Mitwirkungspflicht bei Vorfeldermittlungen?

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In den letzten Monaten wurden uns von verschiedenen Mandanten immer wieder Aufforderungen verschiedener Finanzämter aus Baden-Württemberg und Hessen vorgelegt, in denen jeweils auf das Vorliegen von Kontrollmaterial verwiesen wurde, welches Rückschlüsse über Kapitalanlagen der Mandanten bei ausländischen Kreditinstituten liefern soll.

Während die hessische Finanzämter im weiteren Fortgang ihrer Schreiben hier regelmäßig auf ein (reines) Steuerermittlungsverfahren und bestehende Mitwirkungspflichten verweisen, wird seitens der baden-württembergischen Finanzämter zwar nicht explizit auf Mitwirkungspflichten verwiesen. Die Schreiben der badischen Finanzämter schließen mit dem irritierenden Hinweis, dass noch Gelegenheit zu einer strafbefreienden Selbstanzeige bestünde.

In beiden Fallvarianten drängt sich die Frage auf, ob nicht aufgrund des Kontrollmaterials hinreichender Tatverdacht einer Steuerhinterziehung besteht. Dann wären aber zum einen die steuerlichen Mitwirkungspflichten gemäß § 391 AO Abs. 1 suspendiert und der Hinweis auf ein Ermittlungsverfahren erforderlich. Korrespondierend dazu wäre dann auch die – teilweise in Aussicht gestellte – Selbstanzeige wirkungslos.

Nach unserer Auffassung muss vorsorglich hiervon ausgegangen werden.

Gegen unsere Rechtsauffassung und für die Vorgehensweise der Finanzämter streitet zwar auf den ersten Anschein ein Urteil des BFH vom 01.02.2012 (Az. VII B 234/11). In dem zur Entscheidung berufenen Fall waren nach einem vergleichbaren Hinweis auf Kontrollmaterial wegen unterlassener Vorlage der geforderten Belege Zwangsgelder gegen den Kläger festgesetzt worden. Hiergegen richtete sich die Klage und Revision des Steuerpflichtigen. Die Vorinstanz und der BFH kamen jedoch zu dem Ergebnis, dass sich in solchem Falle lediglich um Vorfeldermittlungen handele. Eine Suspendierung der Mitwirkungspflichten bestünde noch nicht. Vielmehr hätte es der Steuerpflichtige in der Hand ein Strafverfahren durch eine strafbefreiende Selbstanzeige abzuwenden.

Dieses Urteil muss jedoch unbedingt im Lichte der seitdem ergangenen Gesetzesreformen gewürdigt werden. Seit dem 01.01.2015 ist eine strafbefreiende Selbstanzeige gemäß § 371 Abs. 2 Nr. 2 AO ausgeschlossen, wenn die Steuerstraftat im Zeitpunkt der Berichtigung bereits entdeckt war und der Täter mit einer Entdeckung zumindest rechnen musste. Der Begriff der Tatentdeckung wird zwar uneinheitlich ausgelegt und ist höchstrichterlich nicht geklärt. Überwiegend wird jedoch ein Anfangsverdacht als ausreichend erachtet. Da das Finanzamt durch einen Blick in die Steuerakten regelmäßig erkennen kann, ob ausländische Kapitalerträge erklärt werden oder nicht, muss unseres Erachtens wohl von einer Tatentdeckung zumindest dann ausgegangen werden, wenn solche Erträge aus der Steuerakten nicht ersichtlich sind.

Es stellt sich somit die Frage wie mit solchen eingangs beschriebenen Schreiben umzugehen ist. Eine grundsätzliche Handlungsempfehlung verbietet sich hier. In jedem Falle gilt es abzuwägen, ob nicht durch fristgerechte Entsprechung der angeblichen Mitwirkungspflicht das Tor zur strafbefreienden Selbstanzeige offengehalten werden kann bzw. in einem anschließenden Steuerstrafverfahren Verwertungsverbote zu diskutieren sind.

Nicht minder interessant stellt sich in solchen Fällen die Frage nach einer Ablaufhemmung. Denn schließlich erfordert diese über den Wortlaut des § 171 Abs. 5 AO hinaus, dass die Steuerfahndung für den Steuerpflichtigen erkennbar mit Ermittlungen begonnen hat. Dies ist für den Laien nicht immer erkennbar.


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