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Nachehelicher Unterhalt 10 Jahre nach der Scheidung?

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Auch nach Ehen, die kinderlos geblieben sind, können noch Unterhaltszahlungen fällig werden, und zwar von Ex-Partner zu Ex-Partner. Jedoch wie lange? Viele Leser fragen sich, ob sie 10 Jahre nach der Scheidung immer noch Unterhalt zahlen müssen bzw. bekommen dürfen. Vorab: Eine pauschale Antwort darauf gibt es nicht. Sie finden in diesem Artikel Beispiele aus der Rechtssprechung, die sich zum Beispiel an der Ehedauer und der Aufgabenteilung der Ex-Partner während der Ehe orientieren. Für eine verlässliche Beurteilung muss die gesamte Situation der Partner während der Ehe und bis jetzt betrachtet werden. 

Klingt aufwändig und so, wie bei scheinbar allen anderen auch, die dafür viel Geld nehmen und sich in Konjunktiven verlieren ("müsste, sollte, könnte..."), ohne greifbares Ergebnis? 


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Welche Anhaltspunkte gibt es dafür, ob noch nachehelicher Unterhalt gezahlt werden muss?

Ob Sie weiterhin nachehelichen Unterhalt zahlen müssen, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Hier sind einige wichtige Punkte, die Ihre Situation beeinflussen könnten:

  1. Dauer des Unterhalts:   Nach § 1569 BGB gilt das Prinzip der Eigenverantwortung. Der geschiedene Ehepartner soll grundsätzlich nach der Scheidung für seinen eigenen Unterhalt sorgen. Allerdings gibt es bestimmte Gründe, warum nachehelicher Unterhalt gewährt werden kann. Es gibt keine starre gesetzliche Grenze für die Dauer der Unterhaltszahlung, sondern es hängt von den individuellen Umständen ab.
  2. Befristung oder Begrenzung des Unterhalts:   Gerichte legen zunehmend Wert darauf, den Unterhalt zu befristen oder in der Höhe zu begrenzen, wenn der Ex-Partner in der Lage ist, nach einer Übergangszeit seinen Lebensunterhalt selbst zu bestreiten. Die Höhe und Dauer können in Ihrem Scheidungsvergleich oder -urteil festgelegt sein.
  3. Veränderung der Verhältnisse:   Wenn sich die Lebensumstände Ihres Ex-Partners wesentlich verändert haben (z.B. durch eine neue Arbeitsstelle, Rentenansprüche oder Wiederverheiratung), kann das ein Grund sein, die Unterhaltszahlungen zu überprüfen und eventuell zu reduzieren oder zu beenden. 
  4. Wiederverheiratung des Ex-Partners:   Falls der bezugsberechtigte Ex-Partner wieder geheiratet hat, erlischt die Verpflichtung zum nachehelichen Unterhalt in der Regel gemäß § 1586 BGB.
  5. Verjährung oder Verwirkung des Anspruchs:   In bestimmten Fällen kann ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt auch verwirkt werden, etwa wenn sich der Unterhaltsberechtigte nicht redlich verhält oder es zu einer signifikanten Änderung der finanziellen Verhältnisse kommt.

Gibt es ehebedingte Nachteile oder nicht?

Der Anspruch auf nachehelichen Unterhalt ist dann gerechtfertigt, wenn aus der Ehe bestimmte Nachteile hervorgegangen sind. Solche Nachteile können beispielsweise resultieren aus:

  • der Betreuung und Erziehung eines gemeinsamen Kindes,
  • einer gemeinsamen Entscheidung, die Aufgaben im Haushalt und die Erwerbsarbeit innerhalb der Ehe aufzuteilen,
  • sowie der Länge der Ehe.

Wenn solche ehebedingten Nachteile vorliegen, ist eine zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs zunächst nicht vorgesehen. Das bedeutet jedoch nicht, dass der Unterhalt automatisch auf Lebenszeit gezahlt werden muss.

Wenn keine ehebedingten Nachteile erkennbar sind, wird der nacheheliche Unterhalt nicht zwangsläufig zeitlich begrenzt. In einem solchen Fall spielt die Ehedauer eine entscheidende Rolle. Je länger die Ehe bestand, desto größer ist die Bedeutung der nachehelichen Solidarität, die auch nach der Scheidung weiter fortwirken kann. Diese Solidarität kann unter anderem aus der während der Ehe gelebten Rollenverteilung resultieren, durch die eine wirtschaftliche Abhängigkeit zwischen den Ehepartnern entstanden ist. Dabei sind stets die spezifischen Gegebenheiten des Einzelfalls zu berücksichtigen.

Welche relevanten Urteile zur Dauer des nachehelichen Unterhalts in Bezug zur Ehedauer gab es schon?

Das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz traf eine praxisnahe und gut nachvollziehbare Entscheidung zur Dauer des nachehelichen Unterhalts:

  • Bei einer Ehedauer von bis zu 10 Jahren wird der Unterhalt für ein Drittel der Ehezeit gewährt.
  • Bei einer Ehe zwischen 10 und 20 Jahren wird der Unterhalt für ein Viertel der Ehezeit festgelegt.
  • Bei einer Ehedauer von mehr als 20 Jahren beträgt die Unterhaltsdauer mindestens ein Fünftel der Ehezeit.

Diese Entscheidung des OLG Koblenz dient zwar als Orientierung, ist jedoch nicht bindend, da jedes Oberlandesgericht eigenständig entscheidet, wie die nachfolgenden Urteile zeigen:

  1. Das OLG Bremen (FamRZ 2009, 347) entschied, dass eine sofortige Begrenzung des Unterhalts nach der Scheidung unzulässig sei. Eine Entscheidung über eine Befristung oder Reduzierung des Unterhalts könne erst getroffen werden, wenn das Einkommen des unterhaltsberechtigten Partners dauerhaft gesichert ist (OLG Koblenz, FamRZ 2009, 524).
  2. Das OLG Karlsruhe (FamRZ 2011, 818) stellte klar, dass bei erheblichen beruflichen Nachteilen durch Kinderbetreuung und Haushaltsführung eine Befristung des nachehelichen Unterhalts nicht in Betracht komme.
  3. Im Fall einer 27-jährigen Ehe entschied das OLG Nürnberg (FamRZ 2009, 345), dass weder eine Befristung noch eine Kürzung des Unterhalts bei einer 54-jährigen Frau möglich sei, da sich ehebedingte Nachteile verfestigt hätten.
  4. Das OLG Köln (FF 2021, 326) entschied bei einer fast 24 Jahre dauernden Ehe und der Betreuung dreier Kinder, den Unterhalt auf sieben Jahre zu befristen. Der Anspruch wurde in zwei Stufen reduziert, da die Ehefrau nach der Scheidung wieder vollzeitbeschäftigt war und keine ehebedingten Nachteile erkennbar waren.
  5. Fehlen solche ehebedingten Nachteile, wie im Fall einer kurzen Ehe von nur zwei Jahren und acht Monaten, kann der nacheheliche Unterhalt ganz ausgeschlossen werden (OLG Hamm, FamRZ 2009, 50).
  6. Bei einer Ehezeit von über 33 Jahren und erheblichen Veränderungen der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse kann eine unbefristete Unterhaltsvereinbarung geändert werden, jedoch nur in Ausnahmefällen. 
  7. Das OLG Zweibrücken (Az. 3 UF 112/13) reduzierte den Unterhalt nach zehn Jahren Scheidung und 15 Jahren seit dem Scheidungsantrag von 138 € auf 100 €, da die Sicherung des angemessenen Lebensunterhalts beider Parteien gewährleistet blieb.

Fazit: Dauer des nachehelichen Unterhalts 1/xtel der Ehedauer?

Wenn es mal so einfach wäre. Dann könnte man sich schon die Tage im Kalender anstreichen, an denen der Unterhalt noch läuft und wann er endet. Wenn es darum geht, wie lange nach einer Scheidung Unterhalt gezahlt werden muss, zeigt die Rechtsprechung ein sehr differenziertes Bild. Allgemeingültige Aussagen sind nicht möglich, da die Entscheidung stets von den spezifischen Gegebenheiten des jeweiligen Falls abhängt.

Richten Sie gerne auch über das Kontaktformular eine Anfrage dazu, und wir bemühen uns um ein erstes Feedback, ob Sie aktiv werden sollten in Ihrem Fall. Wir freuen uns auf Ihre Nachricht!

Foto(s): iurFRIEND

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