Nach EuGH-Urteil – Neue Chancen für Widerruf von Kreditverträgen

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Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat sich mit einem aufsehenerregenden Urteil vom 26.03.2020 (Az. C-66/19 „JC ./. Kreissparkasse Saarlouis“) zur Thematik „Widerruf von Darlehensverträgen“ gegen die bisherige (bankenfreundliche) Rechtsprechung des BGH gestellt.

Der EuGH war dabei aufgrund eines Vorabentscheidungsersuchens des LG Saarbrücken tätig geworden. Dieses hatte Zweifel an der Vereinbarkeit des vom Gesetzgeber zur Verfügung gestellten, seit 11.06.2010 gültigen amtlichen Musters einer Widerrufsbelehrung mit der Europäischen Verbraucher-Richtlinie geäußert.

Dem Fall lag ein im Jahre 2012 geschlossener Immobiliendarlehensvertrag zugrunde. Diesen hatte der Kunde im Jahr 2016 widerrufen, was die betroffene Sparkasse aber ablehnt. Nach der verwendeten Widerrufsbelehrung sollte die 14-tägige Widerrufsfrist dann beginnen, „sobald der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 des BGB erhalten habe“. Diese Pflichtangaben wurden im Vertrag aber nicht selbst aufgeführt, § 492 Abs. 2 BTGB verweist vielmehr auf weitere Paragrafen in anderen Rechtsvorschriften, etwa das Einführungsgesetz zum BGB.

Der EuGH vertritt in seiner Entscheidung die Auffassung, dass dieser sog. „Kaskadenverweis“ unzulässig ist und damit zu einer Unwirksamkeit der Widerrufsbelehrung führt. Denn „der Verbraucher könne weder den Umfang seiner vertraglichen Verpflichtung bestimmen, noch überprüfen, ob der von ihm abgeschlossene Vertrag alle erforderlichen Angaben enthält“. Dies widerspreche der europäischen Richtlinie für Verbraucherkreditverträge. Denn diese verlange es, den Verbraucher „in klarer und prägnanter Form über die Vertragsmodalitäten zu informieren“.

Nach Meinung des EuGH ist eine solche Widerrufsbelehrung nicht geeignet, die Widerrufsfrist in Gang zu setzen. Daher kann ein Verbraucher den Widerruf noch lange Zeit nach der ursprünglich beabsichtigten Frist erklären.

Mit seiner Entscheidung setzt sich der EuGH in Widerspruch zur Rechtsprechung des BGH. Dieser hatte noch im Jahr 2016 die jetzt beanstandete Formulierung für rechtlich unbedenklich erachtet.

Das Urteil des EuGH hat weitreichende Konsequenzen, da sich die beanstandete Klausel in nahezu allen Widerrufsbelehrungen von Verbraucherkreditverträgen findet, die von Juni 2010 bis März 2016 geschlossen wurden.

Als seit Jahren auf das Bank- und Kapitalanlagerecht spezialisierte Kanzlei empfehlen wir betroffenen Verbrauchern ihre Darlehensverträge vor Erklärung des Widerrufs fachkundig prüfen zu lassen. Ob der BGH seiner Rechtsprechung aufgrund des EuGH-Urteils revidieren wird ist fraglich. Die Entscheidung des EuGH steigert aber die Chancen auf eine außergerichtliche Einigung mit den Kreditinstituten erheblich.

Für eine kostenfreie Prüfung steht Ihnen die KKWV-Anwaltskanzlei als kompetenter Partner gerne zur Verfügung. Sie erreichen uns telefonisch, besser noch per E-Mail.

Kurzprofil:

KKWV-Kanzlei für Kapitalanlagerecht, Wirtschaftsrecht und Verbraucherrecht ist seit vielen Jahren auf dem Gebiet des Anlegerschutzes tätig und verfügt über langjährige Erfahrung im Bank- und Kapitalmarktrecht. Wir vertreten bundesweit vorwiegend die Interessen von geschädigten Kapitalanlegern. Die Haftung von Banken, Initiatoren und Vermittlern bei allen Anlageformen des sog. „Grauen Kapitalmarkts“, insbesondere auch bei geschlossenen Fonds, sowie die Betreuung von Anlegern im Insolvenzverfahren bilden dabei den Schwerpunkt unserer Tätigkeit


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