Muss ich meinem Arbeitgeber meine private Handynummer mitteilen?
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Die Erreichbarkeit im Homeoffice, die Klärung technischer Fragen oder einfach die Zuordnung von Arbeitsaufgaben – die Fälle, in denen Arbeitgeber ein Interesse daran haben, ihre Arbeitnehmer schnellstmöglich zu erreichen sind zahlreich. Doch überwiegt dieses Interesse so sehr, dass der Arbeitnehmer hierfür auch seine private Handynummer mitteilen muss? Eine Entscheidung des LAG Thüringen [6 Sa 442/17] sagt: in der Regel nein!
Ausgangslage
In der benannten Entscheidung ging es um die Angestellte eines Gesundheitsamtes für Hygiene und Infektionsschutz, in deren Bereich es durchaus auch außerhalb der Arbeitszeit zu Notfalleinsätzen kommen konnte. Um diese Situationen abzusichern und eine schnelle Erreichbarkeit zu ermöglichen verlangte der Arbeitgeber die Herausgabe der privaten Handynummer der Angestellten. Nachdem sich diese dagegen verwehrte erteilte ihr der Arbeitgeber eine Abmahnung. Gegen diese Abmahnung klagte die Angestellte und forderte die Entfernung aus ihrer Akte. Mit Blick auf den Datenschutz und ihre Grundrechte müsse sie ihre private Handynummer nicht an den Arbeitgeber herausgeben.
Zwar ging es in diesem Fall somit vor allem um die Erreichbarkeit der Angestellten außerhalb der regulären Arbeitszeit, jedoch stellt sich die grundsätzliche Frage auch in allen anderen Situationen eines Arbeitsverhältnisses. Denn wie weit geht das Interesse des Arbeitgebers, die Erreichbarkeit über den privaten Weg zu ermöglichen? Und wenn die private Handynummer einmal mitgeteilt wurde, wer verhindert, dass diese ausufernd verwendet wird?
Forderung der privaten Handynummer stellt tiefen Eingriff dar
Das Landesarbeitsgericht gab der Klage der Angestellten statt und entschied, dass die erteilte Abmahnung aus der Personalakte entfernt werden muss. Die Anforderung der privaten Handynummer verstoße sowohl gegen das grundrechtlich geschützte Persönlichkeitsrecht als auch gegen das hiesige Landesdatenschutzgesetz. Eine Rechtfertigung durch die Interessen des Arbeitgebers liege nicht vor, so dass der erhebliche Eingriff unverhältnismäßig war.
Handynummer als personenbezogene Daten
Bei der privaten Handynummer eines Arbeitnehmers handelt es sich um personenbezogene Daten, deren Erhebung entweder die Zustimmung des Arbeitnehmers oder aber eine Erlaubnisnorm voraussetzt. Da die Zustimmung vorliegend nicht gegeben war, stellte sich für die Erlaubnis der Datenerhebung somit die Frage, ob die private Handynummer für die Erfüllung des Arbeitsverhältnisses unbedingt erforderlich war.
Das Gericht sah im vorliegenden Fall die Erhebung der privaten Handynummer jedoch gerade nicht als unbedingt erforderlich an, da es auch andere Möglichkeiten für den Arbeitgeber gegeben habe, in Notfällen zu agieren und die Angestellte zu erreichen. Im vorliegenden Fall war dem Arbeitgeber unter anderem die Festnetznummer sowie die Wohnanschrift der Angestellten bekannt, zudem lagen auch die Telefonnummern weiterer Arbeitnehmer der besagten Abteilung vor.
In Betracht kommen hierbei zudem auch grundsätzlich andere Möglichkeiten des Arbeitgebers mit seinen Arbeitnehmern in Kontakt zu treten, sei es mittels einer geschäftlichen E-Mailadresse, eines Diensttelefons oder ggf. auch über die Einrichtung einer betrieblichen Rufumleitung. Das einzig die private Handynummer für die Interessen des Arbeitgebers Erfolg verspricht, konnte somit auch im vorliegenden Fall nicht dargelegt werden.
Schwerwiegender Eingriff in das Persönlichkeitsrecht
Das LAG verwies in seinem Urteil zudem darauf, dass neben den Bedenken des Datenschutzes auch ein äußerst schwerwiegender Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer vorliege.
Auf die tatsächliche Wahrscheinlichkeit einer Kontaktaufnahme in Notfällen komme es dabei aus Sicht des Gerichts nicht an, sondern vielmehr auf die Möglichkeit einer jederzeitigen Kontaktaufnahme durch den Arbeitgeber. Sobald die private Handynummer einmal erfasst sei drohe dem Arbeitnehmer stets die Gefahr, dass dieser durch den Arbeitgeber jederzeit kontaktiert werden kann. Der Arbeitnehmer könne sich in der Folge einer ständigen Erreichbarkeit durch den Arbeitgeber nicht mehr entziehen, sei somit der Kontrolle des Arbeitgebers unterworfen und könne nicht mehr gänzlich zur Ruhe kommen.
Im vorliegenden Fall sollte die Kontaktmöglichkeit zudem vor allem in der Freizeit der Angestellten ermöglicht werden um diese in potentiellen Notfällen zu erreichen. Da die Freizeit jedoch grade nicht den fremden Bedürfnissen des Arbeitgebers unterliegt ist diese besonders zu schützen.
Ist die Anforderung der Handynummer gänzlich ausgeschlossen?
Gänzlich ausgeschlossen ist die Erhebung der Handynummer folglich jedoch nicht. Die Erhebung der privaten Handynummer gegen den Willen des Arbeitnehmers kann jedoch nur dann ausnahmsweise zulässig sein, wenn der Arbeitgeber im konkreten Einzelfall ohne ihre Kenntnis oder Nutzung eine legitime Aufgabe nicht, nicht vollständig oder nicht in rechtmäßiger Weise erfüllen kann.
Die Frage ist demnach also, ob die Anforderung der private Handynummer, trotz des schwerwiegenden Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht, für die Erfüllung des Arbeitsverhältnisses so wesentlich wichtig ist, dass die Arbeitstätigkeit ohne sie nicht erfüllt werden kann. Dies wird jeweils für den jeweiligen Einzelfall zu entscheiden sein – in der Regel wird es jedoch genug andere, mildere Möglichkeiten geben, die jeweilige Arbeitsaufgabe zu erfüllen. Lediglich in absoluten Notlagen, in denen es auf die mobile Erreichbarkeit ankommt, könnte daher eine verpflichtende Herausgabe der privaten Handynummer in Betracht kommen.
Fazit
Die einseitige Anordnung des Arbeitgebers, dass der Arbeitnehmer seine private Handynummer mitzuteilen hat, wird in der Regel also unwirksam sein. Durch den hierdurch entstehenden Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers wird dieser unverhältnismäßig belastet. Lediglich in absoluten Notlagen, in denen die private Handynummer essentiell für die Erfüllung der Arbeitsaufgaben ist, könnte eine entsprechende Herausgabe in Betracht kommen. Entsprechende Fälle dürften hingegen durchaus selten auftreten.
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Robert Apitzsch
Rechtsanwalt für Arbeitsrecht
Martin-Luther-Ring 13
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