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Mitflug verweigert – EuGH gibt mehr Rechte

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Christian Günther anwalt.de-Redaktion

[image]Passagiere, denen nach einer Umorganisation von Flügen die Beförderung verweigert wird, haben Anspruch auf Ausgleichsleistungen. Das gilt auch, wenn ein Streik der Auslöser dafür war. Aufgrund der Fluggastrechte-Verordnung der EU können Fluggäste, die nach dem Willen der Fluggesellschaft nicht mitfliegen dürfen, einen Ausgleich verlangen. Dafür müssen sie über eine Buchungsbestätigung verfügen und sich gemäß der Angaben der Fluglinie rechtzeitig zur Abfertigung einfinden. Fehlen Zeitangaben, muss das  spätestens 45 Minuten vor der veröffentlichten Abflugzeit geschehen. Ein Flugunternehmen kann einem Anspruch dann nur noch entgehen, wenn ein außergewöhnliches Ereignis vorlag, beispielsweise unsichere Wetterbedingungen, Gefahren wegen unerwarteter Flugzeugmängel und sonstigen Sicherheitsrisiken sowie ein das Luftfahrtunternehmen beeinträchtigender Streik. Letzterer ist jedoch keine pauschale Entschuldigung für eine Nichtbeförderung.

Flüge umorganisiert - Passagier sollte spätere Maschine nehmen

Zu einem Streik war es auch am 29.07.2006 auf dem Flughafen Barcelona gekommen. Der Vormittagsflug einer finnischen Airline nach Helsinki musste deshalb ausfallen. Betroffene Passagiere wurden auf den Flug am Vormittag des Folgetages umgebucht. An diesem Tag gab es in der Nacht zudem noch einen außerordentlichen Zusatzflug. Auch ein Passagier, der eigentlich den nicht vom Streik betroffenen regulären Flug am Vormittag des 30.07.2006 gebucht hatte, wurde von der Airline auf den Nachtflug umgebucht. Dabei hatte er sich rechtzeitig am Vormittag vor dem Start seines eigentlichen Flugs zur Abfertigung eingefunden. Gegen seinen Willen musste er dann allerdings die zusätzlich eingesetzte Nachtmaschine nehmen. Für die dadurch entstandene Verspätung verlangte er einen Ausgleich vor finnischen Gerichten. Die dabei auftretenden Fragen hinsichtlich der EU-weit einheitlich anzuwendenden Fluggastrechte-Verordnung führten zur Befassung des Europäischen Gerichtshof (EuGH).

Umbuchung ist nicht der einzige Grund für eine Nichtbeförderung

Unklar war dabei, ob der Ausgleich ausschließlich Passagieren zusteht, die wegen einer Überbuchung am Boden bleiben mussten. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat nun festgestellt, dass eine Nichtbeförderung auch in anderen Fällen - insbesondere aus betrieblichen Gründen - vorliegen kann. Entscheidend ist, dass ein Passagier nach dem Willen des Flugunternehmens nicht mitfliegen durfte. Insofern war die beklagte Airline, die den Ablauf der umorganisierten Flüge bestimmte, für die Verspätung verantwortlich. Der Streik hatte hierauf nur mittelbaren Einfluss gehabt. Das ist zu wenig für ein außergewöhnliches Ereignis. Dieses liegt nur bei unmittelbar vom Streik betroffenen Flügen vor. Andernfalls wäre ein Fluggast sonst völlig schutzlos, wenn eine Fluglinie sich auch auf Vorkommnisse berufen könnte, deren Lösung sie letztlich selbst in der Hand hat. Die Folgen dieser Rechtsprechung kann sie im Übrigen durch einen Regress bei Dritten abmildern, nicht jedoch auf Kosten ihrer Passagiere. Diese haben in solchen Fällen einen Anspruch auf Ausgleichsleistung.

(EuGH, Urteil v. 04.10.2012, Az.: C-22/11)

(GUE)

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