Muss die Bank den Schaden nach dem Diebstahl einer Bankkarte ersetzen?

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In diesem Artikel geht es um (Trick-)Diebstahl von Bankkarten und anschließenden Kartenmissbrauch.


Professionelle Banden haben sich darauf spezialisiert, Bankkarten zu entwenden und anschließend das Konto des Karteninhabers leer zu räumen. Ein typischer Fall könnte in etwa folgendermaßen ablaufen. Beim Bezahlen an der Supermarktkasse wird heimlich die PIN der Bankkarte ausgespäht. Anschließend wird die Bankkarte durch das Zusammenwirken mehrerer Täter entwendet, in dem der Karteninhaber zuerst abgelenkt wird, damit er nicht bemerkt wie ein anderer Täter die Bankkarte wegnimmt. Unmittelbar nach dem Diebstahl begeben sich die Täter zum nächsten Bankautomaten und entnehmen so viel Geld wie nur möglich ist. Danach geht es weiter mit Einkäufen und weiteren Bargeldauszahlungen in Ladengeschäften. Der Schaden kann leicht eine Größenordnung von 10.000 EURO erreichen.


Für den Geschädigten stellt sich nun die Frage, ob er selbst auf dem Schaden sitzen bleibt oder ob die Bank bzw. die Sparkasse diesen übernehmen muss.


Wichtig ist zunächst, dass der Schaden so weit wie möglich begrenzt wird, in dem sofort die Karte gesperrt wird. Am besten man ruft hierzu die zentrale Sperr-Notrufnummer 116 116 an. Die eigene Bank sollte vorsorglich zusätzlich informiert werden. Wer nicht sofort die Karte sperren lässt, nachdem bemerkt wird, dass diese abhandengekommen ist, läuft Gefahr, aus diesem Grund auf dem Schaden sitzen zu bleiben.


Anschließend sollte der Diebstahl und der Kartenmissbrauch bei der Polizei gemeldet werden (Strafanzeige).


Für denjenigen, der bis hierher alles richtig gemacht hat, gibt es gute Nachrichten. Grundsätzlich muss dann nämlich die Bank den Schaden tragen. Der Bankkunde haftet nur für solche Zahlungen mit der Bankkarte, welche von dem Bankkunden „autorisiert“ wurden. Wenn die Bankkarte nicht vom Bankkunden, sondern von einer Diebesbande benutzt wurde, fehlt es an der Autorisierung durch den Bankkunden. Die von der Bank geleistete Zahlung darf in diesem Fall grundsätzlich nicht dem Bankkonto des Karteninhabers belastet werden. Sofern die Bank das Konto belastet hat, ist sie gemäß § 675u S. 2 BGB verpflichtet, dies durch Gutschrift wieder auszugleichen.


Gemäß § 675v Abs. 1 BGB ist der Bankkunde allerdings der Bank gegenüber zum Ersatz des entstandenen Schadens bis zu einem Maximalbetrag von 50 EURO verpflichtet. Dies gilt aber nur dann, wenn die Bank in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen hierauf nicht verzichtet hat. Der Zahler haftet auch nicht, wenn es ihm nicht möglich gewesen ist, den Verlust, den Diebstahl, das Abhandenkommen oder eine sonstige missbräuchliche Verwendung des Zahlungsinstruments vor dem nicht autorisierten Zahlungsvorgang zu bemerken oder der Verlust des Zahlungsinstruments durch einen Angestellten, einen Agenten, eine Zweigniederlassung eines Zahlungsdienstleisters oder eine sonstige Stelle, an die Tätigkeiten des Zahlungsdienstleisters ausgelagert wurden, verursacht worden ist.


Zum Ersatz des gesamten Schadens ist der Bankkunde natürlich dann verpflichtet, wenn er selbst in betrügerischer Absicht gehandelt hat.


In der Praxis kommt es zwischen Bank und Bankkunde meist deshalb zum Streit, weil die Bank sich auf die Regelung des § 675v Abs. 3 Nr. 2 BGB beruft und behauptet, dass der Bankkunde sich grob fahrlässig verhalten habe. Grob fahrlässig handelt derjenige, der gegen die verkehrsübliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verstößt. Nach dem BGH setzt dies einen „in objektiver Hinsicht schweren und subjektiv schlechthin unentschuldbaren Verstoß gegen konkrete Sorgfaltspflichten voraus“. Grobe Fahrlässigkeit nimmt die Rechtsprechung vor allem dann an, wenn der Karteninhaber seine PIN zusammen mit der Karte aufbewahrt hat und somit der Dieb gleichzeitig mit der Karte auch die PIN erlangen konnte. In diesem Fall bleibt der Bankkunde also auf seinem Schaden sitzen. Die Banken versuchen dies jedoch häufig in unzulässiger Weise zu Ihren Gunsten auszunutzen. Es wird einfach behauptet, dass der Bankkunde seine PIN gemeinsam mit der Bankkarte aufbewahrt haben müsse. Zur Begründung wird angeführt, dass es dem Dieb ansonsten nicht möglich gewesen wäre, die Bankkarte unter Verwendung der PIN einzusetzen. Diese Argumentation ist allerdings unzulässig, da die PIN auch beispielsweise beim Bezahlen im Supermarkt ausgespäht werden kann und dies bekanntermaßen häufig vorkommt. Wenn man in solchen Fällen immer dem Bankkunden unterstellen würde, seine PIN nicht geheim gehalten zu haben, würde dies eine unzulässige Beweislastumkehr darstellen. Nach der gesetzlichen Regelung muss nämlich die Bank das grob fahrlässige Verhalten des Bankkunden beweisen und nicht umgekehrt. Gemäß § 675w S. 4 BGB genügt die ordnungsgemäße Autorisierung einer Zahlung mit Bankkarte und PIN gerade nicht, um dem Bankkunden grob fahrlässiges Verhalten zu unterstellen. Danach muss nämlich die Bank unterstützende Beweismittel vorlegen, um Betrug Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit des Kunden nachzuweisen. Die ordnungsgemäße Autorisierung der Zahlung mittels Bankkarte und PIN kann zwar eventuell nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 26.01.2016 – XI ZR 91/14) einen Anscheinsbeweis zugunsten der Bank begründen. Die Bank muss hierzu vor Gericht Protokolle vorlegen, aus denen sich ergibt, dass der Zahlungsvorgang ordnungsgemäß durchgeführt wurde. Für einen Anscheinsbeweis zugunsten der Bank reicht dies aber nur aus, wenn auf Grundlage aktueller Erkenntnisse die allgemeine praktische Unüberwindbarkeit des eingesetzten Sicherungsverfahrens sowie dessen ordnungsgemäße Anwendung und fehlerfreie Funktion im konkreten Einzelfall feststehen. Eine PIN stellt aber gerade keine unüberwindbare Sicherheitsvorkehrungen dar, da es möglich ist, diese auszuspähen, wenn der Karteninhaber die PIN zum Beispiel an der Supermarktkasse eingibt. Zumindest wenn die Bankkarte kurz vor dem Diebstahl unter Verwendung der PIN benutzt wurde, besteht die Möglichkeit des Ausspähens der PIN und es kann kein Anscheinsbeweis zugunsten der Bank eingreifen (BGH, Urteil vom 05.10.2004 - XI ZR 210/03).


Nach unserer anwaltlichen Erfahrung lehnen Banken und Sparkassen in vielen Fällen die Schadensübernahme mit fadenscheinigen Argumenten zu Unrecht ab. Teilweise geben sich die Banken dabei noch „kulant“ in dem versucht wird, den Kunden mit einer Erstattung eines geringen Teilbetrags abzuspeisen. In solchen Fällen ist es sehr zu empfehlen, die Hilfe eines spezialisierten Rechtsanwalts in Anspruch zu nehmen.


Die Kanzlei TREWIUS Rechtsanwälte hilft bei allen Problemen im Zusammenhang mit Banken und Sparkassen und insbesondere bei Fällen von Kartenmissbrauch. Wir stehen Ihnen gerne für eine kostenlose Erstberatung zur Verfügung. Weitere Informationen finden Sie auf unserer Internetseite.


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