerichtshof (BGH) auch deren Verantwortlichkeit.

Sicherer Weg zum Zug ist vertragliche Nebenpflicht

Der Personenbeförderungsvertrag, den die Klägerin durch den Ticketkauf mit der DB Fernverkehr AG geschlossen habe, verpflichte nicht allein zum Transport von Solingen nach Dresden. Pflicht jedes Vertragsteils sei darüber hinaus, gemäß des Bürgerlichen Gesetzbuches Rücksicht auf den jeweiligen Vertragspartner zu nehmen. Dazu gehöre hier insbesondere, für sichere Wege zur Bahn zu sorgen, selbst wenn das nicht den eigentlichen Aufgabenbereich betreffe. Über den Bahnhofnutzungsvertrag mit der DB Station & Service AG verfüge die DB Fernverkehr AG jedenfalls über entsprechende Einflussmöglichkeiten. Dementsprechend habe sie dafür Sorge zu tragen, dass die von den Reisenden zu benutzenden Bahnanlagen und Bahnsteige verkehrssicher gehalten werden. Das Fehlverhalten der DB Station & Service AG müsse sie sich insoweit zurechnen lassen, da sie sich ihr zur Erfüllung ihrer Aufgaben bediene. Das gelte entsprechend für die DB Station & Service AG, weil sie das für den Winterdienst beauftragte Unternehmen nicht richtig überwachte. Das Urteil zeigt damit, dass die Verantwortung im vertraglichen Bereich oft weiter reicht, als zunächst gedacht.

(BGH, Urteil v. 17.01.2012, Az.: X ZR 59/11)

(GUE)
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