Mögliche Lösungen zum Erhalt einer eigengenutzten Immobilie im Insolvenzverfahren

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Insolvenz und Restschuldbefreiung - was passiert mit der privat genutzten Immobilie? Gibt es Wege zu ihrem Erhalt?


Bestehen hohe Schulden, die nicht mehr oder nur unter größten Schwierigkeiten bedient werden können, stellt sich angesichts der Möglichkeit, durch ein Insolvenzverfahren nach 3 Jahren die Befreiung der drückenden Schuldenlast  zu erreichen, für die Betroffenen die Frage, welche Folgen ein Insolvenzantrag auf vorhandenes Immobiliareigentum hat und ob es Möglichkeiten gibt, die Immobilie zu behalten. 

Juristen antworten auf eine rechtliche Frage meist mit dem Satz: "Es kommt darauf an", weil die Fallgestaltungen so unterschiedlich sind, dass das juristische Ergebnis von sehr vielen einzelnen Aspekten abhängt. Leider gilt dies auch bei der vorliegenden Fragestellung, deren Beantwortung von der jeweiligen Situation sehr stark abhängig ist. 

Um sich die Folgen eines Insolvenzverfahrens auf das Schicksal einer eigengenutzten Immobilie des Schuldners klar zu machen, müssen daher einige wesentliche Aspekte beachtet werden. 

Wichtig zu wissen ist zunächst, dass durch Eröffnung eines Insolvenzverfahrens sämtliche pfändbaren Vermögenswerte (auch die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erlangten) dem sogenannten Insolvenzbeschlag (§§ 35 und 36 InsO) und damit dem Zugriff des Insolvenzverwalters unterliegen (§ 80 InsO). Diese Folge ist völlig unabhängig davon, woher die Verbindlichkeiten stammen - betroffen ist das gesamte Vermögen. Auch wenn die bestehenden Verbindlichkeiten etwa ausschließlich aus einer selbständigen Tätigkeit resultieren, sind im Insolvenzverfahren auch die privaten Vermögensgegenstände betroffen und fallen in die Insolvenzmasse, die vom Insolvenzverwalter zur Befriedigung der Insolvenzgläubiger verwertet wird. Ist ein Schuldner Eigentümer einer Immobilie, gehört auch diese zur Insolvenzmasse und ist vom Insolvenzverwalter grundsätzlich zu verwerten. 

Eigentumsrecht von anderen Personen

Wohnt der Schuldner in einer Immobilie, die allein dem Ehepartner oder einer sonstigen Person gehört, zählt diese naturgemäß nicht zur Insolvenzmasse und ist vom Insolvenzverfahren nicht betroffen. 

Der Grundsatz der Massezugehörigkeit und der Verwertung durch den Insolvenzverwalter gilt beim Eigentum des Schuldners hingegen uneingeschränkt, wenn eine Immobilie nicht mit Grundpfandrechten (Grundschulden, Hypotheken - auch Zwangssicherungshypotheken) belastet ist. Hat ein Schuldner z.B. ein bereits abbezahltes Haus geerbt, in dem er lebt, fällt das Eigentumsrecht an diesem Haus in die Insolvenzmasse und der Schuldner muss dann davon ausgehen, dass die Immobilie vom (späteren) Insolvenzverwalter verwertet/veräußert wird und er sich nach einer neuen Bleibe umsehen muss (Ausnahmefälle sollen hier unbehandelt bleiben).

Eigentum belastet mit Grundpfandrechten

Häufig sind eigengenutzte Immobilien allerdings belastet mit einer Grundschuld zugunsten eines Kreditinstitutes, das einen Teil des Kaufpreises oder der Sanierungskosten finanziert hat. Dann gehört das Immobilieneigentum zwar ebenfalls in die Insolvenzmasse und dem Insolvenzverwalter steht das Verwertungsrecht zu. Allerdings kann der Insolvenzverwalter die Immobilie in diesem Fall nur mit der bestehenden Belastung des Eigentums durch die Grundschuld veräußern, sofern er sich nicht mit dem betreffenden Kreditinstitut abspricht und mit diesem eine Regelung trifft. Ob er eine solche Absprache mit dem Grundschuldgläubiger trifft, wird in aller Regel davon abhängen, ob die Belastung durch die Grundschuld (oder besser: durch die Verbindlichkeit, für die die Grundschuld besteht) wertausschöpfend ist oder nicht und ob er damit auch einen Teilbetrag des Erlöses für die Insolvenzmasse realisieren kann. Ist beispielsweise das massezugehörige Haus 500.000 € wert, es bestehen allerdings nur (noch) durch die Grundschuld gesicherte Verbindlichkeiten in Höhe von 300.000 €, wird ein Insolvenzverwalter gegebenenfalls den Verkauf der Immobilie betreiben. Er kann natürlich auch einfach abwarten, bis die Gläubigerbank die Immobilie (durch Zwangsversteigerung) verwertet. Die Insolvenzmasse wird dann nämlich auch ohne besondere Bemühungen des Insolvenzverwalters einen Mehrerlös aus der Zwangsversteigerung erhalten. 

Hat der Schuldner in seinem persönlichen Umfeld Personen (Ehe-Partner, Kinder, Eltern oder sonstige Personen), die vermögend sind, bestehen potentiell Möglichkeiten, die Immobilie für den Schuldner bzw. für dessen weitere Nutzung zu erhalten. Eine solche Lösung kann z.B. Sinn machen, wenn die Gesamtverbindlichkeiten aus einer selbständigen Tätigkeit zu hoch für eine Gesamtvergleichsregelung (andernfalls wäre ja auch ein vorheriger Vergleich ohne Insolvenzantrag zu überlegen), aber Mittel zur Regelung des Erhalts des Hauses durchaus vorhanden sind. In einem solchen Fall müssen Gespräche sowohl mit der Gläubigerbank als auch dem Insolvenzverwalter geführt werden. Würden nur die Kreditverbindlichkeiten abgelöst, verbliebe die Immobilie in der Insolvenzmasse und könnte dann nach Ablösung lastenfrei für die Masse veräußert werden. Es muss daher geklärt werden, wie hoch der Wert der Immobilie eingeschätzt wird, welcher Betrag der Gläubigerbank zufließen soll und welcher Betrag der Insolvenzmasse und dass der Insolvenzverwalter sodann die Immobilie aus der Masse freigibt. Dann wäre diese nicht mehr Teil der Insolvenzmasse. Ein Schutz vor dem Zugriff auf die Immobilie durch Insolvenzgläubiger besteht sowohl für die Dauer des eröffneten Insolvenzverfahrens (§ 89 Abs. 1 InsO) als auch nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens bis zum Ende der 3-jährigen Dauer des Restschuldbefreiungsverfahrens (§ 294 Abs. 1 InsO). Zu beachten sind jedoch mögliche Verbindlichkeiten, für die die Restschuldbefreiung nicht gilt (§ 302 InsO), und das mögliche Risiko, dass die Restschuldbefreiung nicht erteilt (§ 290 InsO) oder widerrufen (§ 303 InsO) wird. Es empfehlen sich daher Regelungen, die einen solchen Fall berücksichtigen (etwa durch Abtretung der Grundschuld an den Finanzier oder durch Neubestellung oder von Vornherein durch Verkauf der Immobilie an den Dritten). 

Schuldner ist nur Miteigentümer

Häufig ist der Schuldner nicht Alleineigentümer der eigengenutzten Immobilie, sondern nur Miteigentümer mit seinem Ehegatten oder anderen Personen. In einem solchen Fall fällt nur der betreffende Miteigentumsanteil des Schuldners in die Insolvenzmasse. Die Rechte des Insolvenzverwalters beziehen sich daher nur auf diesen Anteil! 

Die Veräußerung nur eines Miteigentumsanteils ist in aller Regel praktisch nicht erfolgversprechend (sofern es sich nicht um Wohneigentum nach WEG handelt und der Schuldner alleiniger Inhaber des Miteigentumsanteils in Verbindung mit Sondereigentum an einer Wohnung ist). Allerdings kann der Insolvenzverwalter in einem solchen Fall eine Teilungsversteigerung beantragen und auf diesem Weg eine Verwertung der Gesamtimmobilie betreiben. Er erhielte dann den auf seinen Anteil entfallenden Erlösanteil. Ist eine solche Konstellation gegeben, sollten frühzeitig etwaige Möglichkeiten der anderen Miteigentümer für einen Erwerb des in die Insolvenzmasse fallenden Anteils geprüft und erwogen werden. Hat etwa ein Schuldner einen Miteigentumsanteil von 1/4 und der Wert der Immobilie beträgt 200.000 €, dann bietet sich ein käuflicher Erwerb des schuldnerischen Anteils vom Insolvenzverwalter für einen Betrag im Bereich des anteiligen Wertes von 50.000 € an (hier besteht etwas Verhandlungsspielraum, da der Insolvenzverwalter sich auf diese Weise das Teilungsversteigerungsverfahren, die Aufbringung der Kosten hierfür etc. erspart). Ist das Gesamteigentum mit einer Grundschuld oder mehreren belastet, müssen wiederum für eine etwaige Lösung der Wert der Immobilie, die Höhe der Belastung und die Möglichkeiten des Insolvenzverwalters für eine Verwertung geprüft werden. Ist das Objekt wertausschöpfend belastet, ist jedoch der Insolvenzverwalter so lange in etwaige Einigungsbemühungen einzubeziehen, wie er das Objekt nicht aus der Masse freigegeben hat. Bei erfolgter Freigabe ist (nur) noch eine Regelung mit der Gläubigerbank zu treffen. 

Zusätzliche Fragen wegen des Bankendarlehens

Beeinflusst werden die notwendigen Überlegungen für eine etwaige Lösung allerdings auch durch die konkreten Darlehensverhältnisse. Ist der Schuldner allein Darlehensnehmer, wird die Gläubigerbank - selbst wenn die Annuitäten bislang ohne Ausnahme bezahlt wurden - nach Insolvenzeröffnung eine Kündigung aussprechen, so dass die Rückzahlung des Darlehens in voller Höhe fällig wird. 

Ist der Schuldner hingegen nicht der Darlehensnehmer, führt seine Insolvenz allein jedenfalls nicht zu einer Kündigung. Zu dieser kann es nur dann kommen, wenn der Darlehensnehmer wirtschaftlich vom Schuldner abhängt und dadurch ebenfalls in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerät. 

Gibt es - wie häufig - mehrere Darlehensnehmer (typischerweise Ehegatten für den Erwerb des Familienheims), wird die Bank in aller Regel eine Kreditkündigung aussprechen, selbst wenn die künftigen Annuitäten aufgrund der wirtschaftlichen Situation des nicht insolventen Schuldners nicht von Vornherein ausgeschlossen erscheinen. Eine andere Handhabung ist allerdings in der Praxis auch denkbar, d.h. Banken verzichten mitunter auf eine Kündigung, wenn aufgrund der Umstände des Einzelfalls eine Rückführung des Restdarlehens nahezu sicher erscheint. 

Ist eine Kreditkündigung durch die Gläubigerbank bereits erfolgt, wird diese in der Folge eine Verwertung der Immobilie durch Zwangsversteigerung betreiben, soweit ihre durch die Kündigung fällige Restforderung nicht ausgeglichen wird. Spätestens mit Erhalt der Kündigung empfiehlt sich daher - sofern wirtschaftliche Möglichkeiten für eine Regelung bestehen, sei es durch eine anderweitige Finanzierung des nicht insolventen Teils, sei es (teilweise) durch Drittmittel - zügig mit der Gläubigerbank Kontakt aufzunehmen. Eine einvernehmliche Lösung mit der Gläubigerbank ist in jedem Fall nötig. Bei den Gesprächen sind die zuvor ausgeführten Aspekte für eine Lösung bezüglich der in die Insolvenzmasse fallenden Anteile, der Wertverhältnisse und des Grades der wirtschaftlichen Belastung der Immobilie zu beachten. Soweit die Immobilie sogar über ihren Wert hinaus belastet ist (etwa weil Verbindlichkeiten aus einer selbständige Tätigkeit durch zusätzliche Grundschulden an der Privatimmobilie besichert wurden), ist mit der Gläubigerin ein Einvernehmen über den Ablösebetrag zu erzielen. Soweit der Insolvenzverwalter das Objekt (noch) nicht aus der Masse freigegeben hat, wäre auch mit diesem über die Modalitäten einer Freigabe oder eines Verkaufs zu sprechen. 

Wie schon die Darstellung gezeigt hat, ist die Situation bei vorhandenem Immobiliareigentum und beabsichtigtem (oder auch bereits erfolgtem) Insolvenzantrag bzw. nach Insolvenzeröffnung recht komplex. Es stellen sich zahlreiche rechtliche, wirtschaftliche und taktische Fragen, die je nach Sachlage völlig unterschiedlich zu beantworten sind. Mögliche Lösungswege hängen darüber hinaus auch vom Verhalten der involvierten Personen ab. Einfache Pauschallösungen verbieten sich dabei schon im Ansatz. Eine kompetente Beratung, die die "Fallstricke" solcher Konstellationen erkennt und berücksichtigt, ist dringend erforderlich, damit der eingeschlagene Weg nicht auch noch zusätzlichen Schaden im Umfeld des Schuldners verursacht. 



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