Muss ich als Rentner Kindesunterhalt zahlen?

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Erreichen Sie das Rentenalter, zählt auch Ihre Rente als Einkommen. Sie müssen also auch als Rentner Kindesunterhalt zahlen. Die Höhe der Rente bestimmt die Höhe des Kindesunterhalts. Erfahren Sie Besonderheiten zur jeweiligen Art der Rente, zum Selbstbehalt, welche Nebeneinkünfte Sie haben dürfen, und ob Sie als Rentner selbst für ein erwachsenes Kind noch Unterhalt entrichten müssen.

Kindesunterhalt beim Übergang vom Beruf zur Rente

Sind Sie gegenüber einem Kind unterhaltspflichtig, stehen Sie in der Verantwortung, alle verfügbaren Mittel für den Kindesunterhalt einzusetzen. Waren Sie zuvor erwerbstätig, richtete sich die Höhe des Kindesunterhalts nach Ihrem Einkommen. Mit dem Eintritt ins Rentenalter beziehen Sie eine Rente, die gleichfalls als Einkommen zu bewerten ist. Die Rente wirkt sich auf den Kindesunterhalt aber erst später aus, da der Kindesunterhalt sich nach Ihrem durchschnittlichen Einkommen der letzten zwölf Monate bemisst. Es empfiehlt sich also, den Kindesunterhalt zwölf Monate nach Eintritt ins Rentenalter neu zu beziffern.

  • Im Idealfall verständigen Sie sich mit dem unterhaltsberechtigten Kind und setzen die Unterhaltszahlungen in der Höhe neu fest.
  • Sofern der Unterhaltsanspruch des Kindes rechtsverbindlich festgestellt (tituliert) ist und eine Verständigung mit dem Kind nicht möglich erscheint, sollten Sie eine gerichtliche Abänderungsklage in Betracht ziehen und den Kindesunterhalt nach Maßgabe Ihrer Rente neu festsetzen lassen. Andernfalls besteht das Risiko, dass das Kind ungeachtet Ihrer durch die Rente veränderten Einkommensverhältnisse aus dem Unterhaltstitel vollstreckt.
  • Ist der Unterhaltsanspruch des Kindes nicht rechtsverbindlich festgestellt und fordert das Kind nach wie vor Kindesunterhalt in unveränderter Höhe, könnten Sie sich darauf zurückziehen, den Unterhalt nur noch nach Maßgabe Ihrer Rente zu bezahlen und den zuvor gezahlten Kindesunterhalt entsprechend herabzusetzen. Es wäre dann Aufgabe des Kindes, seinen vermeintlich höheren Kindesunterhalt gerichtlich geltend zu machen.

Bereinigtes Nettoeinkommen eines Rentners geht von Rente aus

Erhalten Sie Rente, gilt auch die Rente als Einkommen, das Sie für den Kindesunterhalt verwenden müssen. Ihre Rente prägt Ihre für die Unterhaltspflicht maßgebliche Leistungsfähigkeit (BGH NJW 1983, 1481). Insoweit macht es keinen Unterschied, ob Sie die Rente als Altersrente, Frührente oder Erwerbsminderungsrente beziehen.

Auch wenn Sie die Rente wegen der Scheidung im Wege des Versorgungsausgleichs von Ihrem Ex-Partner erworben haben, zählt diese Rente als Einkommen (BGH FamRZ 2003, 851).

Darüber hinaus zählen auch Ihre eventuellen Einnahmen

  • aus der Vermietung einer Mietimmobilie,
  • Kapitaleinkünfte oder
  • Steuerrückerstattungen

zu Ihrem Einkommen. Aus diesem Einkommen insgesamt ist dann Ihr unterhaltsrelevantes, sogenanntes bereinigtes Nettoeinkommen zu berechnen.

Sonderfall Rente wegen Körper- oder Gesundheitsschäden

Erhalten Sie eine Unfallrente oder Sozialleistungen zum Ausgleich von Körper- oder Gesundheitsschäden, sind diese dem Grundsatz nach als Einkommen zu bewerten. Allerdings ist nach § 1610a BGB zu vermuten, dass das Geld für Ihren dadurch bedingten Mehrbedarf verwendet wird und die Kosten der Aufwendungen der Höhe dieser Sozialleistungen gleichkommen. Die Rente wegen Körper- oder Gesundheitsschäden gilt insoweit nicht als unterhaltsrelevantes Einkommen. Bestreitet das unterhaltsberechtigte Kind, dass Sie das Geld für Ihren Mehrbedarf benötigen, muss es die Vermutung widerlegen und darlegen und beweisen, dass dem so ist.

Sonderfall Schmerzensgeldrente

Erhalten Sie eine Schmerzensgeldrente, dient diese dem Ausgleich Ihres Sonderbedarfs, für den ein Dritter als Schädiger aufkommen muss. Der Zweck der Schmerzensgeldrente besteht im Ausgleich immaterieller Schäden und ist als höchstpersönliche Zuwendung zu betrachten. Die Schmerzensgeldrente gilt daher nicht als unterhaltsrelevantes Einkommen.

Sonderfall Rente nach dem HIV-Hilfegesetz (HIVHG)

Wurden Sie durch Blutprodukte vor dem 1. Januar 1988 unmittelbar mit HIV infiziert oder wurden mit dem HIV infiziert und sind als Folge davon an AIDS erkrankt, kann Ihnen und Ihren Angehörigen eine finanzielle Hilfe nach dem HIV-Hilfegesetz (Gesetz über die humanitäre Hilfe für durch Blutprodukte HIV-infizierte Personen) gewährt werden. HIV-infizierte Personen erhalten monatlich 766,94 € und an Aids erkrankte Personen monatlich 1533,88 €.

Diese Renten sind nicht als unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen zu betrachten (BGH, Beschluss vom 4.7.2018, Az. XII ZB 448/17). Die Leistungen nach dem HIVHG haben keine Einkommensersatzfunktion und werden als humanitäre Hilfe gewährt. Sie sind unterhaltsrechtlich nicht relevant.

Minderung des Nettoeinkommens bei Rentnern

Da Sie als Rentner nicht mehr erwerbstätig sind, können bei der Rente berufsbedingte Aufwendungen und Erwerbstätigenbonus nicht mehr berücksichtigt werden (BGH FamRZ 2011, 454). Berücksichtigungsfähig sind aber insbesondere die Steuern, die Sie eventuell auf Ihre Rente entrichten müssen sowie Ihre Beitragszahlungen zur Krankenkasse und Pflegeversicherung. Daraus ergibt sich Ihr sogenanntes bereinigtes und damit unterhaltsrelevantes Nettoeinkommen. Dieses Nettoeinkommen bestimmt nach Maßgabe der Düsseldorfer Tabelle die Höhe des Kindesunterhalts.

Rechenbeispiel:

Ihre bereinigte, unterhaltsrelevante Rente beträgt 2.200 EUR. Damit werden Sie in der Einkommensgruppe 2 der Düsseldorfer Tabelle eingestuft. Für ein fünfzehnjähriges Kind sind in der Tabelle 678 EUR Kindesunterhalt vorgesehen. Darauf ist die Hälfte des Kindergelds (125 EUR von 250 EUR) anzurechnen. Sie müssten also im Ergebnis 553 EUR Kindesunterhalt zahlen. (Alle Angaben entsprechen schon der Düsseldorfer Tabelle 2024.)

Was ist bei Rentennachzahlungen?

Erhalten Sie aufgrund der rückwirkenden Bewilligung der Rente eine Nachzahlung auf Ihre Rente, werden die Nachzahlungen erst dann berücksichtigt, wenn sie Ihnen zufließen (Zuflussprinzip, BGH FamRZ 1985, 155). Wie bei einer Steuerrückerstattung ist der Betrag bei der Berechnung zukünftiger Unterhaltsbeträge umzulegen und regelmäßig auf zwölf Monate zu verteilen.

Müssen Rentner Unterhalt für erwachsene Kinder zahlen?

Ist Ihr Kind volljährig, bleiben Sie auch als Rentner unterhaltspflichtig, solange das Kind eine Schul- oder Berufsausbildung absolviert und müssen dem Kind eine angemessene Ausbildung ermöglichen. Wohnt das Kind im Haushalt des anderen Elternteils, ist es bis zum 21. Lebensjahr einem minderjährigen Kind gleichgestellt. Dies bedeutet, dass es im Verhältnis zum Unterhaltsanspruch eines minderjährigen Kindes den gleichen Rang einnimmt und gleichermaßen Anspruch auf Kindesunterhalt hat.

Sofern das Kind BAföG-Leistung bezieht, sind diese auf den Unterhaltsanspruch anzurechnen. Erhält das Kind aufgrund der Einkommensverhältnisse der Eltern den Höchstsatz, ist davon auszugehen, dass der Kindesunterhalt nicht mehr zum Tragen kommt. Ihre Unterhaltspflicht entfällt dann, wenn das volljährige Kind kein Interesse an einer beruflichen Ausbildung hat und insoweit selbst in der Verantwortung für seinen Lebensunterhalt steht.

Wie hoch ist der Selbstbehalt für Rentner beim Kindesunterhalt?

Sind Sie Rentner, muss gewährleistet bleiben, dass Ihre Rente Ihren Lebensunterhalt sichert. Sie haben deshalb Anspruch auf einen Selbstbehalt. Mit dem Eintritt in die Rente sinkt der Selbstbehalt gegenüber minderjährigen und volljährigen privilegierten Kindern auf den Wert eines nicht erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen und damit auf 1.200 EUR monatlich. Gegenüber anderen Kindern beträgt der Selbstbehalt 1.750 EUR. Liegt Ihre Rente unterhalb des Selbstbehalts, brauchen Sie im Regelfall keinen Kindesunterhalt zu zahlen.

Gut zu wissen:

Liegt Ihre Rente unterhalb des Selbstbehalts, so dass Sie an sich keinen Kindesunterhalt leisten können, können Sie dennoch verpflichtet sein, dennoch weiterhin zu arbeiten, um der Unterhaltspflicht gegenüber Ihrem Kind nachzukommen. Arbeiten Sie nicht, obwohl Ihnen eine Erwerbstätigkeit zumutbar wäre, kommt die Anrechnung eines theoretisch erzielbaren (fiktiven) Einkommens in Betracht (OLG Brandenburg Urteil v. 10.12.2014, Az. 13 UF 25/12).

Was ist, wenn Sie neben der Rente noch arbeiten?

Ab dem Eintritt ins reguläre Renteneintrittsalter dürfen Rentner neben der Rente unbegrenzt hinzuverdienen, ohne dass der Verdienst auf die Rente angerechnet wird. Verdienen Sie neben dem Bezug Ihrer Altersrente noch zusätzliches Geld durch eine Erwerbstätigkeit, bestehen gute Gründe, Ihre Einkünfte als überobligatorische Einkünfte zu bewerten. Grund ist, dass Sie aufgrund Ihres Alters an sich nicht mehr verpflichtet wären, noch erwerbstätig zu sein.

Das unterhaltsberechtigte Kind sollte also nicht davon profitieren, dass Sie sich trotz Ihres Alters noch abmühen und zusätzliches Geld verdient. Letztlich kommt es darauf an, in welchem Umfang das aus einer überobligatorischen Erwerbstätigkeit erzielte Einkommen nach Billigkeitserwägungen für den Unterhalt einzusetzen ist (BGH FamRZ 2011, 454). Sollte Ihr Einkommen unterhaltsrechtlich relevant sein, dürfen Sie in Bezug auf dieses Einkommen jedenfalls berufsbedingte Aufwendungen und eine Erwerbstätigenbonus einkommensmindernd berücksichtigen.

Unterhaltspflicht von Großeltern im Rentenalter

Als Großeltern sind Sie mit Ihrem Enkelkind in direkter Linie verwandt. Diese Blutsverwandtschaft begründet Ihre Unterhaltspflicht für Ihr Enkelkind. Ihre Unterhaltspflicht als Großelternteil besteht aber nur insoweit, als die leiblichen Eltern des Kindes außerstande sind, das Kind zu versorgen. Sind Sie als Großelternteil insoweit unterhaltspflichtig, bemisst sich die Höhe des Kindesunterhalts nach Ihrer unterhaltsrelevanten Rente und dem Alter des Kindes nach Maßgabe der Düsseldorfer Tabelle.

Alles in allem - jetzt veränderten Unterhalt berechnen lassen mit iurFRIEND

Der Eintritt ins Rentenalter verändert vieles. Die Rente hat auch Auswirkungen auf Ihre Unterhaltspflicht für ein Kind. Um Streitigkeiten vorzubeugen und den Kindesunterhalt an Ihre Verhältnisse anzupassen, bieten wir Ihnen gerne das notwendige anwaltliche Geleit. Nutzen Sie gern das untenstehende Kontaktformular, um Ihre Situation zu beschreiben und eine erste Einschätzung zu erhalten.

Möchten Sie gleich zur Tat schreiten und einen Antrag auf Unterhaltsberechnung stellen, füllen Sie gerne das Formular unter dem folgenden Link aus:

Was Sie bei uns vor ungeahnten Kosten schützt: Sie beantragen zunächst eine Berechnung - Sie beauftragen sie noch nicht, und zahlen demnach erst, wenn Sie die nach der Antragstellung an Sie verschickte Vergütungsvereinbarung oder Vollmacht an uns zurückgesendet haben.

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Foto(s): iurFRIEND

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