Mithaftung des Vorfahrtberechtigten bei Verkehrsunfall

  • 1 Minuten Lesezeit

Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung spricht grundsätzlich der Beweis des ersten Anscheins für das Verschulden des sich in den fließenden Verkehr Einfädelnden, wenn es zu einem Unfall mit dem Vorfahrtberechtigten kommt.

Bereits mindestens seit der Entscheidung des LG Osnabrück vom 21. August 1992 – 11 S 29/92 – darf der Vorfahrtberechtigte sein Vorfahrtsrecht aber nicht erzwingen. Das Vorfahrtrecht findet im allgemeinen Rücksichtnahmegebot des § 1 STVO eine Grenze. Dies gilt insbesondere dann, wenn sich der von rechts aus einer Einmündung kommende Wartepflichtige wegen schlechter Einsichtsmöglichkeit in die vorfahrtberechtigte Straße so verhält, dass für einen aufmerksamen Verkehrsteilnehmer erkennbar mit einer Missachtung der Vorfahrt zu rechnen ist.

Zwar wird von einer vollen Haftung des Vorfahrtberechtigten nur dann zu sprechen sein, wenn er den Unfall nachweisbar vorsätzlich herbeigeführt hat. Das OLG Celle hat aber jetzt in seinem Urteil vom 19.12.2017 – 14 U 50/17 – entschieden, dass dem Vorfahrtberechtigten jedoch grundsätzlich eine so hohe Sorgfaltspflicht obliegt, den Straßenverkehr insgesamt im Blick zu haben und sich auf das Fehlverhalten anderer Verkehrsteilnehmer grundsätzlich einzustellen, so dass ihn sogar eine mindestens hälftige Teilschuld an dem Verkehrsunfall trifft, wenn er genügend Zeit hat, den Vorfahrtsverstoß des Unfallgegners zu erkennen und entweder abzubremsen oder aber diesem ohne Gefahr für sich oder andere Dritte auszuweichen. Dabei stellt das OLG Celle darauf ab, dass ein Vorfahrtberechtigter nicht nur für die Betriebsgefahr seines Fahrzeuges zu haften hat, sondern ihn eigenes Verschulden trifft, wenn er durch Unaufmerksamkeit schlicht nicht reagiert, obwohl es ihm möglich wäre.



Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwältin Anja Bleck-Kentgens

Beiträge zum Thema